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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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zu mir, süß wie Honig. Ich wollen ihr nur helfen.«
    Ein paar Sekunden lang musterte ich das Gesicht an meinem Knie.
    »Na schön«, sagte ich schließlich. »Du kannst mitkommen.«

TEIL DREI
    XXV
EIN STOCK UND EINE SCHAUFEL 
    S tundenlang folgten wir dem unaufhörlichen Fluss, stiegen über glatte Steine und tief hängende Äste. Schließlich bog der Fluss
     nach Süden und wir erreichten den Ostrand des Drumawaldes. Durch den lichter werdenden Wald sah ich das helle Band des Flusses
     und dahinter die beschatteten Ebenen des verdorbenen Landes. Von diesem Aussichtspunkt betrachtet gab es keinen Zweifel, dass
     der funkelnde Wasserweg, den ich an meinem ersten Tag auf Fincayra von der Düne aus gesehen hatte, der unaufhörliche Fluss
     gewesen war.
    Stromabwärts konnte ich in einiger Entfernung eine Gruppe eiförmiger Felsen erkennen. Sie lagen zu beiden Seiten im Wasser
     und mindestens einer war in der Mitte des Flusses, der hier breiter und flacher zu sein schien. Wenn das stimmte, wäre es
     eine gute Stelle zum Überqueren. Auf dem anderen Ufer waren Bäume in parallelen Reihen gepflanzt wie in einem Obstgarten.
     Doch falls das wirklich ein Obstgarten war, hatte ich noch nie einen armseligeren gesehen.
    Hinter mir knackten Zweige. Ich fuhr herum und sah Shim mühsam durch den hohen Farn stapfen. Grüne Arme wanden sich um seine
     kurzen Beine. Wie er da im Farn sprang und sich drehte, glich er mit seinem weiten gelben Hemd, den haarigen Beinen und der
     knubbeligen Nase mehr einer schlecht angezogenen Marionette alseinem Menschen. Doch sein struppiges braunes Haar (immer noch mit Honig, Schmutz und Zweigen verklebt) und erst recht die
     wilden rosa Augen zeigten eindeutig, dass er lebte. Und wütend war.
    »Wahnsinn«, murmelte er, als er sich endlich aus dem Farn herausgekämpft hatte. »Das ist Wahnsinn!«
    »Kehr um, wenn du willst«, schlug ich vor.
    Shim zuckte mit der dicken Nase. »Ich wissen, was du denken! Du wollen nicht, dass ich mitgehen!« Er richtete sich auf und
     reichte jetzt nur ein bisschen höher als mein Knie. »Nun, ich gehen mit. Ich gehen mit sie retten.«
    »Du weißt, es wird nicht leicht sein.«
    Der kleine Riese verschränkte die Arme und schaute mich stirnrunzelnd an.
    Ich konzentrierte mein zweites Gesicht erneut auf das Land jenseits des Flusses. Es fiel mir auf, dass alles, auch die Bäume
     im Obstgarten, fahlere Farben hatte, als ich sie aus der Druma kannte. Was dieser Teil von Fincayra meiner Sehkraft an Intensität
     gegeben hatte, würde verschwinden, sobald wir den Fluss überquerten. Ich hatte mich an die leuchtenderen Farben im Wald gewöhnt
     und sogar gehofft, dass mein Sehvermögen sich gebessert hatte. Aber jetzt erfuhr ich die Wahrheit. Mein zweites Gesicht war
     so blass wie früher, so blass wie die Landschaft vor mir.
    Und wie zuvor waren die Ebenen am anderen Ufer von einem merkwürdigen Rotbraun. Das ganze östliche Land bis auf die schwarzen
     Hügel in der Ferne war von der Farbe, die Rhia als
getrocknetes Blut
bezeichnet hatte.
    Ich atmete tief die duftende Waldluft ein. Ich horchte, vielleicht zum letzten Mal, auf das ständige Flüstern derZweige. Ich hatte gerade erst begonnen die Fülle und Vielfalt dieser Baumsprache zu ahnen, die manchmal zart und manchmal
     überwältigend war. Ich fragte mich, was die Bäume jetzt, wo ich ihre Stimmen noch nicht verstand, zu mir sagen mochten. Insgeheim
     versprach ich mir die Sitten des Waldes zu lernen und seine Geheimnisse zu hüten, falls ich je in die Druma zurückkehren sollte.
    Direkt über meinem Kopf zitterte ein Tannenast und verströmte einen würzigen Duft. Ich griff hinauf und rieb einige seiner
     Nadeln zwischen Daumen und Zeigefinger. Impulsiv legte ich die Finger um seine Mitte und drückte sie fest, als wäre sie die
     Hand eines anderen Menschen. Ich zog gerade genug daran, um das Schwanken des Astes zu spüren.
    Plötzlich brach der Ast ab. Ich hielt ihn immer noch gepackt, taumelte in den Farn – und fiel auf Shim.
    »Du dummer Idiot!« Der kleine Kerl kam wieder auf die Füße, holte zu einem Schlag auf meinen Arm aus, verfehlte das Ziel und
     fiel zurück in den Farn. »Was machen du?«, schrie er aus dem Gewirr grüner Wedel. »Du zerdrücken mich fast.«
    »Entschuldige.« Ich versuchte angestrengt ernst zu bleiben. »Der Ast ist gebrochen.«
    Hinter dem Nasenberg starrten mich zwei rosa Augen an. »Shim sein fast zerbrochen!«
    »Ich habe schon gesagt, es tut mir Leid.«
    Er stand

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