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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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anderes, etwas so Überraschendes, dass ich es zuerst nicht glauben konnte. Sie waren aneinander gefesselt mit einer
     Art Seil. Nein, kein Seil. Etwas viel Schwereres, viel Grausameres.
    Ketten.
    Ja, es gab keinen Zweifel. Jemand oder irgendeine Gewalt hatte die Moorghule gefesselt. Ihnen die Freiheit geraubt – und vielleicht
     den Willen. Sosehr sie den drei Eindringlingen zürnten, die sich in ihr Land gewagt hatten, noch mehr zürnten sie einem verborgenen
     Unterdrücker.
    Hallia zuckte zusammen und reckte den Hals. »Riechst du das?«
    Tatsächlich, ich roch es auch. Rosenblüten! Wieder dieser ausgeprägte Duft, so ganz anders als die Schwefeldünste oder die
     faulige Luft des Sumpfes. Er war zwar schwach, rief aber sofort die Erinnerung an frische, verführerische Frühlingsrosen wach.
     Und . . . an etwas anderes, vielleicht einen Traum, fern und fast vergessen.
    Da teilte sich die Front der schattenhaften Krieger. Durch die Lücke schritt eine Frau, groß und stolz. Sie trug ein schimmerndes
     weißes Gewand, vom Schlamm unberührt, und um die Schultern einen Schal aus silbrigem Gewebe. Das Haar, schwarz wie mein eigenes,
     fiel ihr bis zu den Ellbogen. Als sie uns sah, lächelte sie grimmig. Ihre Augen wirkten so lichtlos wie die dunkle Pfeilspur.
    Einen Moment lang glaubte ich diese Frau zu kennen. Ihr Gang, ihre spöttisch geschürzten Lippen, ihr Haar – alles erinnerte
     mich an ein Mädchen, das ich in einem anderenTeil Fincayras kennen gelernt hatte. Ein Mädchen, das mich verraten hatte. Sie hieß Vivian . . . oder, wie sie lieber genannt
     wurde, Nimue. Ich verdrängte diese Gedanken. Wie konnte ein Mädchen meines Alters, das erst vor zwei Jahren versucht hatte
     meinen Stock zu stehlen, plötzlich zu einer Frau geworden sein? Doch die Ähnlichkeit war stark. Sehr stark. Ich erkannte sie
     beinahe, genau wie ich beinahe den Duft der Rosenblüten erkannte.
    Ich schrak zusammen. Denn die Frau zog etwas hinter ihrem Rücken hervor, das ich ohne jeden Zweifel erkannte. Mein Schwert!
     Seine Klinge fing das Licht des Flammenkreises auf und blitzte hell. Fast war es, als würde sie mir zurufen, mich bitten sie
     zurückzuholen.
    Ector straffte sich. Dann sagte er ein einziges Wort – einen Namen, der das Blut in meinen Adern erstarren ließ. »Nimue.«
    »In der Tat, kleiner Diener«, antwortete sie mit einer Stimme, die nur wenig heiserer klang als die Stimme des Mädchens, das
     ich einst gekannt hatte. Sie schwenkte das Schwert zu Hallia und mir. »Möchtest du mich nicht mit deinen Freunden bekannt
     machen? Hmmm? Oder kannst du sie unter all diesen Schlammschichten nicht erkennen?«
    Hallia trat vor, ihre Empörung siegte über ihre Angst. »Ich bin Hallia von den Mellwyn-bri-Meath – einem Volk, das vor langer
     Zeit gelernt hat, dass schöne Kleidung ein vergiftetes Herz nicht verbergen kann.«
    Die Frau kniff die Augen zusammen. »Ein Volk, das vor langer Zeit gelernt hat vor Schwierigkeiten wegzulaufen statt sie zu
     bewältigen.« Ohne Hallias Antwort abzuwarten wandte sie sich an mich. »Und du, junger Zauberer. Wer magst du sein?«
    Obwohl mein geschwächter Körper zitterte, hielt ich mich so aufrecht wie möglich. »Wir haben uns schon kennen gelernt.«
    »Ach ja. Das stimmt.« Sie musterte meinen Stock. »Es ist lange her, hmmm?«
    Ich sagte nichts.
    »Zu schade.« Missbilligend schnalzte sie mit der Zunge. »Weißt du, ich glaube, früher hast du mir besser gefallen. In deiner
     jüngeren Gestalt.« Sie warf Hallia einen wissenden Blick zu. »Ist er in Liebesdingen jetzt geschickter? Damals war er schrecklich
     unbeholfen, das kannst du mir glauben.«
    Hallias Augen blitzten wütend.
    »Mein Schwert«, sagte ich. »Du hast mein Schwert.«
    Lässig drehte Nimue den silbernen Griff in der Hand und beobachtete, wie er funkelte. »Ach ja, das stimmt.«
    »Ich will es zurückhaben.«
    »Wirklich?« Sie musterte die Reihen der Moorghule mit den gezückten Pfeilen. »Du hast doch nicht vor mit mir zu kämpfen, oder?
     Das wäre leichtsinnig, sehr leichtsinnig. Diese Schützen sind keine fronterprobten Kämpfer wie die Kriegergoblins. Aber ich
     habe ihnen beigebracht meine eigenen dunklen Pfeile abzuschießen – und gut zu zielen.«
    Ich sah sie zornig an. »Du bist nicht nur älter geworden. Du bist auch grausamer.«
    Sie stieß meine Klinge in die Luft. »Die Segnungen des Älterwerdens! Das Gleiche wird dir widerfahren, junger Zauberer. Ach
     ja.« Sie stieß ein langes, leises

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