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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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eine Person schwer zu überstehen. Zwei könnten es vielleicht auch schaffen, obwohl die Aussichten gering
     sind.« Er atmete aus mit einem Laut, der halb Knurren, halb Seufzer war. »Aber für drei ist es unmöglich. Ihr würdet alle
     sterben, so sicher, wie ihr von einem Abgrund ohne Boden verschluckt würdet.«
    »Aber mein Meister wird uns helfen«, widersprach Ector.
    »Er wird es versuchen«, pfiff der Kater und starrte den Jungen augenlos an. »Er wird euch in eine eigene Schutzhülle wickeln,
     wie er es mit dir getan hat, als du hierher kamst. Deshalb können zwei vielleicht überleben. Zwei – aber niemals drei.« Wieder
     streckte er die Beine. »Mir ist es natürlich gleichgültig. Es ist euer Schicksal, nicht meins.«
    Langsam wandte sich Hallia mir zu. »Er sagt die Wahrheit. Ich spüre es.«
    Sosehr meine Beine auch zitterten, meine Stimme war noch unsicherer. »Ich auch. Aber wer . . . soll zurückbleiben?«
    »Nicht du«, antwortete sie, obwohl ich in ihren Augen den Zweifel las. »Und nicht Ector, dessen Meister hoffentlich eine Möglichkeit
     findet, dich zu heilen.« Sie packte meinen Arm fester. »Ich werde hier auf dich warten, egal was passiert.«
    Der Kater schnurrte leise, während er die Krallen ins Moos schlug.
    Obwohl sich meine Arme so schwer wie Baumstämmeanfühlten, umarmte ich Hallia. »Ich komme zurück. Ich verspreche es.«
    »Erinnerst du dich, wie ich . . .«, sie war verlegen, »dir etwas sagen wollte? Damals auf der Wiese?« Sie schmiegte sich an
     mich und verwuschelte mir die Haare. »Nun, ich möchte es dir jetzt sagen, mehr als je zuvor. Aber es würde nicht – es kann
     nicht . . . nicht hier, nicht so.«
    Ich konnte nur bedrückt den Kopf schütteln. Schließlich wandte sie sich ab. Ohne sie als Stütze fiel ich fast, doch Ector
     trat rasch neben mich und stellte sich so, dass ich mich an ihn lehnen konnte. Mit einem tiefen Atemzug straffte er die Schultern
     und schaute in die Nebel, die im Spiegel wogten.
    »Ich komme, Meister! Komme mit einem Freund. Ich bitte dich inständig, bring uns beide nach Hause.«
    Die schimmernde Oberfläche bebte plötzlich und spaltete sich. Aus dem Riss kam ein langer, sich windender Nebelfühler und
     griff nach dem Jungen. Der Nebel strich ihm übers Kinn, kringelte sich um sein Ohr und zog sich zurück. Plötzlich glättete
     sich die Oberfläche und wurde völlig flach. Unser Spiegelbild, deutlicher als zuvor, aber tiefer umschattet, stand uns gegenüber.
     Zugleich drang aus der Tiefe ein fernes Geläut, das von irgendwo weit jenseits der Oberfläche erklang. Mein Schwert fing den
     Ton auf und gab ihn schwach zurück.
    »Natürlich ist es mir ganz egal«, sagte der Kater und leckte eine Pfote, »aber es könnte klug sein, sich an den Händen zu
     halten.« Er hielt inne und blitzte mich aus einem unsichtbaren Auge an. »Und nie,
nie
loszulassen. Es sei denn, es macht euch nichts aus, für immer verloren zu sein.«
    Während der Kater sich weiter putzte, fasste ich Ector an der Hand. Ich drehte mich um und schaute zu Hallia zurück. In meiner
     Brust war ein neuer, tieferer Schmerz. Dann, einem unhörbaren Befehl gehorchend, schritten wir beide in den Spiegel.

XXI
STIMMEN
    W ir verschmolzen mit unserem Spiegelbild, als wir in den Spiegel traten. Etwas zersplitterte – und eine mächtige Kraft zog
     uns voran und stürzte uns in Finsternis. Die Luft verdichtete, verhärtete sich, während es plötzlich kalt wurde, als wären
     wir unter einem Schneeberg begraben.
    Ich spürte, wie Ector meine Hand drückte. Aber ich konnte mich nicht umdrehen und ihn anschauen, weil mein Körper steif geworden
     war, zusammengepresst von der schweren Dunkelheit, die uns beide umgab. Ich versuchte mich zu befreien, die Arme zu heben
     – ohne Erfolg. Das Atmen, sogar das Denken wurde immer schwieriger.
    Dann löste sich der Griff des Spiegels wie durch ein Wunder. Ich konnte die Schulter drehen, den Kopf bewegen, erneut die
     Lungen füllen. Die Luft erwärmte sich und verdunstete rasch zu Nebel, dünn und doch stark genug, um unser Gewicht zu tragen.
     Zugleich wurde alles heller. Ich schaute zu Ector hinüber, der meinen Blick erwiderte, sein Gesicht war besorgt.
    Wir standen auf nebligem Boden, der sich endlos in alle Richtungen erstreckte. Nebelschwaden wehten rasch auf uns zu, dann
     zogen sie sich plötzlich zurück. Säulen und Spiralen schossen aus den Wolken herauf wie Riesenbäume, bevor sie ins Nichts
     verschwanden. Formen –

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