Merlins Drache 03 - Die Schlacht der endlosen Feuer
Höhe erkannte, war Steinwurzel, das sich häufig in den Lücken zwischen den Ästen zeigte.
Aha! Jetzt weiß ich, warum es das hellste aller Reiche ist, eine Frage, die ich Aylah vor so vielen Jahren gestellt habe.
»Weil es zwischen den Ästen das meiste Licht empfängt«, erklärte Merlin sachlich. »Genau wie Schattenwurzel am wenigsten bekommt.«
»Wenn du schon alles weißt«, knurrte der Drache, »dann sag mir: Wie viel höher müssen wir denn noch steigen?«
»Nicht viel, alter Freund. Wir sind beinah dort.«
Basilgarrad spannte die Schultern an, während er wieder und wieder mit den Flügeln schlug. Sternenlicht schimmerte auf seinen Schuppen und ließ sie leuchten wie lebende Konstellationen. Sterne strahlten näher als je zuvor, sie schienen mit einem Licht, das physisch und spirituell zugleich war, die Essenz des Feuers ebenso wie die Quelle von Träumen. Eine gekräuselte Lichtlinie schimmerte über ihnen und durchschnitt die Mitte des Himmels: der Zeitenfluss. |274| Er teilte, so hatte Merlin ihm einmal erzählt, nicht nur die Sterne, sondern die beiden Hälften der Zeit, Vergangenheit und Zukunft.
Mit jedem Flügelschlag wurden die Sterne strahlender. Bald leuchteten sie so stark, dass Basilgarrad die Augen zusammenkneifen musste, um den Glanz zu dämpfen. Er schlug mit den Flügeln und stieg immer höher. Die Flügel fühlten sich schwerer an als je zuvor, fast zu schwer zum Heben.
»Schon gut, Basil!« Die Stimme des Magiers hallte ihm in den Ohren. »Halte hier an, ja? Ich brauche nur einen Augenblick.«
Während der Drache mit den Flügeln pumpte und vor Anstrengung stöhnte, schaute er hinauf in den dunklen Riss im Himmel. Zum ersten Mal sah er hier eine Veränderung, sieben dünne Kreise, die schwach in der Schwärze schimmerten. Könnten das die ausgelöschten Sterne sein? Und könnten sie mehr sein, als sie schienen? Irgendwelche Durchgänge vielleicht?
Merlin zog seinen Stab aus der Schlinge in seinem Gürtel. Er nahm ihn in beide Hände, pflanzte die Füße fest auf die Schuppen des Drachenkopfs und hob den Stab, so hoch er konnte. Er zeigte auf den dunklen Riss und sagte einen einfachen Satz:
»Bring das Licht zurück.«
Aus dem Stab stieg ein heller Blitz. Von ihm erstrahlte der Himmel so, dass viele Bewohner der Wurzelreiche drunten Zeugen des Ereignisses wurden. |275| Für den Barden und Sternengucker Inglo war es eine leuchtende Eruption, die wie ein explodierender Stern erschien. Den dunklen Elfen von Schattenwurzel erleuchtete der plötzliche Blitz einen kurzen Moment das ganze Reich und blendete ihre übergroßen Augen so, dass sie noch viele Tage lang brannten. Und Marnya zeigte der Blitz die Silhouette eines mächtigen Drachen vor dem leuchtenden Himmel.
Als der Blitz erlosch, senkte Merlin den Stab. Über seinem Kopf funkelten sieben Sterne wieder hell. Zufrieden gab er Basilgarrad einen Klaps aufs Ohr.
»Danke, alter Freund. Unsere Arbeit ist getan.« Dann sagte er so leise, dass der Drache es fast nicht hörte: »Bis auf eine letzte Aufgabe.«
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Eine kleine Bitte
Manchmal bitten Leute einen Freund um etwas, was sie nie von einem Feind verlangen würden.
W as für eine Aufgabe?«, fragte Basilgarrad mit einer Stimme, die über die Himmel schallte.
Ohne Merlins Antwort abzuwarten, neigte er die Flügel und ließ sie im Licht der wieder entzündeten Sterne schimmern. Langsam schwebte er hinunter. Sein funkelnder grüner Körper trieb wie ein riesiger Spielzeugdrache durch die verwobenen Äste des großen Baums – nur war in diesem Fall der Schwanz des Spielzeugdrachen der mächtige, gewellte Schwanz eines richtigen Drachen.
»Es ist weniger eine Aufgabe, Basil, als eine Bitte.« Der Bart des Zauberers flatterte im Wind und leuchtete wie eine silberne Flamme, die aus seinem Kinn wuchs. »Eine kleine Bitte.«
»Hmm.« Basil riss die enormen Augen auf. »Jetzt werde ich nervös.«
»Nicht nötig«, antwortete Merlin ein bisschen zu |277| schnell. »Schließlich bist du der größte Drache aller Zeiten!« Er hob die Stimme und schwelgte in seinem Thema. »Friedensflügel wirst du zu Recht genannt. Der unübertroffene Sieger der Schlacht bei der versiegten Quelle und der Held der Schlacht der endlosen Feuer. Und der Einzige außer Dagda und mir, der je den unsterblichen Kriegsherrn Rhita Gawr besiegt hat.«
Der Drache runzelte die Stirn und hob die Schuppen unter den Füßen des Zauberers. »Jetzt, nach all dem Lob, bin ich
sehr
nervös. Du willst etwas
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