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MERS

MERS

Titel: MERS
Autoren: D.G. Compton
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mich durch,
und ich reichte ihr meine Aktentasche und meine Kennkarte von Brandt.
Sie war nicht wie ich, sie hatte eine Infrarotlampe, die
Fälschungen aussonderte. Meine Karte ging durch, und sie legte
sie beiseite.
    »Was haben Sie vor?«
    Ich sagte zu ihr: »Ich muß eine Forschungsarbeit
beenden. Ist ’ne verdammt schreckliche Zeit, aber meine Leute
brauchen sie am Montag, ich möchte nicht gern den Termin
überziehen.«
    Renée nickte. Ich glaube nicht, daß sie besorgt war,
denn sie erkannte mich nicht: wenn sie nachts arbeitete, würde
sie die meisten Forscher bei Brandt nicht kennen. Sie nahm meine
Aktentasche und zog sich damit zu ihrer Kollegin zurück. Der
Nachteil an zwei Uhr morgens bestand in Wachen, die Zeit
totzuschlagen hatten. Sie sahen sich meine Aktentasche und den
Schrott darin gründlich an. Sie sahen meine Karte an, dann
wieder die Aktentasche. Sie beratschlagten lautlos hinter ihrem
Panzerglas. Daraufhin kehrte Renée zurück.
    »Wie lange wollen Sie bleiben?«
    »Ich weiß nicht genau.« Ich brauchte lediglich
fünf Minuten. Wie kurz durfte die Zeitspanne sein, daß ich
nicht auffiel? »Ein paar Stunden?«
    Meine Karte machte aus mir eine Chefberaterin. Ich war voll in
Ordnung. Ich war höflich und entspannt, und ich war
offensichtlich Stammgast. Ich war voll in Ordnung.
    Sie nickte. »Schön.« Sie gab mir meine Aktentasche
und hielt meine Karte zurück. »Ich bitte lediglich darum,
das Gebäude bis sechs Uhr verlassen zu haben. Dann kommt die
neue Schicht, und der Captain ist ein Pedant.« Sie hielt meine
Karte hoch. »Die meisten Firmenangestellten mit einer so alten
Karte wie Ihre haben neue Karten erhalten. Ist keine Regel, wir haben
es nur einfach gern so.« Sie reichte mir die Karte, und ich
steckte sie in die Tasche. »Der Captain ist eine von den Frauen,
die gern Schwierigkeiten machen. Sie würde uns einen Rüffel
erteilen. Sie glaubt ihren Job nicht richtig erledigt zu haben, wenn
sie nicht jemanden zum Anscheißen findet.«
    Ich erwiderte, daß ich diesen Typ kennen würde. Ich
dankte ihr und versprach, um sechs Uhr draußen zu sein. Sie
salutierte, und ich ging davon, die Zufahrt zum Hauptgebäude
hinauf. Mein Status als Chefberaterin hatte sich bezahlt gemacht. Nur
leitenden Angestellten gegenüber salutierte NatSich. Und dann
auch nur, wenn den Wächtern danach zumute war.
    Der Bereich innerhalb der Umgrenzungsmauern war gesäubert und
eingeebnet worden, und um zwei Uhr morgens schien er unter dem Glanz
der Lichter und Kameralinsen den Atem anzuhalten. Das breite Vordach
oberhalb der Eingangstüren wirkte wie eine Klinge rostfreien
Stahls, und die schwarze Panzerglasverkleidung zu beiden Seiten
spiegelte keine Bewegung wider. Bis sie mich beim Herankommen
widerspiegelte.
    Der Wachraum hatte der NatSich-Frau an der Tür telefonisch
Bescheid gegeben: die Tür öffnete sich für mich.
    »Guten Morgen, Ma’am.«
    Ich warf einen Blick auf ihr Namensschildchen. »Guten Morgen,
Netta. Ist kalt da draußen.«
    »Ja, Ma’am. In solchen Nächten weiß ich
Innendienst zu schätzen.«
    Ich durchquerte den Raum zum Schreibtisch an der Rückwand.
Der einzige Schmuck in Brandts Foyer war ein riesiges, leuchtend
gefärbtes Modell der DNA-Doppelhelix, das sich ungestützt
aus der Dunkelheit der darunterliegenden Stockwerke erhob und in der
Dunkelheit der darüberliegenden Stockwerke verlor. Es drehte
sich langsam, wobei es das Scheinwerferlicht einfing. Brandts
Mädchen hinter dem Schreibtisch hatte rosafarben geschminkte
Wangen und sah aus wie eine Schulabgängerin. Ihr Schildchen wies
sie als Marie aus. Ich setzte meine Aktentasche auf ihren
Schreibtisch, meine Karte obenauf.
    »Ist kalt da draußen.«
    Marie las meine Karte, verglich das drei Jahre alte Bild mit mir.
Ihr Blick wanderte mehrmals zu einer Stelle unter der
Schreibtischoberfläche. Meine Chancen waren gestiegen. Sie hatte
dort einen Fernseher mit abgedrehtem Ton stehen, den sie auf einen
der Kanäle eingestellt hatte, der die ganze Nacht lang sendete,
Sex oder Horror.
    »Ich werde im Büroflügel drüben sein«,
sagte ich, nahm meine Aktentasche wieder an mich und streckte die
Hand nach meiner Karte aus. Ich gab keine Gründe an. Jemand in
meiner Position täte so etwas nicht.
    Marie schrieb meinen Namen in ihr Buch und reichte mir die Karte.
Ich schob sie in den Schlitz beim Personaleingang. Er summte. Ich
versuchte es erneut. Erneut summte er.
    »Der Scanner ist verreckt«, meinte ich. »Ich hab
dem Mädchen gestern
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