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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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wenn ich in die magischen Saiten griff.
    Trotzdem wurden meine Schritte schwer. Immer wenn ich an eine Steinhütte oder ein Gehölz mit Obstbäumen kam, stützte ich mich
     auf meinen Stock und dachte finster an die Begegnung mit T’eilean und Garlatha. Hätte ich nur nie daran gedacht, sie und ihren
     Garten aufzusuchen! Und jedes Mal, wenn ich zu den schattigen Hügeln im Osten schaute, hatte ich das quälende Gefühl, dass
     ich einen Fehler machte, wenn ich meine Arbeit dort nicht beendete. Und doch . . . Ich war einfach nicht bereit zurückzugehen.
     Noch nicht. Mochten sich Rhia und die anderen noch eine Zeit lang ärgern.
    Wütend klimperte ich auf der Harfe. Zu meiner Überraschung verwandelte sich diesmal das dürre Gras unter meinen Stiefeln nicht
     in üppige grüne Halme. Stattdessenschien sich die ganze Wiese leicht zu verdunkeln, als würde eine Wolke die Sonne verdecken. Verwirrt schaute ich zum Himmel.
     Doch ich sah keine Wolken. Ungeduldig zupfte ich wieder die Saiten. Aber das Gras wurde nur steif und dunkel. Stirnrunzelnd
     betrachtete ich das Instrument. Was war los mit ihm?
    Ein warmer Wind blähte meine Tunika. »Du bist zornig, Emrys Merlin.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß nichts«, hauchte Aylah. »Ich fühle es. Und sogar jetzt fühle ich deinen Zorn.«
    Ich ging schneller, ich wollte diese Wiese hinter mir lassen. Die dunklen Grashalme stachen wie Tausende von Dornen in meine
     Stiefel.
    »Warum bist du so zornig, Emrys Merlin?«
    Als der dunkle Grasfleck hinter mir lag, blieb ich stehen. Ich holte tief Luft und atmete langsam aus. »Ich weiß es eigentlich
     nicht.«
    Aylahs luftige Gestalt umkreiste mich und blies mir Zimtduft in die Nase. »Könnte es sein, dass dir jemand fehlt?«
    Ich drückte meinen Stock. »Mir fehlt niemand.«
    »Noch nicht einmal deine Mutter?«
    Fast gaben meine Knie nach, doch ich sagte nichts.
    Die Windschwester wirbelte um mich herum. »Ich bin ihr nie begegnet, Emrys Merlin, aber ich kenne viele, die mit ihr zusammentrafen.
     Sie muss eine gute Freundin gewesen sein.«
    Ich blinzelte den Tau aus meinen blicklosen Augen. »Ja. Sie war meine gute Freundin. Vielleicht meine einzige Freundin.«
    Aylahs warmer Atem berührte meine Wange. »Erzähl mir von ihr, bitte. Ich würde es gern hören.«
    Ich drehte meinen Stock in dem trockenen, rostfarbenen Gras und ging weiter. »Sie liebte den Nachthimmel mit all seinen Sternen
     und Träumen und Geheimnissen. Sie liebte Geschichten über alte Stätten wie den Olymp und Apollos Insel Delos. Sie liebte,
     was grün ist und wächst, und alle Geschöpfe, die fliegen oder kriechen oder schwimmen. Und sie liebte mich.«
    Aylahs Wirbeln ließ nach und sie schien mir näher zu sein als je zuvor. Der Wind umarmte mich.
    »Du hast Recht«, gab ich zu. »Sie fehlt mir. Mehr als ich je für möglich hielt.« Ich machte einen Atemzug lang Pause. »Wenn
     ich nur wieder bei ihr sein könnte, Aylah! Und wenn es nur für eine Stunde wäre.«
    »Ich verstehe. Ah ja, das verstehe ich.«
    Trotz ihrer luftigen Gestalt hatte Aylah viel mit meiner Mutter gemeinsam. Sie war herzlich, sie war liebevoll. Und sie versuchte
     nicht mir Ratschläge zu geben.
    Da sah ich in der Nähe ein paar niedrige Büsche mit bläulicher Rinde und breiten Blättern. Von Rhia wusste ich, dass sie eine
     gute Mahlzeit abgaben. Ich legte die blühende Harfe und meinen Stock auf den Boden, ging hinüber und zog einen Busch mit den
     Wurzeln aus der Erde, so dass eine dicke, blaue Knolle zum Vorschein kam. Ich wischte sie an meiner Tunika ab und biss in
     das würzige Fleisch.
    »Kann ich irgendwie dieses Mahl mit dir teilen? Ich weiß nicht, was du isst, aber ich könnte versuchen es für dich zu finden,
     was es auch sein mag.«
    Die breiten Blätter des Buschs flatterten, als Aylah darüberstrich. »Ich esse nur die fernen Düfte der Länder, die ich noch nicht erforscht habe. Ich bin zum Wandern gemacht, verstehst
     du.« Sanft fuhr sie mir durchs Haar. »Und jetzt, fürchte ich, müssen wir uns trennen.«
    Ich hörte auf zu kauen. »Trennen? Warum?«
    Die luftige Stimme flüsterte mir ins Ohr: »Weil ich der Wind bin, Emrys Merlin, ich muss fliegen. Immer steigen, immer kreisen,
     das ist meine Natur. Ich muss viele Orte besuchen, auf Fincayra und in anderen Welten.« Einen Moment schien sie bei der Harfe
     zu schweben. »Und auch du musst fliegen. Denn du hast immer noch Arbeit in den dunklen Hügeln zu tun.«
    Ich runzelte die Stirn. »Du auch,

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