Merlins Drache 01 - Basilgarrad
meines Windes, selbst der leichteste Hhauch, die Fänge des Kreelix berührt – wird sofort alle meine Magie verschwinden. Und weil mein ganzes Wesen aus Magie besteht, werde ich, wenn ich verschwinde … auch sterben.«
Er stieß ein wütendes Knurren aus, das über dem lauten Rauschen des Windes kaum zu hören war. »Dann«, erklärte er, »werde ich Merlin helfen.«
»Du? Wie?«
»Ich weiß nicht, Aylah. Mein Körper besteht aus Fleisch und Knochen, nicht Magie. Also kann ich es wenigstens versuchen.«
»Nein, kleiner Freund, das kannst du nicht! Auch du bestehst aus Magie. Ich sehhe es im Leuchten deiner Augen. Nur eine Berührung dieser Fänge, und du würdest alles verlieren. Deine Magie – und vielleicht auch dein Leben.«
Er kniff die Augen zusammen. »Welche Magie ich auch haben mag, jedenfalls ist sie gering – sehr gering. Sie zu verlieren, wäre nicht schlimm. Aber Merlin verlieren? Das ist etwas anderes.«
»Unmöglich«, erwiderte die Windschwester. »Du kannst ihm nicht helfen.«
Mit einer Stimme, die viel mächtiger als sein Körper wirkte, antwortete er: »Die Flucht aus dem Windfänger – das war auch unmöglich.«
Aylah, die unentwegt auf den Bergrücken zusauste,antwortete nicht sofort. »Nun gut«, sagte sie schließlich. »Aber das hhat nichts mehr mit Kühnheit zu tun, kleiner Wanderer. Das ist Wahnsinn.«
»Meine Spezialität.« Die Erinnerung an den Windfänger belebte seinen Mut und stärkte seine kleinen Gliedmaßen. Dann, als sie den Kamm erreichten, sah er plötzlich den ganzen monströsen Umfang des Kreelix. Sofort verschwand seine Zuversicht.
Das Kreelix, geformt wie eine enorme Fledermaus, ragte über Merlin auf. Obwohl die Tunika des Zauberers sich vom anstürmenden Wind weitete, erschien er selbst sehr klein – ein Zwerg im Vergleich. Das böse Ungeheuer stand aufrecht auf dem Waldboden, hatte die großen hakenförmigen Flügel ausgebreitet und drängte ihn zu einem dichten Gestrüpp zurück, das unter einer großen alten Zeder wuchs.
In wenigen Sekunden erkannte Basil, dass Merlin sämtliche Fluchtwege abgeschnitten waren. Wenn er vorwärtsging, dann nur in die tödliche Umarmung des Kreelix, rückwärts in das undurchdringliche Gehölz. Und wenn er irgendeine Magie anwandte, würde sie auf der Stelle verschluckt werden. Der Zauberstab war zur Seite geworfen und lag nutzlos in einem Farnbusch.
Beim langsamen Näherkommen bewegte sich das Kreelix mit der Geschicklichkeit eines hochintelligenten Mörders, seine ledrigen Flügel peitschten die Luft und sein blutroter Schnabel war spöttisch verzogen. Aus diesem Schnabel streckten sich Merlin dreigebogene Fänge entgegen. Speichel tropfte von ihren schwertscharfen Spitzen und glänzte wie tödliches Gift.
Der Traum!
Ganz plötzlich erinnerte sich Basil daran – die Flügel, der Gestank des Todes, seine eigene Hilflosigkeit und Verzweiflung.
Es stimmte also. Alles stimmte. Merlin wird sterben … hier und jetzt.
Die schreckliche Wirklichkeit lähmte ihn und umkrampfte sein Herz. All sein Blut hörte auf zu fließen. Seine Lungen atmeten nicht mehr. Wenn der ständige Schmerz in seinem gebrochenen Flügel nicht gewesen wäre, hätte Basil noch nicht einmal gewusst, dass er überhaupt einen Körper hatte.
Warte,
sagte er sich.
Dieser Schmerz …
Sein Flügel war wirklich gebrochen. Er
hatte
einen eigenen Körper, ein eigenes Leben. Und er hatte noch etwas: die Wahl, wie er es nutzen wollte.
Er holte Luft, einen langsamen, unterbrochenen Atemzug. Aylah umkreiste inzwischen den Ort, sie peitschte die Äste mit ihrem Wind und versuchte, das Kreelix abzulenken. Doch das Monster achtete nicht darauf. Es kam Merlin immer näher und raschelte dabei drohend mit den dunklen Flügeln.
Plötzlich verstand Basil noch etwas. Diese Flügel waren es – so riesig und beängstigend –, die er in seinem Traum gesehen hatte. Nicht die eigenen! Und wenn die Flügel des Kreelix tödlichen Angriff bedeuteten … dann konnten seine eigenen Flügel, auch wennsie klein und verletzt waren, einen anderen Sinn haben. Einen ganz anderen.
»Aylah, trag mich näher!«
»Bist du sicher, kleiner Wanderer?«
»Ja. Jetzt, bitte!«
In einem panischen Wirbel senkte ihn die Windschwester hinab. Merlins Ärmel flatterten, während die ledrigen Flügel sich blähten wie Segel. Doch weder der Magier noch das Kreelix schienen etwas zu bemerken. Sie starrten einander weiter an und warteten auf ein Anzeichen von Schwäche.
Basils
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