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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Flusses sehen konnte, schien es dort viel weniger grün zu sein als auf der anderen Seite. Das Land sah eher
     braunrot aus, wie die Farbe welker Blätter. Oder Rost. Ich fand das beunruhigend, doch dann fiel mir ein, es könnte eine mir
     unbekannte Vegetationsform sein. Oder eine optische Täuschung durch die dunklen Wolken über dem östlichen Horizont.
    Ich spürte wieder meine ausgedörrte Kehle und wandte mich dem grünen Tal und dem Wald vor mir zu. Zeit zu trinken! Dann würde
     ich die nebelverhangene Insel erkunden, falls es tatsächlich eine Insel war. Auch wenn ich nicht recht wusste, warum, hatte
     dieser Ort etwas an sich, das mich zum Bleiben und Erforschen verlockte – trotz der seltsamen Erfahrung mit der Muschel. Vielleicht
     lag es an den lebhaften Farben. Oder vielleicht hatte es einfach damit zu tun, dass ich den Wellen vertraut hatte, und sie
     hatten mich hierher gebracht. Egal aus welchemGrund, ich würde eine Zeit lang hier bleiben – aber nur eine Zeit lang. Wenn ich keine Hinweise auf meine Vergangenheit entdeckte,
     würde ich mich erneut aufmachen. Ich würde mir wieder ein Boot bauen, robuster als das letzte, und meine Suche fortsetzen.
    Ich ging die Düne hinunter. Der Sand machte Gräsern Platz, ihre schlanken Halme bogen sich in der duftenden Brise. Obwohl
     ich noch steif war von der Reise, ging ich beim Abstieg schneller. Bald lief ich über die weite Wiese. Ich spürte den Wind
     auf meinem Gesicht. Zum ersten Mal, seit ich Caer Myrddin verlassen hatte, rannte ich.
    Ich kam an einen Bach mit klarem Wasser und kniete auf den moosigen Steinen am Rand nieder. Sofort tauchte ich den ganzen
     Kopf in das ersehnte Nass. Das kalte, klare Wasser auf meiner Haut erschreckte mich nicht weniger als die Farben und Gerüche
     dieses Landes. Ich schluckte, bis ich mich aufgebläht fühlte, rülpste und schluckte noch mehr.
    Als ich genug hatte, stützte ich mich auf den Ellbogen und genoss jetzt nicht das Wasser, sondern die frische, würzige Luft.
     Gras kitzelte mich am Kinn. Vorüberkommende hätten mich für ein Stück braunes Holz am Flussufer halten können, so dicht standen
     die hohen Halme um mich. Ich horchte auf das leichte Rascheln, mit dem sie sich aneinander rieben, auf das Steigen und Fallen
     des Winds im Wald, den ständigen Tanz des Bachs. Ein langbeiniger roter Käfer kroch träge über die Falten meiner Tunika.
    Ein plötzliches Zischen direkt über meinem Kopf weckte mich aus meinen Tagträumen. Irgendetwas war pfeilschnell vorbeigesaust,
     so geschwind, dass ich keineAhnung hatte, was es gewesen sein mochte. Vorsichtig hob ich den Kopf. Mein zweites Gesicht entdeckte eine Bewegung im Gras
     bachabwärts. Ich stand auf.
    Ein schneidendes Pfeifen kam aus dem Gras, gefolgt von Zischen und Fauchen. Die wütenden Geräusche wurden lauter, als ich
     näher kam. Ein paar Schritte weiter blieb ich verwundert stehen.
    Die größte Ratte, die ich je gesehen hatte, so dick wie mein Schenkel, mit mächtigen Beinen und Zähnen wie Degenspitzen, kämpfte
     vor mir. Ihr Gegner war ein kleiner Falke mit quer gestreiftem Schwanz und grauem Rücken. Ein Merlin. Obwohl die Ratte mindestens
     dreimal so groß wie der Vogel war, schienen sie einander gewachsen zu sein.
    Wütend rangen sie miteinander. Die scharfen Klauen des Merlins hatten sich in den Nacken der Ratte verkrallt. Die Ratte wand
     sich, versuchte zu beißen und den Kopf des Feindes unter die Krallen zu bekommen, dabei schmetterte sie den Vogel auf den
     Boden. Doch die Wut des Falken war stärker als der massige Körper, er schrie nur und grub die Klauen so tief in die dicke
     Haut der Ratte, dass sie blutete. Federn flogen, Blut spritzte aufs Gras. Kratzend, beißend und fauchend fielen die Tiere
     in wilder Raserei übereinander.
    Dieser Kampf hätte noch einige Zeit unentschieden andauern können, wenn nicht eine zweite Ratte aus einem Dickicht am Bach
     aufgetaucht wäre. Ob aus Solidarität mit ihresgleichen oder, wahrscheinlicher, aus Gier nach leichter Beute mischte sie sich
     in die Schlacht. Sie schlug die Krallen in einen Flügel des Merlins und riss heftig an dem Vogel.
    Der Merlin schrie vor Schmerz, aber er ließ nicht los und fuhr der zweiten Ratte mit dem Schnabel übers Gesicht. Sie lockerte
     ihren Griff und lief auf die andere Seite. Inzwischen hing der verwundete Flügel des Merlins herunter und flatterte nutzlos,
     eine seiner Klauen löste sich. Die zweite Ratte witterte schon den Sieg und wischte sich ein

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