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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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dem alten Mann
geistigen Diebstahl zu begehen, kaufte ihm Mark die Flasche für
30.000 Euros ab. Eine solche Summe hatte totemhafte Bedeutung. Dr.
Fateya erinnerte sie daran, daß Mr. Kahn ein angesehener
Journalist war, eine ernstzunehmende Person, die sicherstellen
würde, daß mit der Flasche verantwortungsbewußt
umgegangen werden würde. Dr. Fateya segnete den Tag, da Allah
ihn gesandt hatte.
    Aufgeräumt führte er sie die Treppe hinab. Die
Whiskyflasche war leer, und Harriet war leicht benommen zumute von
dem wenigen, das sie getrunken hatte. Dr. Fateya, der mehr als die
Hälfte der Flasche intus hatte, stand fest wie ein Fels. Unten
war keine Spur von der verdammten Dienerin zu sehen. Fateya holte
sich einen Schirm, zog ein Rollo vor dem Eingang zum Sprechzimmer
herab, verschloß es, drängte Mark und Harriet zur
Straße hinaus, winkte ihnen zu und eilte davon. Geschickt
schlängelte er sich durch die träge Menge. Wie Mark sagte,
war er auf dem Weg zur nächsten Bankasi.
    Die Fahrradrikschafahrerin hatte sich nicht von der Stelle
gerührt. Mark weckte sie, und sie machte sich auf den Weg
zurück ins Paradies-Hotel. Er hockte sich neben Harriet auf die
Bank aus Bastwerk unter dem flatternden Dach und zeigte ihr die
Flasche.
    »Hoffentlich weißt du, was du tust, altes Haus. Nach
fünfunddreißig Jahren erwartest du doch nicht, hier drin
einen identifizierbaren Impfstoff vorzufinden?«
    Sie nahm ihm die Flasche ab. »Völlig unwahrscheinlich.
Wir erfahren vielleicht etwas über das Medium, aber wenn es
gekühlt werden mußte, erwarte ich nicht einmal so viel.
Unseres Wissens nach hätte Professor Woodruff den Inhalt dieser
Flasche auch für seine mittägliche Tomatensuppe verwenden
können.«
    »Also ist das Geld für das andere Zeugs
gewesen?«
    »Natürlich.« Sie hielt sich das kalte Metall der
Flasche an die Wange. Sie war sowohl aufgeregt als auch benommen.
»Er hat uns Schätze geschenkt, Mark. Hast du das nicht
erkannt?«
    »Ich habe erkannt, daß dich die Idee deiner Karriere
vorangetrieben hat.«
    »Huckepack, Mark. Es ist wie eine Offenbarung. Eine Tür
öffnet sich. Nicht ganz ein Parasit, nicht ganz
selbstgenügsam. Ein Virus, so hergestellt, daß es
scheinbar auf einem anderen mitreitet, Lipid zu Lipid.
Erreicht genau dieselben Wirtszellen.«
    »Und vereitelt das unheilvolle Wirken des ersten?«
    »So einfach ist es nicht. Mehr wie eine Umwandlung – so
etwas geschieht, wenn Viren den Austausch von genetischer Information
zwischen Wirtszellen vermitteln.«
    »Sehr schön. Erinnere mich daran, dich ein ander Mal
danach zu fragen.«
    Ein Stand, der Körbe verkaufte, war vor ihnen auf der
Straße umgekippt. Als ihre Fahrradrikscha langsamer wurde und
stehenblieb, beugte sich von der einen Seite ein Bettler ohne
Hände herein und von der anderen Seite ein Mann, der koreanische
Handgelenk-Videogeräte verkaufte. Mark nahm ihr die Flasche ab
und verstaute sie sicher in seiner Tasche.
    »Wie dem auch sei, ihr Impfstoff hat keine Wirkung
gezeigt.«
    »Nein. Wir haben stets gewußt, daß Fateyas
Geschwätz von der Suche nach einem Mittel gegen AIDS, gelinde
gesagt, eine Übertreibung war.«
    »Übrigens, wie groß war denn sein Anteil an der
Arbeit?«
    »An der ursprünglichen Forschung? Gleich null. Das
Projekt war Woodruffs Projekt. Äußerst brillant und
innovativ. Es hätte das Unterste zuoberst gekehrt, wenn er nur
überlebt hätte.«
    Der Bettler stieß sie mit seinen Stümpfen an. An einem
davon hing eine Tasche, und sie stopfte Euro-Scheine hinein.
    »Wenn man Fateya so hörte, würde ich sagen, er war
bestenfalls Laborassistent.«
    »Nicht einmal Sanitäter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Alle seine Kenntnisse hat er
über die letzten fünfunddreißig Jahre hinweg durch
die Praxis erlernt. Er hat ursprünglich vielleicht in einem
Krankenhaus gearbeitet, nachdem er dem Raketenangriff auf das Zentrum
entronnen war.«
    Der Bettler war durch drei andere verdrängt worden, und ein
Verkäufer von pulverisiertem Rhinozeros-Horn hatte sich dem
Video-Mann zugesellt. Aber der Stau weiter vorn löste sich auf.
Die Wartezeit war vorüber. Harriet dachte über eine
Gesellschaft nach, in welcher die Frauen nicht einmal Bettlerinnen
sein durften.
    Sie fuhren weiter. »Wenn dieses Paravirus also nicht bei AIDS
funktioniert«, sagte Mark, »worin besteht dann die
große Sache?«
    Harriet sammelte ihre Gedanken. Sie verabscheute diese
Straßen. »Eigentlich zwei große Sachen.
Zunächst einmal hat Fateya gesagt,

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