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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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kam herüber, sie sah heiter aus. Sie schaute wieder hinaus auf die See, schüttelte den Kopf und flüsterte: »Sie
     sind verschwunden.«
    Ich nickte, ihr nasses Haar wehte mir auf die Stirn. »Aber nicht völlig.«
    Sie seufzte. »Ja, immer werden wir ihre Stimmen hören.« Nach einer langen Pause fügte sie hinzu: »Ich habe die Kinder gezählt.
     Sie sind hier, jedes einzelne.« Sie blinzelte dem Jungen neben mir zu. »Einschließlich deiner.«
    »Und deiner, Mama Elen.« Er hob den Kopf und betrachtete sie prüfend. »Ist es . . . in Ordnung, wenn ich dich so nenne?«
    Sie lächelte zu ihm hinunter. »Ja, Lleu, ganz in Ordnung.«
    Er strahlte, dann bückte er sich nach einer gefleckten braunen Schneckenmuschel. Meine Mutter beobachtete ihn einen Augenblick,
     dann gab sie mir meinen Stock. »Ich habe ihn gefunden oder vielleicht fand er mich. Er hat mich über Wasser gehalten, bis
     die Brücke erschien.«
    Glücklich legte ich die Hand um den Stab. Der Geruch nach nassem Tannenholz wehte über mich, dazu ein anderer Duft, den ich
     nicht recht erkennen konnte. Es war Magie, mächtige Magie, anders als jede, die ich zuvor erlebt hatte. Vielleicht kam er
     von den Meerbewohnern. Oder vielleicht . . . von der Insel selbst.
    Ich drehte mich um und betrachtete die Klippe hinter der Bucht. Sie stieg steil an wie eine Haifischflosse, die aus dem Meer
     ragt. Der schroffe Fels ohne eine Spur von Büschen oder Gräsern zeigte nicht den geringsten Einfluss von Wind oder Wasser,
     als wäre er von einer anderen Felswand abgetrennt worden. Über der Klippe sah ich etwas zurückgesetzt den oberen Rand eines
     kronenförmigen Bergs, den ich von weitem gesichtet hatte. Der Gipfel sah irgendwie seltsam aus – unnatürlich. Doch ich wusste
     nicht genau, warum.
    Nirgendwo Pflanzen oder Grün. Noch nicht einmal eine Spur der goldenen Mistel, von der meine Freundin Gwri vor langer Zeit
     gesprochen hatte.
    Es versetzte mir einen Stich, als ich überlegte, wie es den Kindern hier gehen mochte, nachdem ich sie verlassen hatte. Sie
     waren vor dem Töter sicher, davon war ich überzeugt. Aber wenn es auf der Insel weder frisches Wasser noch Feuerholz gab,
     würden sie nicht lange überleben. Was Lebensmittel anging, konnten sie immer nach Muscheln graben und Tangstängel finden,
     aber das allein würde nicht reichen. Selbst wenn meine Mutter sich entschloss zu bleiben und ihnen eine Zeit lang zu helfen,
     wie ich erwartete, würden sie viel mehr Nahrungsmittel brauchen, als diese Bucht bieten konnte.
    Ich schaute über den schmalen Streifen schwarzen Sand. Die meisten Kinder hatten schon angefangen Spiele und lockende Aufgaben
     für sich zu erfinden. Dank Sonne und Windstille schienen nur wenige zu frieren. Einige, darunter Lleu, errichteten Türme aus
     bunten Muscheln. Ein rothaariges Mädchen hatte eine glitzernde Brücke aus nassem Sand gebaut und tat, als würde sie einen
     orangen Seestern darüber führen.
    Andere Kinder wateten inzwischen im seichten Wasser, bespritzten sich und hüpften herum. Wieder andere steckten die nackten
     Arme in Flutlachen und versuchten die winzigen Fische zu fangen, die da lebten. Eine Gruppe Jungen hatte gerade ein Rennen
     quer über die Bucht ausgetragen, sie keuchten und schlugen einander lärmend auf die Schultern. Einige ältere Mädchen machten,
     von Medba angeführt, Purzelbäume und Kopfstände im Sand, während Cuwenna Hand in Hand mit meiner Mutter ging und häufig stehen
     blieb, um eine Schnecke, Krebsklauen oder eine Meergurke zu betrachten, die von der Flut an die Küste getragen worden waren.
    Ich wandte mich wieder der Klippe über uns zu. Irgendwiemusste ich hinaufkommen. Nur von dort oben aus konnte man beurteilen, ob diese Insel bewohnbar war. Ich ging auf dem Sand
     hin und her und betrachtete die Front aus verschiedenen Winkeln. Sie sah unmöglich steil aus.
    Schließlich bemerkte ich einen gezackten, diagonalen Spalt, der fast bis hinauf führte: ein möglicher Kletterpfad. Vorsichtig
     schlug ich mit meinem Stock auf den Fels. Mehrere Brocken lösten sich – kein gutes Zeichen. Trotzdem musste ich es versuchen.
     Ich steckte den Stock in den Gürtel und rief meiner Mutter zu, dass ich bald zurück sein würde. Sie hütete sich mir abzuraten,
     aber ihren sorgenvollen Blick konnte ich nicht übersehen.
    Ich fing an zu klettern. Der Fels war glatt von Nässe, dadurch ließ sich schwer Halt finden. Dazu zerbröckelte der Stein manchmal
     unerwartet und löste sich unter

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