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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Steinen das Gleichgewicht halten konnte.
    Trotz der Finsternis konnte ich besser sehen, als ich erwartet hatte. Ich nahm die Kanten der Felsvorsprünge wahr und die
     schwachen Schatten dort, wo vielleicht Höhlen waren. Dennoch war ich für die häufigen Blitze dankbar, während wir langsam
     bergan stiegen. Jähe Windstöße bliesen mich fast um. Mehrmals brachen Steine unter meinen Hufen plötzlich los und rutschten
     in die Tiefe. Nur die schnelle Reaktion und die kräftigen Beine meiner Hirschgestalt bewahrten mich vor Stürzen.
    Die ganze Zeit wurde ich das Gefühl nicht los, dass wir an diesem sturmgepeitschten Abhang nicht allein waren.Jemand, davon war ich überzeugt, beobachtete uns, vielleicht aus diesen Höhlen heraus.
    Hallia, die direkt über mir kletterte, sprang von einer langen, schmalen Steinplatte auf ein flaches Felsgesims. Unerwartet
     brach die Platte ab. Sie schlug gegen den felsigen Hang und rutschte direkt auf meine Hinterbeine zu. Mir blieb keine Zeit
     für etwas anderes als einen Sprung. Die Platte streifte mich noch, aber ich landete neben Hallia auf festerem Boden.
    Sie stieß mich mit der schwarzen Nase an die Schulter. »Du wirst jede Minute mehr Hirsch.«
    Ich fühlte mich, als wäre mir ein neuer Spross an meinem Geweih gewachsen. »Ich habe dich beobachtet, das ist alles.«
    Wieder grollten Donnerschläge um die Klippen.
    Hallia machte sich steif und stellte die Ohren. »Sie sind hier. Ganz nahe. Spürst du sie?« Bevor ich noch nicken konnte, sprang
     sie davon, ihre Hufe klapperten auf den Steinen.
    In immer steilerem Gelände kletterten wir höher. Der Wind blies kälter, er scheuerte an unserem Fell, während der Regen in
     stechende Graupel überging. Bald tauchte Eis unter Gesimsen und an Spalten auf und machte jeden Schritt unsicher. Langsam
     kämpften wir uns hinauf – ein Huf nach dem anderen, ein Stein nach dem anderen.
    Hallia wandte sich nach rechts und folgte einem kaum sichtbaren Pfad. Ich spürte ihn mehr, als ich ihn sah, meine Hufe traten
     in schwache Vertiefungen, die viele Hufe zuvor geprägt hatten. Inzwischen war die Temperatur noch weiter gefallen. Sogar während
     wir uns bergauf arbeitetenund vor Anstrengung schwitzten, ließ uns die frostige Luft schaudern.
    Wir erreichten gerade einen hohen Steinhaufen, schief wie ein sterbender Baum, da klatschten die ersten Hagelkörner auf den
     Hang. Und auf unsere Rücken. Innerhalb von Sekunden war die Luft voll von Schloßen, größer als Eicheln. Wie Hunderte von Hämmern
     prasselten die Geschosse auf uns herunter. Ich schrie auf, als eins meine Nasenspitze traf. Hallia drückte sich an mich, während
     wir uns neben den Steinhaufen duckten.
    Plötzlich gab der ganze Haufen nach. Steine stürzten den Hang hinunter und rissen uns fast mit in die Tiefe. Während der Hagel
     auf uns eintrommelte, sprangen wir höher. Der Wind brüllte – und mit ihm noch etwas anderes, das klang wie hohes, kreischendes
     Gelächter.
    Eine Höhle öffnete sich vor uns, dunkel hob sie sich vom weiß überpuderten Hang ab. Instinktiv liefen wir darauf zu – da tauchten
     mehrere Augenpaare auf, glühend wie Fackeln. Noch mehr Gelächter! Wir stoben davon, direkt in den Wind, unsere Hufe rutschten
     auf den eisigen Steinen. Donner hallte und übertönte nur kurz das heisere Gelächter.
    Hagel! Er prügelte uns, biss in unser Fell. Meine Schultern schmerzten von der Kälte; meine Ohren hörten nur dieses grässliche
     Geräusch.
    Direkt vor mir schwankte Hallia plötzlich auf der Kante einer tiefen Spalte, die wie eine Wunde durch den Hang schnitt und
     uns den Aufstieg versperrte. Hallia stand am Rand und schaute aus großen furchtsamen Augen zu mir zurück. Ich verstand sofort,
     dass sie diese Spalte nicht erwartet hatte – und nicht wusste, wo sie hinübersollte.
    Nebeneinander versuchten wir am Rand weiterzukommen. Doch die Spalte wurde immer breiter. Nur wenn Blitze die Nacht erhellten,
     konnten wir die gegenüberliegende Seite erkennen. Dann   … ja! Sie verschwand am Fuß eines steilen Felsvorsprungs. Mit angespannten Muskeln kletterten wir hinauf. Bei jedem eisigen
     Atemzug stießen wir weiße Wolken aus. Endlich erreichten wir den Gipfel – und schauten in dieselbe Spalte hinunter wie zuvor.
    Mühsam gingen wir denselben Weg zurück, wobei wir uns anstrengen mussten an der windgepeitschten Felswand das Gleichgewicht
     zu halten. Winzige Eiszapfen bildeten sich an meinen Wimpern und trübten mir die Sicht. Meine Lungen

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