Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
Vom Netzwerk:
ich stehen.
    Ich hätte gern ihre Hand gefasst, doch ich hielt mich zurück. »Es tut mir leid. Wirklich leid.«
    Sie antwortete nicht.
    Minutenlang standen wir steif und stumm da. Bis auf den wirbelnden Nebel um unsere Beine und die tosenden Wasser des endlosen
     Flusses bewegte sich nichts, veränderte sich nichts. Ich empfand wieder die tiefe Stille, die ich in dem lebenden Stein gespürt
     hatte. Und irgendwo tief innen die stille Magie eines Hirschs.
    Aus dem Nichts traf uns ein heftiger Windstoß. Hallias Gewand schlug gegen ihre Beine. Gischt flog vom Fluss herüber und durchnässte
     uns; Nebel riss ihn in Fetzen. Der Wind nahm zu – heulend trieb er uns beide rückwärts. Hallia schrie auf, als ihr Zopf sich
     senkrecht vom Kopf hob. Ich versuchte angestrengt das Gleichgewicht zu halten, aber der Wind warf mich auf den glitschigen
     Schlamm. Ich stürzte zum Fluss hinunter, gleich würde ich im Wasser landen, da –
    Ich landete nicht im Wasser.
    Plötzlich war ich in der Luft, von wilden wirbelnden Winden getragen. Meine Tunika flatterte und blähte sich, manchmal legte
     sie sich über mein Gesicht. Hallias Fuß traf mich, als sie neben mir durch die Luft purzelte, aber als ich sie anrief, drückte
     mir der Wind die Worte in die Kehle zurück. Wir drehten uns wie toll und stiegen höher in die Luft.
    Einmal sah ich mit meinem zweiten Gesicht durch den spiralförmigen Nebel den Grasfleck, wo wir Eremon begraben hatten. Gleich
     flussaufwärts lagen die Reste vonValdeargs Eiern. Dann verschluckten dicke Wolken alles, so wie der Wind uns geschluckt hatte. Die heftigen Luftströmungen
     schrien in meinen Ohren.
    Erbarmungslos durchgeschüttelt und -gedreht, nach allen Seiten herumgeworfen verlor ich jede Orientierung, die ich noch gehabt
     haben mochte. Mein Körper fühlte sich an wie zerdehnt, zerschlagen, umgestülpt. Angegriffen – von allen Seiten zugleich. Meine
     Augen tränten, inmitten der peitschenden Winde konnte ich kaum atmen. Ging es Hallia besser? Wohin uns dieser Wirbelsturm
     auch trug, ich hoffte nur noch, dass wir lebend ankamen. Es dauerte nicht lange, da wurde ich bewusstlos.
    Als ich zu mir kam, lag ich bäuchlings auf einem Boden aus glatten Fliesen. Immer noch drehte sich alles in meinem Kopf, in
     dem ein brüllendes Geräusch pulsierte, so endlos wie Ozeanwellen. Schließlich schaffte ich es, mich auf den Rücken zu rollen
     und trotz des Schwindels aufzusetzen.
    Hallia lag neben mir. Ihr Gesicht war bleich, sie atmete unregelmäßig. Ihr hellbraunes Haar hatte sich aus dem Zopf gelöst
     und war auf den Fliesen ausgebreitet. Ich streckte eine zitternde Hand nach ihr aus, da hielt ich plötzlich inne.
    Dieses brüllende Geräusch   … es war nicht in meinem Kopf, kam nicht von einem Ozean, es waren Stimmen. Hunderte und Aberhunderte Stimmen. Überall um
     uns herum schrien sie.
    Wir beide lagen mitten in einem großen Kreis von Sitzen voll lärmender Leute. Ein Amphitheater! Obwohl ich nie zuvor eins
     gesehen hatte, erinnerte ich mich gut daran,wie meine Mutter in meiner Kindheit in Gwynedd die römischen Amphitheater beschrieben hatte. Sie waren, hatte sie erklärt,
     kolossale Sportarenen – und manchmal Opferstätten.
    Verwirrt schüttelte ich den Nebel von meinem zweiten Gesicht und versuchte alles zu überschauen. Der Fliesenboden erstreckte
     sich weiter als jeder Hof, den ich je gesehen hatte, bis zu den vielen Zuschauerreihen um uns herum. Viele Leute drohten uns
     mit Fäusten, daraus schloss ich, dass ihre Rufe eher Schmähungen als Beifall waren.
    Plötzlich wurde am anderen Ende des Amphitheaters eine riesige Doppeltür aufgerissen. Aus dem Dunkel galoppierte ein mächtiger
     schwarzer Hengst, der einen zweirädrigen Triumphwagen zog. Darin saß ein muskulöser Krieger. Er hob die stämmigen Arme zum
     Publikum, und als es aufmunternd zurückbrüllte, ließ er die Peitsche über der wehenden Mähne des Pferdes knallen und lenkte
     den Wagen direkt auf uns zu.
    Er wird uns zertrampeln!
Der Gedanke schoss mir wie ein Blitz durch den Kopf.
    Ich stand mühsam auf und griff Hallia unter die Arme. Verzweifelt versuchte ich sie auf meinen Rücken zu heben. Dabei hörte
     ich die ganze Zeit über dem Gebrüll der Menge das Stampfen der Pferdehufe auf den Steinen. Näher kam der Wagen, immer näher.
    Schließlich schaffte ich es, zitternd unter dem Gewicht, Hallia vom Boden hochzuheben. Ich schaute mich um und sah die wahnsinnigen
     Augen des Pferdes und das triumphierende

Weitere Kostenlose Bücher