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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Flussströmung spürte ich, dass etwas an meinen Lederstiefeln zerrte und mich zum Wald
     zurückziehen wollte. Es war nicht die Strömung. Es kam mir eher vor, als versuchten mich Hunderte unsichtbarer Hände daran
     zu hindern, die Druma zu verlassen. Ob diese Hände im Wasser waren oder in mir,konnte ich nicht sagen. Aber meine Füße wurden immer schwerer, je mehr ich mich dem anderen Ufer näherte.
    Eine schlimme Ahnung überkam mich. Zugleich sah ich ein Bild vor mir, das ich nicht meinem zweiten Gesicht verdankte. Ich
     sah Dutzende merkwürdiger Lichter, die auf mich zukamen. Plötzlich wurde mir klar, dass meine geheimen Kräfte am Werk waren.
     Das sollte ein Bild der Zukunft sein!
    »Nein!«, rief ich und schüttelte so heftig den Kopf, dass Shim sich an meinen Haaren festhalten musste, sonst wäre er hinuntergefallen.
    Das Bild verschwand. Die Kräfte ließen nach. Doch die schlimme Ahnung blieb, sie war noch stärker als zuvor.
    Als ich am östlichen Ufer war, rutschte Shim von meinen Schultern herunter. Nicht ohne zuvor auf mein Ohr zu boxen.
    »Au! Warum denn das?«
    »Weil du mich gezwungen haben, die ganze Zeit meine Nase halten.«
    Kurz kam mir der Gedanke, ihn in den Fluss zu werfen, aber ich widerstand. Und mein Zorn verrauchte schnell, als ich den Obstgarten
     genauer betrachten konnte. Die schmächtigen Bäume sahen wesentlich schwächer aus als die ältesten in der Druma. Und die am
     weitesten vom Fluss entfernt standen, wirkten entschieden krank, wie Geister lebender Pflanzen. Wir waren im verdorbenen Land
     angekommen.
    Ich ging zu einem der kräftigeren Bäume, dessen Äste über den Fluss hingen. Ich griff hinauf und pflückte eine kleine, verhutzelte
     Frucht. Ich drehte sie in der Hand undstaunte über die lederartige Härte und die rostbraune Farbe der runzligen Haut. Als ich daran roch, bestätigte sich meine
     Vermutung. Es war ein Apfel. Der schrumpligste Apfel, den ich je gesehen hatte.
    Ich warf ihn Shim zu. »Dein Abendessen!«
    Der kleine Riese fing den Apfel auf. Unsicher führte er ihn zum Mund, biss schließlich hinein und schnitt eine Grimasse.
    »Bäh! Du wollen mich vergiften.«
    Ich grinste. »Nein. Ich habe nicht geglaubt, dass du zubeißt.«
    »Dann du wollen mir dummen Streich spielen.«
    »Das kann ich nicht leugnen.«
    Shim legte die Hände an die Hüften. »Ich wünschen, das Mädchen sein hier!«
    »Ich auch.« Ich nickte grimmig.
    In diesem Moment sah ich in der Ferne hinter der letzten Baumreihe eine Gruppe von sechs Gestalten, die aus den östlichen
     Ebenen marschierten. Sie schienen direkt auf den Obstgarten zuzusteuern. Kämpfergoblins! Ihre Schwerter, Brustpanzer und spitzen
     Helme glänzten in der Spätnachmittagssonne. Sie verschwanden hinter einem Hügel, aber ihre rauen Stimmen wurden immer lauter.
    Shim, der sie auch gesehen hatte, stand da wie versteinert. »Was werden wir machen?«
    »Uns irgendwo verstecken.«
    Aber wo? Von meinem Standort aus sah ich keinen einzigen Felsen, hinter den wir uns ducken könnten. Die dürre Vegetation bot
     keinen Schutz. Der Uferhang war niedrig und glatt, noch nicht einmal eine Wasserrinne unterbrach ihn.
    Die Goblins waren fast oben am Hang. Ihre Stimmen und das Stampfen ihrer Stiefel wurden lauter. Mein Herz hämmerte. Ich suchte
     mit meinem zweiten Gesicht das Gelände nach einem möglichen Versteck ab.
    »Du!«, flüsterte eine Stimme. »Hierher!«
    Ich drehte mich um und sah einen Kopf, der zwischen den Wurzeln des Baumes am Ende des Obstgartens herausspähte. Shim und
     ich liefen hin. Wir fanden einen tiefen, frisch ausgehobenen Graben, der noch nicht mit dem Fluss verbunden war. Im Graben
     stand ein breitschultriger, sonnenverbrannter Mann mit kräftigem Kinn und braunem Haar, in dem Erde klebte. Er trug kein Hemd,
     nur weite Hosen aus braunem Tuch. Seine Schaufel hielt er so mühelos und sicher wie ein erfahrener Soldat sein Schwert.
    Er winkte uns mit der Schaufel. »Hier herein, ihr Burschen. Schnell.«
    Ohne zu zögern gehorchten wir seinem Befehl. Ich warf meinen Stab zur Seite und sprang in den Graben. Shim sprang mir noch
     hinterher, da marschierten die Goblins schon über die Anhöhe und in den Obstgarten. Schnell bedeckte uns der Mann mit Erde
     und Blättern. Er ließ jedem nur ein kleines Luftloch.
    »Du da!«, rief ein Goblin. Unter der Erddecke hörte sich seine Stimme etwas höher, aber nicht weniger rau als die des Goblins
     an, der die Bande in der Druma angeführt hatte.
    »Ja?«,

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