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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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wandte er sich wieder zu mir und lächelte
     traurig. »Du hast gelernt sowohl das Dunkle wie das Helle in dir zu sehen. Den Drachen wie den Stern. Die Schlange wie die
     Taube.«
    Ich schluckte. »Als du mich begrüßtest, hast du gesagt, ich würde vielleicht die wahre Quelle deiner Kraft erkennen. Nun,
     ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, deineKraft ist stiller, hintergründiger als andere Kräfte. Sie wird von deinem Kopf und deiner Hand geführt, aber sie entspringt
     deinem Herzen. Eigentlich ist deine Kraft die der siebten Strophe. Nicht mit den Augen zu sehen, sondern mit dem Herzen.«
    Er zog kaum merkbar die Augenbrauen hoch.
    »Es gab einmal eine Zeit«, flüsterte ich, »da hätte ich alles gegeben, um wieder mit meinen eigenen Augen sehen zu können.
     Ich wünsche mir immer noch, so zu sehen. Sehr. Aber jetzt weiß ich, dass man auch anders sehen kann.«
    Dagda drückte leicht meine Hand. »Du siehst gut, Merlin.«
    Er ließ meine Hand los, dann betrachtete er mich lange. »Und ich sage dir: So viel Schmerz du auch gekannt hast und noch kennen
     wirst, wundersame Dinge erwarten dich, junger Mann. Wahrhaft wundersame Dinge.«

XXXIV
DAS ELIXIER
    D agdas tiefe Augen richteten sich auf den Baumstamm, der von Taubrillanten funkelte. Er schaute die Säule hinauf zu den knorrigen
     Wurzeln, die mit dem Nebel darüber verschmolzen. Dort verharrte sein Blick einen Moment, als ob er durch den Nebel in die
     Länder dahinter sehen könnte. Schließlich sagte er: »Jetzt zu deiner Freundin, durch Liebe wie durch Blut mit dir verbunden.«
    Er streckte den unverletzten Arm nach Rhia aus, die auf dem dunstigen Boden lag. Sie war so still, die Farbe war aus ihrer
     Haut ebenso gewichen wie aus ihrem Blätteranzug. Mein Magen verkrampfte sich vor Angst, denn ich fürchtete, dass ihr Körper
     so kalt geworden war, dass selbst der größte aller Geister ihn nicht mehr wieder beleben konnte. Hatte Gwri mir nicht erzählt,
     dass Dagda trotz all seiner Macht jemanden, der gestorben war, nicht mehr ins Leben zurückholen konnte?
    Sehr sanft hob er ihre schlaffe Hand und schloss dabei die Augen. Er schien auf etwas weit Entferntes zu hören. Dann befahl
     er mir ohne die Augen zu öffnen: »Du kannst sie loslassen, Merlin.«
    Ich zögerte, plötzlich hatte ich Angst, das könnte ihren sicheren Tod bedeuten. Wenn ihr Geist mich erst einmal verlassen
     hatte, wenn er weggeflogen war, konnte ich nicht mehr hoffen sie wieder lebendig zu sehen. Sosehrich mich danach sehnte, ihr Lachen wieder zu hören, fürchtete ich doch noch mehr sie für immer zu verlieren, wenn ich sie
     losließ.
    »Merlin«, wiederholte Dagda. »Es ist Zeit.«
    Endlich gab ich sie frei. Tief in mir fühlte ich, wie ihr Geist sich leise rührte. Dann strömte er aus mir heraus, zuerst
     wie ein dünnes Rinnsal, dann gewann er an Kraft, bis er wie ein Fluss durch einen Damm brach. In meinen blinden Augen sammelten
     sich Tränen. Ich wusste, dass Rhia und ich uns nie mehr so nah sein würden, ob sie nun in sterblicher Form überlebte oder
     nicht.
    Langsam, ganz langsam atmete ich aus. Nebelschwaden vereinigten sich in der Luft zwischen uns zu einer schimmernden Brücke,
     die meine Brust mit ihrer verband. Die Brücke schwebte schimmernd einen kurzen Augenblick, bevor sie sich auflöste.
    Da bemerkte ich die Wunde an der Seite von Rhias Kopf. Sie begann sich zu schließen, sie heilte von innen. Während sich die
     Haut zusammenzog, verschwanden die Blutflecken, jetzt mehr braun als rot, von ihren lockigen Haaren, ihrem Hals und ihrem
     Anzug aus gewebten Ranken. Farbe stieg in ihre Wangen. Ihr Anzug wurde weicher, als das Leben in jedes Blatt, jeden Stängel
     zurückkehrte.
    Rhias Zeigefinger zitterte. Ihr Hals streckte sich. Schließlich öffnete sie gleichzeitig mit Dagda die Augen. Sie sah hinauf
     in die mit Mistelzweigen behangenen Äste und atmete zögernd ein. Dann wandte sie sich Dagda zu und lächelte, als sie sagte:
     »Du lebst mit einem Baum, genau wie ich!«
    Ihr glockenähnliches Lachen ertönte. Ich stimmte ein und zugleich ließ Dagda ein voll tönendes Lachen hören.Er bebte vor Heiterkeit und auch der große Baum begann auf der nebligen Ebene zu schwanken. Tautropfen fielen herab, funkelnd
     drehten sie sich in der Luft. Selbst Verdruss auf meiner Schulter flötete einen fröhlichen Pfiff. Das ganze Universum schien
     mit uns zu lachen.
    Mit leuchtenden Augen setzte Rhia sich auf und schaute mich an. »Merlin, du hast es

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