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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Die Geiß ist jetzt ein Ross.
«
    Ionn schnaubte laut und schlug seinen Schwanz gegen den massigen Schenkel. Der Dichter rieb sich das Kinn und grinste schief.
     »Ich bitte um Verzeihung, alter Freund.«
    Er schlug den Weg über den Platz ein. Ich hob Schüssel, Tuch und Kräuterbeutel meiner Mutter auf und folgte, Rhia ebenfalls.
     Ionn trottete schwerfällig hinterher, seine Hufe schlugen dumpf auf den Lehm.

VIII
OFT STREIF IM DÄMMERLICHT...
    D ie Hütte, die noch vor kurzem die Dorfziegen beherbergt hatte, roch nach Mist und Fell. Kein einziger Strohhalm für ein Nachtlager
     war vorhanden. Und der Herd bestand aus nichts als ein paar verkohlten Flusssteinen, die mitten auf dem Lehmboden im Kreis
     angeordnet waren. Doch nachdem wir mit ein paar Zweigen aus dem Stapel an der Wand Feuer gemacht und den Schmutz vom Boden
     gefegt hatten, wirkte die Hütte ein wenig behaglicher. Aus irgendeinem Grund beobachtete Lleu mich weiterhin aufmerksam; ich
     bemühte mich nicht darauf zu achten. Je größer sein Interesse, umso größer meine Befangenheit.
    Beim Abendessen saßen wir um das prasselnde Feuer und teilten Cairprés karge Vorräte. Sie waren karg, weil er nur für zwei
     Menschen Lebensmittel besorgt hatte, nicht für fünf. (Zum Glück schlief Scullyrumpus in Rhias Tasche, sonst wäre ein gefräßiger
     – und wählerischer – Sechster dazugekommen). Aber niemand schien sehr hungrig zu sein, deshalb reichten ein paar Streifen
     getrocknete Honigwurzel und ein paar Haferplätzchen, die wir mit Bachwasser hinunterspülten.
    Nach einiger Zeit überredete meine Mutter Lleu sich auf den Boden zu legen. Als sie sich zurückziehen wollte, griff er jedoch
     mit angstverzerrtem Gesicht nach ihrem Gewand. Sie nickte, streichelte sanft seine Locken und fing an zu singen, wobei sie
     sich im Takt der Melodie wiegte. Ihrewarme, kräftige Stimme füllte die strohgedeckte Hütte. Ich merkte, dass ich mich genau wie der Junge entspannte, denn als
     ich klein gewesen war, hatte sie mich oft mit diesem Lied in Schlaf gesungen.
    Oft streif im Dämmerlicht
    Ich durch das Land,
    Dort, wo der Nebel steigt
    Über dem Sand.
    Lieg zwischen Saat und Schnitt
    Wachend im Traum,
    Himmel und Erde nah
    Im Zwischenraum.
     
    Zieh du jetzt los, mein Kind,
    Quere die See;
    Tauch in die Tiefe und
    Steig in die Höh.
    Merke, was Segen bringt
    Im Zwischendrin;
    Suche verschlüsselter
    Botschaften Sinn.
     
    Geh du und such den Schatz,
    Den keiner kennt.
    Sammle das rare Kraut,
    Das niemand nennt.
    Geh du und schweif umher,
    So weit du kannst,
    Finde dann alles dort,
    Wo du begannst.
     
    Still jetzt und schlaf, mein Kind.
    Alles wird gut.
    Über dir wache ich,
    Bin auf der Hut.
    Reist du auch lange und
    Reist du auch weit,
    Immer steht hier ein Bett
    Für dich bereit.
    Bis die letzten Töne verklangen, hatte der Junge die Augen geschlossen und sich wie ein Ball zusammengerollt. Rhia betrachtete
     den Schlafenden und tastete nach ihrem Gürtel aus geflochtenen Ranken. »Ich wollte, ich könnte die Kraft des Feuerballs so
     einsetzen, wie sie gemeint ist, und ihm damit helfen.«
    Cairpré zog die Augenbrauen zusammen, die buschig waren wie Wolken. »Ich bezweifle, dass ihm selbst der Feuerball im Moment
     viel nützen würde. Der Junge hat einen großen Schrecken erlebt – schlimmer als irgendjemand, ob jung oder alt, je erleben
     sollte.«
    Ich sagte: »Weiterer Schrecken steht uns bevor, fürchte ich.«
    Der Dichter runzelte die Stirn. »Wieso?«
    Einen Augenblick beobachtete ich Elen, die einen zerlumpten Umhang über den Jungen breitete und sich bemühte ihn ganz zuzudecken.
     Als sie sich wieder zu uns setzte, warf Rhia ein paar Klumpen Ziegenmist in die fauchenden Flammen. Dann beschrieb ich leise
     meine Vision der gestrigen Nacht. Alle lauschten aufmerksam und stellten nur wenige Fragen. Dagdas Hinweis auf den seltensten
     aller Samen schien Cairpré zu verwirren – aber nicht mehr als mich. Am Ende meines Berichts war es, als würden dieWorte
Alles ist in Wahrheit verloren, wenn alles in Wahrheit gewonnen ist
in der verrauchten Hüttenluft schweben.
    Dann wiederholte ich, obwohl mir die Kehle zugeschnürt war, die Geschichte von Stangmars Flucht. Cairpré riss die Augen auf,
     während meine Mutter reglos dasaß und eine Handfläche an die Stirn drückte. Als ich geendet hatte, sagte lange niemand etwas.
     Nur der keuchende Atem des Jungen und das Knistern des Feuers waren zu hören.
    Meine Mutter brach als Erste das Schweigen, ihr

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