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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Ich weigere mich zu glauben, einer von uns…« Sie
vollführte eine Geste, die besagen sollte, daß sie das
Thema als erledigt betrachtete, und ein allgemeines zustimmendes
Gemurmel erhob sich.
    Liesl stand auf und ging zum Fenster. Unsere Virologin hatte den
größten Teil der grundlegenden Schinderei erledigt.
»Sie sagen, Unikhem kennt nicht die ganze Geschichte…«
Sie überprüfte die grauen Felssteine im Garten auf
Zuschauer, Zuhörer; auf die Leute, die, wie sie wußte,
stets unsichtbar waren. »Wie können Sie sich da so sicher
sein?«
    »Mein Kontakt hat einen Freund im Aufsichtsrat von
Unikhem.«
    Sie hatte die gespreizten Hände auf die Fensterscheibe
gelegt. Jetzt zog sie sie zurück, wobei sie einen Umriß
aus Kondenswasser hinterließ. Es sah aus wie Höhlenmalerei
und verschwand rasch. »Wie ich sehe, vertrauen Sie Ihrem
Kontakt. Aber können Sie seinem Freund vertrauen? Kennen Sie
seinen Freund?«
    Gute Fragen. Wie die meisten Leute neigte auch ich zu einem
Vorurteil: ich setzte eher auf Vertrauen. Es war schwierig, dieses
Vorteil zu überwinden.
    Maggi fing meinen Blick auf. Bei Treffen wie diesem hier ergriff
sie nie das Wort. Sie spürte, daß sie lediglich
Sekretärin war, und Sekretärinnen taten so etwas nicht.
Natürlich war sie noch viel mehr.
    Ich hob einen Finger. »Maggi?«
    »Verschafft Ihnen diese ganze Sache hier nicht ein verdammt
gutes Argument dafür, daß die Ministerin persönlich
einer Veröffentlichung zustimmt? Es spielt doch keine Rolle,
wieviel Unikhem bekommen hat – alles ist zu viel. Die Leute dort
werden nicht faul auf ihren Ärschen sitzen. Gebt einer
Wissenschaftlerin einen Ball, und sie läuft los.«
    »Also liegt es an uns«, meinte Gusso, »schneller zu
rennen.«
    Sie hatten recht. Ich wollte niemals in ein Wettrennen verwickelt
werden – einer der vielen Gründe, weswegen ich den privaten
Sektor verlassen hatte –, aber ich hatte eine beträchtliche
Summe an Steuergeldern ausgegeben, und die Steuerzahler sollten
dafür etwas zurückerhalten. Wenn mein Impfstoff
anschlüge, würden die Lizenzgebühren für die
Herstellung ihnen gehören, nicht Unikhems stinkreichen
Aktionären.
    Ich sagte: »Heute nachmittag habe ich ein Treffen mit der
Ministerin. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Karen stand auf. »Wir sollten alle mitkommen. Eine Abordnung
bilden.«
    »Das wird hoffentlich nicht nötig sein. Wir werden das
in der Hinterhand behalten.« Ich setzte mich vor. »Aber
dann sind also alle einer Meinung, daß ich auf sofortige
Veröffentlichung drängen soll? Nicht bis zum Kongreß
in Paris warten?«
    »Wenn mir Unikhem so im Nacken säße«,
murmelte Gusso seiner Nachbarin zu, »würde ich nicht mal
warten, um mir den Hintern abzuwischen.«
    Die Versammlung brach auf. Ich war Maggi dankbar. Priorität
hatten jetzt unsere Veröffentlichung, das Einreichen der Patente
und der Aufbau eines menschlichen Testprogramms, das von der WHO
überwacht wurde. Andere, quälendere Fragen konnten warten.
Hatte einer der Menschen, die jetzt mein Büro verließen,
schuldbewußt gewirkt? Hatte einer meinen Blick gemieden, an der
Kleidung herumgefummelt, mit den Füßen gescharrt, zu
heftig Protest eingelegt? Natürlich nicht. Sie waren meine
Freunde.
    Doch auch so hatte irgend jemand das Leck zu Unikhem
geschlagen, jemand, der Millionen, womöglich Milliarden zu
gewinnen hatte, falls Unikhem zuerst die Patente anmeldete. Das war
ein häßlicher Gedanke, denn er machte mich – und
über mich Anna – verzweifelt verwundbar. Wenn Sergeant
Milhaus, die doch keine große Leuchte war, gesehen hatte,
daß man mich am besten beeinflussen konnte, indem man meine
Tochter bedrohte, dann würde das die Unikhem-Seite auch so
sehen. Und wäre sie, wo es doch um Milliarden ging, nicht
gleichermaßen böswillig?
    Ich rief Mark an. Meine Hand auf dem Hörer zitterte. Es
kümmerte mich nicht, wie viele Zuhörer wir an der Strippe
hatten oder was sie zu hören bekamen. Ich mußte mit ihm
reden. Und alles, was ich ihm sagte, würde ich am Nachmittag der
Ministerin persönlich sagen. Politische Gründe für
sofortige Veröffentlichung waren nicht mehr nötig: Geld
sprach eine viel deutlichere Sprache.
    Mark wirkte beruhigend. Selbst seine Stimme am Telefon war
beruhigend. Als wir auf dem Rückweg von Knolle im Wagen die
Verstrickung von Unikhem besprochen hatten, hatte er sich auf die
Quelle des Lecks konzentriert: beide hatten wir nicht gesehen, in
welches Wettrennen mich die Sache hineinzog. Aber

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