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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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und den Hörer an Mark
weitergab, um ihn an die Wand zu hängen. Sie erzählte mir,
wie froh Magnus wäre, daß Mark, Anna und ich kommen
konnten.
    »Wir hätten warten und Annie fragen sollen«, meinte
ich. »Was ist, wenn sie etwas anderes vorhat?«
    »Dann werden wir ohne sie gehen.« Mark kehrte zum Tisch
zurück und schenkte sich Kaffee nach. »Seien wir doch
ehrlich, altes Haus, die Asgeirsons sind nicht hinter Annie her. Noch
nicht mal hinter mir.«
    »Warum also hinter mir? Selbst, wenn du recht hast und Magnus
von mir und der Ministerin gehört hat, wird er in diesem
späten Stadium kaum versuchen, mir den Hof zu machen.«
    »Das kann man nie sagen. Ich habe in der Branche gehört,
daß Brandts ganzes Programm ein Schlag ins Wasser gewesen ist.
Vielleicht hofft er darauf, seinen Gegenspieler aus dem Verkehr zu
ziehen, indem du seine Primatenanlagen benutzen darfst.«
    »Brandt wird bezahlt, Mark. Ich schulde ihm nichts.«
    »Vielleicht irre ich mich. Vielleicht wird’s bloß
ein lieblicher Nachmittag draußen auf dem Wasser
werden.«
    Aber das glaubte er nicht, und ich auch nicht. Wir kannten die
Asgeirsons seit Jahren, noch aus meinen Tagen damals bei Unikhem. Sie
hatten eine Tochter, Jenny, die etwa in Annas Alter war, und wir
hatten einige Sommerferien gemeinsam unten an der See verbracht, und
vergangene Weihnachten waren wir alle zum Skifahren in die
italienischen Alpen gefahren, aber dazwischen gingen Monate ohne
jeden Kontakt dahin. Sie hatten ihr Leben (Magnus war
Vizepräsident bei Brandt und lebte auch wie einer), und wir
hatten das unsere: aus einem Impuls heraus erfolgende Einladungen zum
Abendessen auf den Seen standen nicht auf dem Programm.
    Mir gefiel Gilas Beschreibung ihrer ›so etwas wie eine
Yacht‹. Wir hatten Bilder davon gesehen: es war ein
prächtiger Fünfundzwanzig-Meter-Katamaran mit der neuesten
H 2 -Energieanlage.
    Mark lächelte in sich hinein. Ich fragte ihn, worin der Witz
bestünde. »Ich dachte gerade ans Milhaus-Team. Mit euch
beiden Wanzenträgern draußen auf dem Wasser in einem Boot
werden sie Drachen benutzen müssen. Der Marandelsee liegt an der
Grenze.«
    Euch beiden Wanzenträgern… Vergangenen Nachmittag
hatte sich Mark einen Scanner aus seinem Büro geliehen –
ich hatte inzwischen genügend kriminelle Erfahrung und war nicht
davon überrascht, daß Reporter oft genug verwanzt wurden
und somit einen Scanner benötigten – und mich damit
überprüft, und Anna, als sie aus der Schule kam. Ich hatte
die beiden Wanzen, auf die wir bereits gekommen waren, und Anna hatte
eine mitten auf der Stirn, wie das dritte Auge eines Hindus. Sie
erinnerte sich sofort an eine Frau in der Straßenbahn mit
merkwürdiger, ringsum geschlossener Sonnenbrille. Sie tat jedoch
freundlich und sagte, sie sähe bleich aus, und befühlte ihr
die Stirn, ob sie Fieber hätte. Sergeant Milhaus oder jemand aus
ihrem Team.
    Mark erwies sich als sauber. Er hatte an jenem Morgen, dem kalten
Winter ein wenig voraus, Handschuhe sowie Ohrenschützer
getragen. Wenn der Winter voll gekommen wäre, wurde mir klar,
und Frostmasken in Gebrauch waren, müßte die SPU legal
verwanzen: Hausbesuche und das Geschwafel von wegen Anweisung der
Verwaltung. Arme Dinger.
    Ebenso, wie wir sie auf Wanzen scannten, hatten wir Anna von der
Ministerin erzählt und was wir zu tun planten und warum, und was
es für sie bedeutete, und dann hatten wir ihr die Wahl
überlassen. Ich glaube, wir waren fair gewesen. Ich hoffe, wir
waren fair gewesen. Aber für ein idealistisch veranlagtes
Mädchen, das seine Mutter liebte und bewunderte (der Himmel
möge mir beistehen!), war es, wie Mark gesagt hatte,
überhaupt keine Wahl. Sie hatte sofort den Sinn dessen
begriffen, was ich wollte, und sie wollte es ebenfalls.
    »Die Grenze?« Ich sah ihn an. Es war ein verlockender
Gedanke. »Könnten wir nicht…«
    Mark schüttelte den Kopf. »Selbst wenn wir es täten
– die SPU hat einen langen Arm. Und könntest du dein
Forschungsmaterial rechtzeitig zusammenbekommen?«
    Konnte ich nicht. Ich hatte nicht einmal damit angefangen.
Natürlich konnte ich das nicht. Es war eine verrückte
Idee.
    Bald darauf kam Anna herunter, das Haar naß vom Duschen, das
Gesicht abgetrocknet und glänzend. Sie war wunderschön. Sie
hatte ein langes, weit ausgeschnittenes Hemd übergestreift, und
mich überfiel jäh ein entsetzliches geistiges Bild einer
Sergeant Milhaus, die ihr ein Messer an die goldene Haut
drückte. Ich erhob mich vom Tisch –

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