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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Meine Schulter fühlte sich ohne ihn seltsam
     leer an.
    Ich wandte mich wieder an Rhia, die in trüberer Stimmungals ich zu sein schien. »Du wirkst nicht sehr vergnügt.«
    »Wie kann ich vergnügt sein? Ich habe heute zwei Freundinnen verloren – eine alte und eine neue.« Sie sah mich nachdenklich
     an »Cwen habe ich gekannt, seit sie mich vor so langer Zeit verlassen aufgefunden hat. Der Ulme bin ich erst ein paar Minuten
     vor ihrem Tod begegnet – bevor sie sich selbst fällte, um uns Leid zu ersparen. Unterschiedlicher hätten sie nicht sein können
     – die eine krumm und gebeugt, die andere aufrecht und groß. Die eine verriet mich, die andere schenkte mir das Leben. Aber
     ich trauere um beide.«
    Ich seufzte. »Die Ulme wird ihre jungen Bäume nie mehr sehen.«
    Rhia hob das Kinn. »Arbassa wäre nicht deiner Meinung. Arbassa würde sagen, dass sie sich in der Anderswelt wieder treffen.
     Wie wir alle eines Tages.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    Sie holte tief Luft. »Ich . . . weiß nicht genau. Ich weiß, dass ich es glauben
will.
Aber ob wir uns wirklich nach der langen Reise wieder sehen, weiß ich nicht.«
    »Welche lange Reise?«
    »Die Reise in die Anderswelt, nachdem ein Fincayraner gestorben ist. Arbassa sagt, je mehr ein Mensch lernen muss, wenn er
     stirbt, umso länger wird seine Reise sein.«
    »Falls das stimmt und wenn es die Anderswelt wirklich gibt, dann würde es
ewig
dauern, bis ich dort ankomme.«
    »Vielleicht nicht.« Sie schaute zu dem strömenden Fluss, dann zurück zu mir. »Arbassa hat mir auch erzählt, dass manchmal
     den mutigsten und ehrlichsten Seelen die lange Reise ganz erspart bleibt. Ihr Opfer ist so groß, dasssie im Augenblick ihres Todes direkt in die Anderswelt gebracht werden.«
    Ich dachte darüber nach. »Statt zu sterben . . . verschwinden sie also einfach? In einer Sekunde sind sie hier und krümmen
     sich vor Schmerzen und in der nächsten sind sie in der Anderswelt und tanzen vergnügt? Das glaube ich nicht.«
    Rhia senkte den Kopf. »Es ist schwer zu glauben.«
    »Es ist unmöglich! Vor allem, wenn sie zu einem solchen Opfer sowieso nicht fähig sind.«
    »Was meinst du damit?«
    »Wenn sie zu feige sind!« Ich biss mir auf die Lippe. »Rhia, ich . . . hätte mehr, viel mehr tun können, um dir zu helfen.«
    Sie sah mich voller Mitgefühl an. »Was hättest du mehr tun können?«
    »Ich habe einige . . . Kräfte. Sie haben nichts mit dem Galator zu tun. Ich habe noch nicht einmal angefangen sie zu verstehen.
     Außer dass sie stark sind – zu stark.«
    »Kräfte wie das zweite Gesicht?«
    »Ja, aber stärker. Heftiger. Wilder.« Einen Augenblick horchte ich auf das rauschende Wasser des unaufhörlichen Flusses. »Ich
     habe nie um solche Kräfte gebeten! Sie waren einfach da. Einmal, im Zorn, habe ich sie schlecht genutzt und sie haben mich
     meine Augen gekostet. Einen anderen Jungen haben sie viel mehr gekostet. Sie sind nicht für Sterbliche gedacht, diese Kräfte!
     Ich habe versprochen sie nie wieder zu gebrauchen.«
    »Wem hast du es versprochen?«
    »Gott. Dem großen Heiler aus Branwens Gebeten. Ich habe versprochen, wenn ich nur wieder irgendwie sehenkönnte, würde ich meine Kräfte für immer aufgeben. Und Gott hörte meinen Schwur! Aber trotzdem . . . hätte ich sie dort drüben
     gebrauchen sollen. Um dich zu retten! Versprechen hin oder her.«
    Durch das Gewirr ihrer Locken sah sie mich an. »Etwas sagt mir, dass dieses Versprechen nicht der einzige Grund ist, warum
     du deine Kräfte nicht gebrauchen wolltest.«
    Mein Mund wurde trocken. »Die Wahrheit ist, dass ich sie fürchte. Ich fürchte sie von ganzem Herzen.« Ich zog eine Binse aus
     dem seichten Wasser und drehte sie in den Fingern. »Branwen sagte mir einmal, dass Gott mir diese Kräfte gegeben hat, damit
     ich sie dann gebrauche, wenn ich gelernt habe sie zu meistern. Sie
gut
zu nutzen, sagte sie, mit Weisheit und Liebe. Aber wie kannst du etwas weise nutzen, an das du nicht zu rühren wagst? Wie
     kannst du etwas liebevoll benutzen, das deine Augen, dein Leben, sogar deine Seele zerstören könnte? Es ist unmöglich.«
    Sie wartete ziemlich lange, bevor sie antwortete. Dann winkte sie zu dem weiß schäumenden Wasser hinüber. »Der unaufhörliche
     Fluss scheint nur ein Wasserlauf zu sein, der von hier nach dort strömt. Und doch ist er mehr. Viel mehr. Er ist alles, was
     er ist – auch das, was er unter der Oberfläche verbirgt.«
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Alles.

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