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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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mir. Hörte die Schreie von Dinatius. Roch mein eigenes verbranntes Fleisch.
    Versuch es, du Feigling!,
rief eine Stimme in mir.
Du musst es versuchen!
Doch ebenso eindringlich antwortete eine andere Stimme:
Nie wieder! Letztes Mal hast du deine Augen zerstört. Diesmal wirst du deine Seele selbst zerstören! Nie wieder!
    »Zeig es mir!«, befahl der Goblin. Selbst durch den dicker werdenden Nebel sah ich, wie er seine Muskeln anspannte. Er hob
     das Schwert und richtete die Klinge auf Rhias Nacken.
    Immer noch zögerte ich.
    Da schüttelte ein seltsamer Wind, der jede Sekunde stärker wurde, die Äste der alten Ulme mitten im Gehölz. Ihr Knarren steigerte
     sich zu einem Schrei. Als der Goblin hinaufschaute, riss sich der Baum von seinen Wurzeln und fiel um. Der Goblin konnte gerade
     noch vor Schmerz aufheulen, während der Baum auf ihn stürzte.
    Ich griff nach dem Galator, der zu Boden gefallen war. Ich hängte mir die Lederschnur um den Hals. Mit der anderen Hand packte
     ich das Schwert des gefallenen Goblins und schlug auf einen anderen Mann der Bande ein. Der Goblin, viel stärker als ich,
     drängte mich schnell gegen den Stamm des gestürzten Baums.
    Der Goblin trat zurück, um mich niederzuschlagen. Plötzlich erstarrte er. Nacktes Entsetzen stand in seinem Gesicht – ein
     Entsetzen, das ich nur einmal zuvor gesehen hatte, bei Dinatius, als die Flammen ihn verschlangen.
    Ich fuhr herum. Dann stand auch ich da wie versteinert. Das Schwert fiel mir aus der Hand. Denn aus dem wirbelnden Nebel kam
     eine gewaltige weiße Spinne mit geiferndem Maul.
    »Huuunger«, schrie die große Spinne mit einer Stimme, die das Blut in den Adern gerinnen ließ. »Iiich haaabe Huuunger.«
    Bevor ich wusste, was geschah, packte mich Rhia am Handgelenk und zog mich aus dem Weg der großen Elusa. Zu den Schreien der
     in die Enge getriebenen Goblinsliefen wir mit Shim auf den Fersen den Hügel hinunter. Der kleine Riese rannte fast so schnell wie wir, seine Füße traten
     Wolken von Schmutz und Blättern los.
    Zwei Kriegergoblins wichen dem Monster aus, überließen die Gefährten ihrem Schicksal und jagten uns nach. Schnaufend und fluchend
     schwenkten sie ihre Schwerter in der Luft und verfolgten uns an den nebelverhangenen Felsen vorbei. Obwohl wir den Hügel hinunterjagten,
     so schnell wir konnten, holten sie ständig auf. Bald waren sie fast auf gleicher Höhe wie Shim.
    Plötzlich sahen wir einen Fluss im Nebel. Rhia rief: »Das Wasser! Springt ins Wasser!«
    Ohne lange zu fragen gehorchten Shim und ich. Wir warfen uns in die schnell strömenden Fluten. Die Goblins stürzten uns nach
     und hieben mit ihren Schwertern in die Wellen.
    »Hilf uns!«, schrie Rhia, ich hatte keine Ahnung, wen sie meinte. Dann schlug sie mit den Händen heftig auf die Wasseroberfläche.
    Plötzlich erhob sich eine Welle mitten im Fluss. Ein großer, glitzernder Wasserarm griff heraus und nahm Rhia, Shim und mich
     in die Hand. Die flüssigen Finger schlossen sich um uns wie ein Wasserfall, als die Hand uns hoch über die Flusswellen trug.
     Gischt mit funkelnden Regenbogen umgab uns. Der Wasserarm schoss mit uns flussabwärts und ließ unsere Verfolger weit hinter
     uns.
    Minuten später verschmolz der Arm wieder mit dem Fluss und setzte uns auf eine Sandbank. Wir stiegen aus dem Wasser, durchnässt,
     aber in Sicherheit. Und, was Shim betraf, auch erheblich sauberer.

XXIII
GROSSE VERLUSTE 
    R hia ließ sich auf den Sand fallen, ihr Blättergewand war nass und glänzte in der Sonne. Als die Flussoberfläche wieder ruhig
     geworden war, spritzte ein dünner Wasserfinger über ihre Hand. Einen Moment hing er da, bevor er im Sand verschwand.
    Aber sie schien es nicht zu bemerken. Mürrisch trat sie gegen die grünen Binsen am Ufer.
    Ich setzte mich neben sie. »Danke, dass du uns gerettet hast.«
    »Dank dem Fluss, nicht mir. Der unaufhörliche Fluss ist einer meiner ältesten Freunde im Wald. Er hat mich als Säugling gebadet,
     als Kind getränkt. Jetzt hat er uns alle gerettet.«
    Ich schaute aufs Wasser, dann auf Shim, der sich auf dem Rücken in die Sonne gelegt hatte. Zum ersten Mal waren seine Sachen
     nicht mit Schmutz und Honig bedeckt, und ich sah, dass sein weites Hemd aus einer Art gelblichen Rinde gewebt war.
    Plötzlich fielen mir die gelb geränderten Augen von Verdruss ein. War der mutige Falke dem Bienenschwarm entkommen? Wenn nicht,
     hatte er dessen Zorn überlebt? Und wenn ja, würde er mich je wieder finden können?

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