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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron
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aufmerksamen Augen tauchte auf. Der Kopf
     eines Mannes.
    Die tief liegenden Augen schauten lange mich, dann Shim an.
    »In Ordnung«, sagte der Fremde mit tiefer, voll tönender Stimme. »Ihr könnt hereinkommen. Aber ich habe keine Zeit für Geschichten.«
    Der Kopf verschwand im Baumstumpf. Shim und ich sahen einander verwirrt an. Geschichten? Was meinte er damit?
    Schließlich entschied ich mich. »Ich gehe hinunter. Komm mit oder bleib hier, ganz wie du willst.«
    »Ich bleiben!«, antwortete Shim entschlossen. »Und du sollten vergessen diesen Unsinn und auch bleiben.«
    »Das Risiko lohnt sich, wenn wir nicht im Freien übernachten müssen.«
    Wie zur Bekräftigung war in der Ferne wieder das Geheul zu hören.
    »Angenommen, dieser Mann werden auch eine schlängelige Schlange? Angenommen, du sein gefangen in diesem Loch?«
    Ich gab keine Antwort. Ich spähte durch die Tür in einen engen Tunnel. Obwohl er hell erleuchtet war und mir mein zweites
     Gesicht wiedergab, konnte ich von hier aus nur eine roh gezimmerte Leiter sehen, die nach unten führte. Ich zögerte und dachte
     an Shims Warnung.
    Das Heulen wurde lauter.
    Mit dem Dolch in der Hand stieg ich in die Öffnungund kletterte hinunter. Dabei bemerkte ich, dass die Holzsprossen sehr abgetreten waren, als ob Hunderte von Händen und Füßen
     sie beim Einsteigen abgeschliffen hätten. Und beim Aussteigen, hoffte ich.
    Sprosse um Sprosse stieg ich tiefer. Ein Geruch nach Leder und Staub wehte mir entgegen. Der Geruch erregte mich, denn ich
     hatte ihn bisher nur an einem Ort bemerkt, im Kloster Sankt Peter in Caer Myrddin. Je tiefer ich kam, umso intensiver wurde
     er.
    Es roch nach Büchern.
    Als ich endlich unten war, schaute ich mich erstaunt um. Hunderte und Aberhunderte von Bänden umgaben mich. Sie bedeckten
     Wände und Boden dieses unterirdischen Raums von einem Ende zum anderen, von der Decke bis zum Boden.
    Bücher überall! Bücher aller Stärken, Farben, Formate und Sprachen – nach den verschiedenen Schriften und Symbolen auf den
     Buchrücken zu urteilen. Manche waren in Leder gebunden. Manche so zerlesen, dass sie überhaupt keine Einbände hatten. Manche
     bestanden aus Papyrusrollen vom Nil. Manche aus Pergament, das sich wie Schafsleder anfühlte, aus dem Land, das die Griechen
     Anatolien und die Römer Kleinasien nannten.
    Bücher standen nebeneinander auf den durchhängenden Regalen an den Wänden. Auf dem Boden waren so viele gestapelt, dass nur
     ein schmaler Pfad von einer Seite auf die andere frei blieb. Sie lagen gehäuft unter dem schweren Holztisch, der selbst mit
     Papieren und Schreibzubehör überhäuft war. Sie bedeckten sogar das Lager aus Schafsfellen in der Ecke.
    Gegenüber dem Lager war eine kleine offene Speisekammermit Regalen voller Obst und Körner, Brot und Käse. Zwei niedrige Schemel standen auf einer Seite des Raums. In der Feuerstelle
     auf der anderen brannte eine Flamme hell genug, um das Zimmer und den Tunnel zum Baumstumpf zu erleuchten. Neben dem Feuer
     stand ein Eisenkessel. Daneben waren verschmutzte Teller mit angeklebten Essensresten gestapelt, vielleicht in der Hoffnung,
     dass sie sich mit der Zeit selbst spülen würden.
    In einem hochlehnigen Stuhl an der Wand saß der langhaarige Mann und las. Seine wirren, grau melierten Brauen wuchsen wie
     Dorngestrüpp über seinen Augen. Er trug eine lose weiße Tunika mit hohem Kragen, der fast bis zum Kinn reichte. Ein paar Sekunden
     lang schien er nicht zu bemerken, dass ich zu ihm gekommen war.
    Ich steckte den Dolch zurück in meinen Beutel. Der Mann regte sich nicht. Unbehaglich räusperte ich mich.
    Der Mann schaute immer noch nicht von seinem Buch auf.
    »Danke für deine Einladung.«
    Jetzt rührte er sich. »Du bist herzlich willkommen. Würde es dir etwas ausmachen, den Riegel an meiner Haustür vorzulegen?
     Zugluft, weißt du. Ganz zu schweigen von den unsäglichen Bestien, die des Nachts herumstreunen. Du wirst den Riegel sehen.«
    Er schwieg, dann schien ihm etwas aufzufallen. »Und sag deinem kleinen Freund, dass er nicht verpflichtet ist sich zu uns
     zu gesellen. Er braucht sich nicht im Geringsten zu genieren. Bloß schade, dass er meinen frischen Kleehonig nicht kosten
     kann.«
    Plötzlich hörte ich oben im Tunnel eine zuschlagende Tür. Im nächsten Moment stand Shim neben mir.
    »Ich haben es mir anders überlegen«, sagte er kleinlaut.
    Der Mann klappte das Buch zu und legte es auf das Bord hinter seinem Stuhl. »Es geht nichts

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