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Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)

Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)

Titel: Merode-Trilogie 3 - Löwentod: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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Gerhard Chorus seine Augenbrauen. „Und mir erschien es als die wahrscheinlichste Lösung.“
Der Diener brachte Wein und eine Schale mit Trockenobst und stellte alles auf ein Tischlein aus Marmor zwischen den Bänken ab, bevor er sich wieder entfernte. Gerhard Chorus füllte zwei Becher und reichte einen seinem Gast. „Seid unbesorgt, der Wein ist verdünnt und wird Euren scharfen Verstand wohl kaum trüben.“ In seiner Stimme klang leichter Spott mit, doch es war kein bösartiger. Er hob seinen Becher und die Männer tranken sich zu.
„Verscheucht die Sorgen durch Wein, sagte der Römer Horaz.“ Gerhard stellte seinen Becher ab und griff nach einer Feige. „Doch manche Sorgen wollen sich einfach nicht verscheuchen lassen, nicht wahr?“
„Erlaubt mir eine Frage“, sagte Heinrich.
„Gewiss. Fragt, denn dazu seid Ihr ja gekommen.“
„Was ist Eure Meinung zu diesen seltsamen Morden? Glaubt auch Ihr, dass der sogenannte Löwenmörder im Auftrag der Jülicher handelt?“
Gerhard kaute nachdenklich auf seiner Feige herum. „Graf Wilhelm von Jülich und ich haben schon manchen Kampf miteinander ausgefochten. Nicht immer ging es dabei ehrenhaft zu. Doch was bedeutet heutzutage Ehre? Niemand, der gewappnet sein will gegen die Stürme der Zeit, kann sich noch Ehre leisten. Wie auch immer, der Graf und ich haben nie die Achtung voreinander verloren, trotz all der Scharmützel und Schlachten, die hinter uns liegen. Niemals käme Wilhelm auf den dümmlichen Gedanken, einen niederträchtigen Mörder anzuwerben, um sich auf diese gottlose Weise an der Stadt zu rächen. Was gewänne er dadurch?“
„Ihr wisst, die meisten Aachener denken darüber anders.“
„Ja, das tun sie. – Der Graf in seiner finst’ren Burg ...“
„... hat sich Böses ausgedacht . – Da ist ein Wilhelm wie der andere.“
„Ihr redet nicht eben wie ein Jülicher“, schmunzelte der Ritter.
„Betrachtet mich nicht als solchen, sondern als neutralen Gesandten des Grafen, der in dieser Stadt einen dringlichen Auftrag zu erfüllen hat: den Löwenmörder zu finden!“
„Was ist mit diesem Robert de Marle?“
Heinrich wunderte sich keineswegs darüber, dass Gerhard Chorus den Namen des Franzosen unvermittelt ins Spiel brachte. Hatte der Ritter nicht eben noch selbst zugegeben, über alles, was in der Stadt geschah, unterrichtet zu sein?
„Ein undurchsichtiger Bursche“, erwiderte Heinrich. „Wir werden versuchen, ihn ständig zu überwachen. Allerdings frage ich mich, welche Motive der Franzose wohl haben könnte, unbescholtene Bürger dieser Stadt um ihren Kopf zu erleichtern. Die Opfer haben das Schlachtfeld von Crécy weder vor noch nach jenem denkwürdigen Tag jemals betreten. Mit den Angelegenheiten der Franzosen und Engländer hatten sie nicht das Geringste zu schaffen.“
„Ihr glaubt also, dass die Anwesenheit des Franzosen zum jetzigen Zeitpunkt ein reiner Zufall ist?“
„Vielleicht ist es so, vielleicht auch nicht. Ich hoffe, dies bald herauszufinden.“
„Dennoch schwirrt etwas durch Euren klugen Kopf. Warum vertraut Ihr es mir nicht an?“
Heinrich kaute auf seiner Unterlippe. „Die Gertrudisnacht“, sagte er dann bedeutungsschwer. „Mehr als siebzig Jahre liegt dieses Ereignis zurück. Und dennoch ist es in den Köpfen der Aachener immer noch gegenwärtig.“
„Der Graf von Jülich überfiel die Stadt bei Nacht und Nebel, um sie zu erobern.“ Gerhard Chorus zwinkerte vielsagend mit einem Auge. „Doch die Bürger waren gewarnt worden. Angeführt von einem Schmied leisteten sie erfolgreichen Widerstand. Der Graf, seine Söhne und seine Gefolgsleute wurden in den Straßen der Stadt erschlagen. So weit die Sage.“
„Sage?“ Diesmal mimte Heinrich den Verwunderten. „Ihr, der große Ritter Chorus, bezeichnet dies als Sage?“
„Was wären wir Menschen wohl ohne unsere Sagen, Mythen und Legenden?“
„Was aber geschah wirklich in jener Märznacht 1278?“
„Warum fragt Ihr mich das, wo Ihr es ohnehin schon wisst?“
Die Männer grinsten sich an.
„Vielleicht“, erwiderte Heinrich, „um mich von Euch inspirieren zu lassen.“
„Dann will ich Euch nicht um Euren Geistesblitz bringen. In Wirklichkeit also war Graf Wilhelm bereits am Nachmittag mit seinen Leuten in die Stadt eingeritten. Offenbar war er vom damaligen König Rudolf beauftragt worden, Truppen für den bevorstehenden Feldzug gegen Ottokar von Böhmen anzuwerben; außerdem sollte er im Namen des Königs Kriegssteuern eintreiben. Freilich wähnten sich

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