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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Zu
leicht.
    Aufklärung ist großartig. Alte Wahrheiten können
ebenfalls großartig sein. Die Kunst bestand darin, das eine vom
anderen zu unterscheiden.
    Im Institut war das zersplitterte Glas in meinem Büro
aufgefegt und das Bild weggeräumt worden. Zurückgeblieben
war die leere Stelle zwischen den beiden Fenstern, wo es gehangen
hatte, eine Erinnerung an die Person (keine schlechte Worthülse,
oder?), an die ich als letzte denken wollte. Ich nahm Zuflucht zur
Arbeit, die sie am Samstag unterbrochen hatte, und destillierte die
Bedeutung einer Anzahl früher Strahlungstestergebnisse heraus.
Ziel dabei war es gewesen, den Prozeß der
Embryonenabstoßung im Syndrom zu duplizieren und so ansatzweise
zu verstehen. Dazu hatten wir eine heroische Gruppe Freiwilliger
benutzt, hatten diese einer Anzahl uteriner Eingriffe unterworfen,
eingeschlossen eine sorgfältig bemessene und abgeschirmte
Strahlung. Die Tests waren jetzt signifikant, weil sie viele
mögliche Mechanismen ausgeschlossen hatten, und sie hatten
solchermaßen die Richtung unserer Fragestellungen
eingeschränkt. Als solche sollten sie vielleicht mit einer
Fußnote in Natur gewürdigt werden, nicht mehr.
    Während ich an meiner Fußnote feilte, rief Maggi
über die interne Verbindung an.
    »Dr. Volkov für Sie, Boss.«
    »Schick sie rein!« Eine Gelegenheit, ihr zu sagen, wie
leid es mir getan hatte, daß sie bei der Party der Asgeirsons
gefehlt hatte.
    »Und ich hatte gerade Dr. Marton an der Strippe, Boss. Er
sagt, die Ministerin sei aus Rom zurück, und sie würde gern
ein Wort mit Ihnen reden. Ich habe erwidert, Sie könnten am
Nachmittag um drei dort sein.«
    »Das geht wirklich nicht, Maggi. Ich sollte eigentlich in
Urlaub sein. Warum hast du ihn nicht durchgestellt?«
    »Er wollte nicht. Er war in mieser Laune, Boss. Anfangs
wollte er Sie gleich jetzt da haben, auf der Stelle. Als ich ihm
gesagt habe, Sie hätten Urlaub, hat er gesagt, er
wüßte, daß sie im Büro wären. Und als ich
ihn auf heute nachmittag vertröstet habe, hat er gesagt, das
würde es wohl tun, aber die Ministerin müsse eine wichtige
Debatte im Parlament verlassen.«
    »Irgend ’ne Andeutung, was sie will?«
    »Nein, Boss. Aber es hörte sich nicht freundlich
an.«
    Ich seufzte. »Ich werd besser pünktlich sein.«
    Tatsache war, daß ich mich entlarvt fühlte. Ich
saß hier und arbeitete an dem Artikel, den ganz speziell sie
verboten hatte. Es schien schäbig. Ich kam zu dem
Entschluß, daß dieser nachmittägliche Plausch eine
gute Sache wäre: er würde die Atmosphäre reinigen.
    Wenn Oswald Martin schwierig war, so war es auch die Ministerin,
aber auf andere Art. Er war schwierig, weil er als staatlicher
Angestellter eifersüchtig bedacht auf seine Macht war: sie war
schwierig, weil sie als Karriere-Politikerin eifersüchtig
bedacht auf ihre Reputation war. Das war eine schlaue Beobachtung
meinerseits – klugscheißerisch, wie manche sagen
würden –, aber das half mir nicht viel. Ich hatte keinen
Hinweis, wie ich mich deswegen von Angesicht zu Angesicht verhalten
sollte. Aber ich war in der Vergangenheit schon gut mit der
Ministerin zurechtgekommen – wenn ich dieser politischen Dame
politische Vorteile für eine frühere Veröffentlichung
verschaffen konnte, änderte sie vielleicht ihre Meinung. Gab es
solche Vorteile?
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Mark war zuständig
für politische Vorteile, und er wäre jetzt zu Hause. Es war
ein guter Moment für einen Anruf.
    »Okay, Maggi, also die Ministerin um drei… Und, Maggi,
ich werde nachher eines meiner Treffen anberaumen, kannst du also
bitte bei der Familie herumrufen? Entschuldige dich, und ob sie es
bitte so einrichten könnten, in etwa einer halben Stunde in
meinem Büro zu sein?«
    Ich legte auf und wollte meine häusliche Nummer wählen.
Eine Bewegung ließ mich aufblicken. Natalya Volkov stand vor
meinem Schreibtisch. Ich brach ab – ich hatte vergessen,
daß Maggi sie hereingeschickt hatte.
    »Natya – schön, Sie zu sehen. Setzen Sie sich doch
auf Ihre vier Buchstaben!«
    Sie rührte sich nicht. Die Tür zum Vorzimmer hinter ihr
war unglücklicherweise geschlossen worden. Vermutlich von
ihr.
    »Ist etwas los, Natya? Sind Sie krank?«
    Sie wirkte krank. Sie war bleich, und die Hände, die sie vor
dem Bauch verschränkt hatte, zitterten tatsächlich.
    »Sie hätten zu Hause bleiben sollen. Sind Sie deshalb
nicht zu Asgeirsons gekommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht zu den
Asgeirsons

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