Merlins Drache 01 - Basilgarrad
Schweigen des Zuhörens wie zuvor, sondern eine ehrfürchtige Stille. Selbst die Hoolahs hielten bei ihrem Ringkampf inne und saßen ruhig da.
»Dagda!«, rief der Feuerengel, seine Stimme prasselte wie Flammen. »Der Hirsch ist Dagda, der größte Gott der Weisheit.«
»Und die Hirschkuh«, brummte ein brauner Bär in der Nähe, »ist Lorilanda, die Göttin der Geburt und der Erneuerung.«
»Dagda und Lorilanda?« Basil schaute fragend Aelonnia an. »Sind sie wirklich hier?«
»Nicht die Götter selbst, nur ihre Gestalten. Hergekommen sind sie, um Merlin und Hallia zu ehren.«
Noch bevor die Gruppe den Ring der Hochzeitsgäste erreichte, schrie der Falke laut und sprang in die Luft. Instinktiv duckte sich Basil, er fürchtete die scharfen Krallen des Raubvogels. Doch der Falke flog direkt zur Mitte des Rings, wo der Magier und seine Braut warteten. Mit einem Luftstoß landete er auf Merlins Schulter.
»Verdruss!« Der Zauberer griff hoch und streichelte ihm liebevoll den Flügel. Dann schlang er einen Finger um eine Kralle, als würden zwei alte Freunde sich die Hände schütteln. »Verdruss, es ist schön, dich wiederzusehen.«
Der Falke sah ihn mit goldenen Augen an. Und dann streckte Verdruss seinen gefährlichen Schnabel in die Luft und stieß einen triumphierenden Pfiff aus.
Gerade da teilte sich der Zuschauerring wie durch ein stilles Kommando. Der Hirsch und die Hirschkuh mit dem Mann näherten sich Braut und Bräutigam.
Elen zog hörbar die Luft ein, sie hatte den Silberhaarigen erkannt. Überrascht legte sie die Hand aufs Herz. Denn nie hatte sie einen anderen so geliebt wie ihn: den Poeten Cairpré.
Er nahm ihre beiden Hände in seine. »Meine Liebe«, flüsterte er. »Ich habe mich nach dir gesehnt – ja, ständig. Doch heute, wenigstens in diesem Moment, sind wir wieder zusammen.«
Sie betrachtete ihn mit strahlenden saphirblauen Augen. »Und eines Tages, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werden wir für immer zusammen sein.«
Er drückte ihr schweigend die Hände.
Basil schaute von seinem Platz auf Aelonnias Schulter aufmerksam zu.
Selbst einem Barden,
erkannte er,
können die Worte fehlen.
Ein Windstoß wehte Schneeflocken über die Hochzeitsgäste, aber niemand schien es zu bemerken. Aller Augen waren auf den großen Geist Dagda gerichtet, der so dicht zu Merlin trat, wie sein Geweih erlaubte. »Du bist weither gekommen, Olo Eopia, durch viele Welten und viele Zeiten. Weit in der Tat.«
Als er Merlins wahren Namen mit seiner tiefen, angenehmen Stimme aussprach, nickte Dagda. Zugleich bildeten sich in der Luft Nebelstreifen um sein Geweih. Diese Streifen leuchteten geheimnisvoll und bogen sich ein- und auswärts, wanden sich manchmal um die Enden und schossen manchmal in leuchtenden Bögen in die Luft.
»Viel Zeit ist vergangen und überhaupt keine Zeit, seit ich dich letztes Mal gesehen habe«, fuhr Dagda fort, während der strahlende Nebel um sein Geweih tanzte. »An jenem Tag hast du Fincayras viele Arten zusammengebracht, endlich zu einer wahren Gemeinschaftnach Jahrhunderten des Leidens. Und für diese Tat gab ich deinem Volk Flügel.«
Der Geisterherr schaute hinüber zu Rhia. Mit einer dankbaren Verbeugung öffnete sie ihre durchsichtigen Flügel – teils Federn, teils Luft und teils Sternenlicht.
»An jenem Tag hast du uns allen gezeigt«, sagte Dagda weiter, »dass ein Leben, wie klein auch immer, einen Unterschied machen kann. Genau wie das kleinste Sandkorn eine Waagschale senken kann, so kann das Gewicht des Willens einer Person eine ganze Welt heben.«
Obwohl seine Worte Merlin galten, erreichten sie die ganze Versammlung. In Basils Kopf aber fanden sie ein seltsames Echo, fast als würden sie ihm zugeflüstert. Er schüttelte sich, überzeugt, dass die Schneeflocken in seinen Ohren ihm dieses Gefühl gaben.
»Diesen gleichen Idealen«, sagte Dagda zu dem Zauberer, »hast du in der Welt der Irdischen gedient, die Erde genannt wird. Doch du hast nicht vergessen«, fügte er mit einem Neigen seines Geweihs zu Hallia hinzu, »wo dein Herz wirklich liegt.«
Wieder war ein Echo dieser Worte in Basils Kopf. Auch als er sich schüttelte, hörte er immer wieder
wo dein Herz wirklich liegt.
Merlin holte inzwischen tief Luft. »So viele Hoffnungen ich auch für Camelot und seinen jungen König auf der Erde habe, war meine größte Hoffnung doch seit Langem, hier auf diesem Berggipfel zu stehen.« Er streckte Hallia eine Hand entgegen. »Mit dir.«
Sie nahm die Hand und trat
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