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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Ich könnte vom Floß fallen oder, noch schlimmer, etwas
     Wichtiges versäumen.
    Ich versuchte auszuruhen ohne zu schlafen. Ich machte den Rücken rund und lehnte den Kopf an die Knie. Um wach zu bleiben
     konzentrierte ich mich auf die langsam untergehende Sonne. Die große Flammenkugel lag nun direkt auf dem Wasser und schickte
     ein schimmerndes Lichtband über die Wellen zu meinem Floß. Es hätte eine goldene Prachtstraße sein können, ein Weg über das
     Wasser.
    Wohin mochte dieser Weg führen? Und mein eigener?
    Über die Schulter sah ich, dass ich bereits ein gutes Stück von der Küste abgetrieben war. Der Wind hatte sichgelegt, aber das Floß war vielleicht in eine Strömung geraten. Es hüpfte mit mir über die Wellen, die mich ständig bespritzten.
     Doch meine Ersatztaue waren immer noch straff, das Holz stabil. Ich leckte meine Lippen und schmeckte die salzige Gischt.
     Als ich den Kopf wieder auf die Knie legte, musste ich wider Willen gähnen.
    Die angeschwollene, purpurrote Sonne tauchte die Wolken in Farben, die ich nur undeutlich sehen konnte. Den Umriss der Sonne
     nahm ich besser wahr, als sie am Horizont flacher wurde. Im nächsten Augenblick verschwand sie unter den Wellen wie eine Seifenblase,
     die geplatzt war.
    Aber den Einbruch der Dunkelheit bemerkte ich nicht, denn ich war eingeschlafen.
    Ein plötzlicher Guss kalten Wassers weckte mich. Die Nacht war gekommen. Sterne drängten sich um die dünnste Mondsichel, die
     ich je gesehen hatte. Ich horchte auf das unablässige Wogen und Saugen der Wellen, das Klatschen des Wassers gegen das Holz.
     In dieser Nacht schlief ich nicht mehr. Schaudernd zog ich die Beine eng an die Brust. Ich konnte nur warten auf das, was
     das Meer mir zeigen wollte.
    Als die Sonne hinter mir aufging, stellte ich fest, dass die Küste von Gwynedd verschwunden war. Selbst die eindrucksvollen
     Klippen waren nicht mehr zu sehen. Nur ein schwacher Wolkenfetzen wehte wie ein Wimpel von einem Punkt, der nach meiner Schätzung
     der Gipfel vom Y Wyddfa sein könnte, aber ich war mir nicht sicher.
    Ich sah ein Stück Holz, das sich aus seiner Vertäuung gelöst hatte, und band es schnell wieder fest. Als sich der Tag dahinschleppte,
     wurden mein Rücken und die Beine schmerzhaft steif, aber ich konnte nicht aufstehen undmich strecken, ich wäre ins Wasser gekippt. Unablässig schlugen Wellen gegen das Floß und mich. Die heiße Sonne brannte auf
     meinen Nacken. Inzwischen brannten mir auch Mund und Kehle und im Lauf des Tages wurden sie noch ausgedörrter. Noch nie war
     ich so durstig gewesen.
    Gerade bei Sonnenuntergang nahm ich eine Gruppe großer stromlinienförmiger Körper wahr, die über die Meeresoberfläche sprangen.
     Die sieben oder acht Geschöpfe schwammen in perfekter Einheit. Sie bewegten sich wie eine einzige Welle, hoben und senkten
     sich. Dann, als sie an meinem Floß vorbeikamen, wechselten sie die Richtung und schwammen im Kreis um mich herum. Ein-, zwei-,
     dreimal umringten sie mich, schnellten dabei in den Schaum ihrer eigenen Wellen und wieder heraus.
    Waren es Delphine? Oder vielleicht Menschen der See? Branwen nannte sie
Meermenschen,
die angeblich halb Mensch, halb Fisch waren. Ich sah nicht gut genug, um es zu erkennen. Ihr Anblick erfüllte mich mit Staunen.
     Als sie davonschwammen, schimmerten ihre Körper im goldenen Licht und ich schwor mir, falls ich lange genug lebte, wollte
     ich alles tun, um die geheimnisvollen Tiefen des Meeres zu erforschen.
    Eine weitere Nacht verging, kalt wie die vorausgegangene. Die Mondsichel verschwand völlig, als hätten die Sterne sie verschluckt.
     Plötzlich fielen mir die Sternbilder und Branwens Geschichten über ihre Entstehung ein. Nach vielem Suchen fand ich ein paar,
     darunter meinen Liebling, den geflügelten Pegasus. Ich stellte mir vor, das ständige Schaukeln meines Floßes käme vom Galopp
     des Rosses über den Himmel.
    Im Schlaf träumte ich, dass ich auf dem Rücken eines großen geflügelten Geschöpfs emporgetragen würde. Ob es Pegasus war,
     wusste ich nicht. Plötzlich waren wir in einer Schlacht. Vor uns erhob sich ein verdunkeltes Schloss, mit geisterhaften Wachen
     bemannt. Und ja! Das Schloss drehte sich auf seinem Fundament. Immer stärker wurden wir zu diesem wirbelnden Gebäude gezogen.
     Ich versuchte mit aller Kraft die Richtung zu ändern, doch es gelang mir nicht. Gleich würden wir in die Schlossmauern krachen.
    Da wachte ich auf. Ich schauderte, nicht nur wegen der

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