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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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Geheimnis.« Ich packte ihn am Ärmel seiner weißen Tunika. »Aber du kannst mir helfen! Du kannst meine Fragen beantworten!
     Erzähl mir alles, was du weißt. Zuerst – über meine Mutter. Wer ist sie? Wo ist sie? Warum hast du gesagt, sie
war
eine Freundin?«
    Cairpré lehnte sich auf seinem Schemel zurück und umfasste sein Knie mit beiden Händen. »Es sieht so aus, als würde ich dir
     doch noch eine Geschichte erzählen.«
    Nach einer Pause fing er an. »Eines Tages tauchte eine Frau, eine Menschenfrau, an der Küste dieser Insel auf. Sie kam vom
     Land der Kelten, von einem Ort namens Gwynedd.«
    Plötzlich überfielen mich Zweifel. Hatte ich mich die ganze Zeit in Branwen geirrt? Zögernd fragte ich: »Wie hieß sie?«
    »Elen.«
    Ich atmete erleichtert auf.
    »Nun, Elen sah ganz anders aus als wir Fincayraner. Ihre Haut war heller als die der meisten, mehr cremefarben als rötlich.
     Ihre Ohren waren anders geformt – eher rund als dreieckig. Sie war eine Schönheit. Aber das Auffallendste an ihr waren ihre
     Augen. Sie leuchteten in einer Farbe, die man auf dieser Insel noch nie gesehen hatte. Reines Blau, ohne die Beimischung von
     Grau oder Braun. Blau wie ein Saphir. Deshalb wurde sie Elen mit den Saphiraugen genannt.«
    Ich fröstelte.
    »Sie kam hierher«, fuhr er fort, »weil sie einen Mann von fincayranischem Blut liebte. Einen Mann aus dieser Welt, nicht aus
     ihrer. Und bald nach ihrer Ankunft entdeckte sie noch eine andere Liebe.« Er schaute sich im Raum um. »Bücher! Sie liebte
     Bücher aller Länder und aller Sprachen. Wir lernten uns sogar durch ein Buch kennen, als sie herkam, um eins zu holen, das
     ich ausgeliehen hatte; es war etwas überfällig – zehn Jahre oder so. Danach kam sie oft zum Lesen und Reden. Sie saß auf demselben
     Stuhl wie du jetzt! Besonders interessierte sie sich für die Heilkunst und wie sie im Lauf der Jahrhunderte praktiziert wurde.
     Sie hatte selbst die Gabe, andere zu heilen.«
    Wieder lief es mir kalt über den Rücken.
    Cairpré lächelte, während er sich erinnerte. »Aber ihre Lieblingsbücher waren, glaube ich, die Geschichten der Griechen.«
    »Ist das wahr?«, fragte ich. »Schwörst du, dass es wahr ist?«
    »Es stimmt.«
    »Sie hat mir so wenig erzählt. Noch nicht einmal ihren Namen hat sie mir gesagt! Sie nannte sich nur Branwen.«
    Cairpré wandte sich zu einem hohen Bücherregal. »Das passt zu ihr, einen Namen aus einer Legende zu wählen. Doch es schmerzt
     mich zu hören, dass sie sich für einen so tragischen entschied.«
    »Ach, dass ich je geboren wurde«,
zitierte ich.
    Der Dichter schaute ich mich an. »Du kennst also die Legende?«
    »Ich kenne sie.« Meine Unterlippe zitterte. »Aber Branwen   – Elen – kenne ich nicht. Überhaupt nicht. Sie erzählte so wenig über sich, dass ich mich weigerte . . .«
    Ich hatte einen Kloß im Hals und fing an leise zu weinen. Der Poet betrachtete mich mit dem Mitgefühl eines Menschen, der
     den gleichen Schmerz empfindet. Aber er versuchte nicht mich zu trösten. Er ließ mich nur die Tränen vergießen, die ich weinen
     musste.
    Schließlich beendete ich heiser flüsternd meinen Satz. »Ich weigerte mich . . . sie Mutter zu nennen.«
    Cairpré schwieg eine Weile. Als er schließlich redete, stellte er eine einfache Frage.
    »Hat sie dich geliebt?«
    Ich hob den Kopf und nickte langsam. »Ja.«
    »Hat sie sich um dich gekümmert, wenn du Hilfe brauchtest?«
    »Ja.«
    »Dann hast du sie gekannt. Du kanntest sie bis in ihre Seele.«
    Ich wischte meine Tränen mit dem Ärmel ab. »Vielleicht. Aber es kommt mir nicht so vor. Kannst du mir etwas sagen . . . über
     meinen Vater?«
    Cairprés Augen bekamen einen seltsamen, abwesenden Blick. »Dein Vater war ein eindrucksvoller junger Mann. Stark, eigenwillig,
     leidenschaftlich.
Voller Schwung, so herrlich jung.
Nein, der Reim ist nicht gut. Lass es mich noch mal versuchen.
Wach! Bereit! Kühn und gescheit.
Ja, das ist besser. In unserer ältesten Sprache bedeutet sein Name Baumkletterer, weil er als Junge so gern auf Bäume kletterte.
     Manchmal stieg er sogar in den Wipfel eines hohen Baumes und blieb dort, nur um den Ritt auf einem wilden Sturm zu erleben.«
    Ich lachte laut, weil ich das besser verstand, als der Poet wissen konnte.
    »Aber ich glaube, seine Kindheit war alles andere als fröhlich. Seine Mutter Olwen war eine Tochter der See, eines dieser
     Wesen, die von den Irdischen
Meermenschen
genannt werden, obwohl wir Fincayraner lieber

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