Merlins Drache 01 - Basilgarrad
jedes Jahr. Warum wurde dieses Reich so verflucht?«
»Nur die Windschwestern wissen, warum es immer dunkel ist in Schattenwurzel.« Sie wurde ein wenig langsamer, sodass ihm die Luft nicht ganz so kräftig entgegenblies. »Doch es geschah nicht wegen irgendeines Fluchs, o nein. Während dieses Reich viele Schreckenenthhält, das stimmt … enthhält es auch viele Wunder.«
»Wunder? Das kommt mir unwahrscheinlich vor.« Er schauderte. »Ich habe die Dunkelheit nie geliebt, Aylah. Für einen kleinen Kerl wie mich kann sie gefährlicher sein als ein Schwarm Klauenkondore.«
»Ah, aber selbst ein Klauenkondor ist nicht nur schlimm.«
»Du kennst sie nicht so gut wie ich! Im Vergleich zu ihnen sieht ein zorniger Drache wie ein Singvogel aus.«
»Aber die Finsternis, kleiner Wanderer, kann überraschende Vorteile bergen. Deshhalb kommen die Museos mit ihren seelenvollen Liedern aus Schattenwurzel. Deshhalb hhaben einige Elfen beschlossen, nicht in den Wäldern von Waldwurzel zu leben, sondern in den finsteren Tälern unter den immerdunklen Gipfeln. Und deshhalb ist der wahre Namen dieses Reichs Lastrael, das Elfenwort für
verborgene Schätze.«
Basil schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Aylah. Du wirst mich nie überreden. Lass mich dort hinunter, damit ich die Erde kosten kann, aber lange werde ich nicht bleiben.«
Sie blies ihm so kräftig ins Gesicht, dass seine Augen tränten. »Für einen tapferen Krieger, der einen Windfänger zerstört hat, klingst du ziemlich besorgt.«
»Wir fliegen in ein Reich totaler Finsternis! Ich bin nur sensibel, das ist alles.« Er blies zurück. »Jetzt bring mich hinunter, damit ich mein Versprechen haltenkann – obwohl ich nicht glaube, etwas Besonderes an diesem Ort finden zu können.«
»Gut, mein Wanderer. Und während du das machst, werde ich die Landschaft nach Merlin absuchen.«
»Aber wie? Du kannst ihn unmöglich sehen.«
»Stimmt. Selbst ich kann in dieser Finsternis nichts sehhen. Aber der Wind kann auch fühlen und hhören, und mit diesen Sinnen werde ich suchen.«
Abrupt sank sie und trug ihn hinunter in die dunkle Landschaft. Sein Herz klopfte unruhig, doch er versuchte, seine Ängste zu unterdrücken.
Ruhig jetzt. Was könnte an Schattenwurzel schlimmer sein, als was wir schon überstanden haben?
Während der Wind um ihn wirbelte und die losen Schuppen an seinem Hals flattern ließ, gab er sich Mühe, ruhig zu werden. Er wusste, dass Aylah ihn nie wissend einer Gefahr aussetzen würde. Und er wusste auch, dass er keine Wahl hatte, als zu reisen, wohin sie ihn trug.
Sie flog langsamer und wisperte ihm ins Ohr: »Du wirst im Echotal landen. Mach kein Geräusch, kleiner Wanderer, überhhaupt kein Geräusch. Denn in diesem Tal klingt ein einziger Seufzer so laut wie ein Sturm.«
Er schluckte und konnte seine böse Vorahnung nicht abschütteln. »Aylah, musst du wirklich … äh, mich verlassen … dort unten?«
Ein scharfer Zimtgeruch kitzelte seine Nasenlöcher. »Ich komme bald zu dir zurück. Und außerdem, wärstdu ein richtiger Wanderer, wenn du alle Reiche sehhen würdest außer diesem?«
»Wahrscheinlich nicht«, gab er zu. »Obwohl nicht viel zu sehen ist.«
»In diesem Reich siehst du nicht mit den Augen. Du musst mit deinem Geist sehhen, wie in einem Traum.«
Bei diesem Wort schrak er auf. Dunkle Flügel, knochig und gezackt, zogen durch seinen Geist. Und da war Merlin – sterbend? Durch wessen Schuld? Seine eigene? In der Erinnerung hörte er Dagdas tiefe Stimme:
Hüte dich. Hüte dich. Hüte dich
.
»Gleich verlasse ich dich, kleiner Freund. Wenn ich gut gezielt hhabe, wirst du bald die weichen Blätter von Ravenalaranken unter dir spüren.«
»
Wenn
du gut gezielt hast?«
Plötzlich spürte er, dass ein Blättergewirr seinen Bauch streifte. Er rutschte darüber, während der Wind abrupt aufhörte. Nach ein paar Sekunden glitt er zu einem Halt.
Doch gerade als sein Körper sich nicht mehr bewegte, begann ein stärker werdendes Geräusch. Zuerst leise wie eine ferne Brise, dann wurde es lauter. Basil machte sich auf mehr gefasst. Nach diesem Lärm musste es ein heftiger Sturm werden. Ängstlich klammerte er seine Füße an die Ranken unter sich
Dann fiel es ihm ein.
Du Idiot! Das ist das Echotal.
Der näher kommende Sturm war nur das Geräusch seiner eigenen Landung! Er hörte das vielfältige Echo seines Körpers, der über die Blätter glitt.
Bald war das Geräusch nur noch ein Rascheln. Dann ein Flüstern. Sekunden später
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