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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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entdecken. Versteckte ich mich jedoch zu gut, verlor ich vielleicht
     wertvolle Zeit. Bleib im Offenen, riet ich mir schließlich. Und sei wachsam.
    Bald wurde der Rauchgestank stärker. Meine Augen fingen an zu tränen. Ich kam in einen Teil der Ebene, der mehr einer verlassenen
     Feuerstelle glich als einem Feld. Mein Stock streifte nicht mehr durch hohes Gras, sondern knirschte gegen brüchige Halme
     und verbrannte Erde. Versengte Zweige griffen in die rauchige Luft. Die vereinzelten Steinblöcke glichen Holzkohleklumpen.
     Und immerzu der Gestank!
    Mit meinem zweiten Gesicht suchte ich häufig den dunkelnden Himmel nach einer Spur des Drachen ab. Bei Valdeargs Größe würde
     ich ihn schon aus der Ferne entdecken, doch ich nahm an, dass er auch sehr schnell war. Beängstigend schnell. Und während
     ich nach ihm Ausschauhielt, achtete ich zugleich auf den schattigen Boden zu meinen Füßen, denn ich wollte nicht in einen der klug getarnten Zwergentunnel
     stolpern. Jede Vertiefung, auch die geringste, jeden ungewöhnlichen Schatten, auch den kleinsten – ich untersuchte sie alle
     sorgfältig.
    Da bellte eine raue Stimme ein Kommando. Der Rufer musste links von mir hinter einem dornigen Stechginstergebüsch sein. Vorsichtig
     kroch ich näher.
    Ich duckte mich hinter die verkohlten Sträucher und sah zwei Zwerge; ihre Lederleggings und ihre roten Bärte fingen die letzten
     Lichtstrahlen auf. Obwohl sie mir nicht viel höher als bis zur Taille reichten, verrieten ihre breiten Brustkästen und stämmigen
     Arme bedrohliche Stärke. Sie waren schwer bewaffnet, jeder von ihnen trug eine zweischneidige Axt, einen langen Dolch und
     einen Köcher mit Pfeilen. Sie hatten gerade die Bogen gezückt und legten eilig die Pfeile auf die Sehnen.
    Ich drehte mich um und sah zwei Hirsche, einen männlichen und einen weiblichen, die am Ende einer tiefen Rinne zwischen geschwärzten
     Felsbrocken kauerten. Zweifellos hatten die Zwerge sie in diese Falle getrieben und gehofft einen oder beide zu erlegen, bevor
     die Tiere fliehen konnten. Das Damtier spannte die mächtigen Schenkel an und versuchte die Rinnenwand hinaufzuspringen, rutschte
     aber zwischen fallenden Steinen und einer Aschenwolke ab. Der Hirsch senkte das massige Geweih und machte sich bereit die
     Jäger anzugreifen. Die Enden seiner Schaufeln schimmerten gefährlich, doch ich wusste, dass sie gegen schnelle Pfeile nichts
     ausrichten konnten.
    Mir krampfte sich der Magen zusammen, als ich sah, in welcher Gefahr die Hirsche waren. Ich aß nie Wild – seitdem Tag vor langer Zeit, an dem Dagda mich in Gestalt eines Hirsches vor dem sicheren Tod gerettet hatte. Doch nie hatte ich
     mich eingemischt, wenn andere mit Appetit Hirschfleisch verzehrten. Trotzdem   … ich hatte nie zuvor die Hinrichtung eines der anmutigen Geschöpfe erlebt.
    In dem Augenblick, in dem die Pfeile auf den Bogen lagen, drehte sich das Damtier plötzlich in meine Richtung. Ob es mich
     durch die Dornen sah oder nicht, war mir nicht klar. Doch der Anblick der großen, klugen braunen Augen – vor Angst geweitet
     – traf mich tief.
    »Halt!«, rief ich und sprang in die Luft.
    Überrascht fuhren die Zwerge zusammen. Ihre Pfeile flogen weit und prallten an den splitterbedeckten Wänden der Rinne ab.
     Im gleichen Moment stürmten Damtier und Hirsch los, bevor die Zwerge wieder nach ihren Köchern greifen konnten. Mit einem
     einzigen großartigen Sprung, die Vorderbeine eng an die Brust gelegt, segelten die Hirsche über die Köpfe ihrer Angreifer
     und liefen davon.
    »Was bist du denn für ein Idiot?«, fragte einer der Zwerge und richtete seinen gespannten Bogen direkt auf meine Brust.
    »Ich komme in Frieden.« Ich trat aus dem Dornengestrüpp und hob meinen Stock in die rauchige Luft. »Ich bin Merlin, von Urnalda
     selbst zu euch gerufen.«
    »Pah!« Der Zwerg sah mich böse an. »Hat sie dir auch befohlen uns die Jagd zu verderben?«
    Ich zögerte. »Nein. Aber ich konnte nicht anders.«
    »
Was
konntest du nicht?« Der andere Zwerg stampfte zornig auf, warf seinen Bogen auf den Boden und zog seine Axt. »Du elender,
     langbeiniger Dummkopf! Ich finde,wir sollten Menschenfleisch statt Wildbret nach Hause bringen.«
    »Eine gute Idee«, rief der Erste. »In diesen Tagen ist Fleisch jeder Art schwer zu kriegen. Du wirst zwar nicht halb so gut
     schmecken wie Wildbret – immerhin das erste, auf das wir seit vielen Tagen gestoßen sind   –, aber besser als nichts. Hat Urnalda dir

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