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Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit

Titel: Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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und rollte sich auf seinem Reisigbett herum. Ein Farnwedel verfing sich in seinem Haar und schien direkt
     aus seinem Ohr zu wachsen. Bei jedem Atemzug rasselten seine Glocken wie ein Topf voller Kiesel. Doch der Spaßmacher schlief
     ungestört weiter.
    Unter uns im Tal schob eine Riesin mit wilder Mähne den Fuß eines Turms mit ihrer nackten Schulter an seinen Platz. Aus dieser
     Entfernung sah sie aus wie die Riesin, auf deren massiger Gestalt beim Beginn des großen Rats der Adler gelandet war. Ich
     nahm an, dass irgendwo dort unten auch mein alter Freund Shim arbeitete. Oder, und das war wahrscheinlicher, sein Bestes tat,
     um der Arbeit aus dem Weg zu gehen. Doch sosehr ich ihn auch wieder sehen wollte, wir würden keine Zeit haben, ihn zu suchen.
    »Warum«, sagte hinter uns eine melodische Stimme, »seid ihr ins Land der Riesen gekommen?«
    Rhia und ich fuhren herum. Auf einem runden, moosbewachsenen Felsen – der noch Sekunden zuvor leergewesen war – saß eine große blasse Frau. Ihre goldenen Haare fielen wie Lichtstrahlen um sie herum bis fast auf die Knie.
     Sie trug ein einfaches hellblaues Gewand, doch ihre Haltung machte ein elegantes Kleid daraus. Ihre Augen leuchteten ungewöhnlich,
     als würden starke Flammen in ihr brennen.
    So hübsch sie auch war, ich wappnete mich.
Auch wenn ich nicht Rhias Instinkte habe, lasse ich nicht noch einmal geschehen, was mit Nimue passiert ist.
Ich griff nach meinem Stock im Gras und zog ihn näher heran.
    Die Frau mit den leuchtenden Augen lachte leise. »Ich sehe, du traust mir nicht.«
    Rhia setzte sich gerade und musterte einen Moment das Gesicht der Frau. Dann holte sie tief Luft. »Ich traue dir. Wir sind
     hierher gekommen, um etwas über das Springen zu lernen.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Rhia! Du kennst sie nicht!«
    »Das weiß ich. Und doch . . . kommt es mir vor, als würde ich sie kennen. Sie bringt mich dazu, dass ich – nun, den Beeren
     vertrauen möchte. Sie hat etwas an sich, ich weiß nicht . . . das mich an das Leuchten der Sterne in der dunkelsten Nacht
     erinnert.«
    Die Frau stand langsam auf, ihr Haar wehte um ihre Taille. »Das kommt daher, liebes Mädchen, dass ich der Geist der Sterne
     bin. Du kennst mich tatsächlich als eins deiner Sternbilder.«
    Trotz der bebenden Erde stand auch Rhia auf. »Gwri«, sagte sie so leise, dass ich es kaum über dem ständigen Rumpeln hören
     konnte. »Du bist Gwri mit den goldenen Haaren.«
    »Ja. Ich wohne an eurem westlichsten Himmel. Und ich habe dich beobachtet, Rhia, genau wie dich, Merlin, während ihr mich
     beobachtet habt.«
    Verstört kam auch ich auf die Beine. Sie schien so lange her zu sein, jene Nacht unter dem Shomorrabaum, als Rhia mir zum
     ersten Mal Gwri mit den goldenen Haaren gezeigt hatte. Und wie man die Sternbilder auf ganz neue Art sehen kann. Nicht in
     den Sternen, sondern in den Räumen
dazwischen
.
    Rhia machte auf der grasigen Kuppe einen Schritt auf Gwri zu. »Warum bist du den ganzen Weg hierher gekommen?«
    Gwri lachte wieder, herzhafter als zuvor. Diesmal leuchtete ein goldener Kreis in der Luft um sie herum. »Ich bin hergekommen,
     um den Riesen eures Landes beim Wiederaufbau ihrer alten Hauptstadt zu helfen. Denn ich war auch vor langer Zeit hier, als
     Varigal errichtet wurde. Ich stand neben Dagda und sorgte für das Licht, das er brauchte, als er die Nacht durcharbeitete
     und den allerersten Riesen aus dem Fels eines Berges schnitt.«
    »Du bist von so weit hergekommen.«
    »Ja, Merlin. Ich bin gesprungen.«
    Die Beine gaben fast unter mir nach, aber nicht wegen der bebenden Erde. »Gesprungen? Wirst du – kannst du mir sagen, was
     ich über das Springen wissen muss?«
    »Du kennst bereits die Seele dieser Strophe«, erklärte Gwri. »Du musst sie nur noch in dir finden.«
    »Wir haben so wenig Zeit! Der Mond ist kaum noch zu einem Viertel zu sehen. Und meine Mutter . . .« Die Kehle wurde mir eng,
     so dass ich nur noch flüstern konnte. »Sie wird sterben. Durch meine Schuld.«
    Gwri musterte mich aufmerksam. Sie schien auf meine geheimsten Gedanken zu lauschen und taub zu sein für das ständige Gepolter
     aus dem Tal unten. »Was hast du getan?«
    »Ich habe die sprechende Muschel gefunden, deren Kraft meine Mutter hierher brachte.«
    Gwri neigte den Kopf, wobei ihr Haar über den Arm fiel. »Nein, Merlin. Denk nach.«
    Verwirrt rieb ich mich am Kinn. »Aber die Muschel . . .«
    »Denk noch mal nach.«
    Auch Rhia schaute mich an. Ich sagte:

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