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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Gründe
dafür nicht.«
    »Ihre Gründe?« Vielleicht hatte sie Natya
gegenüber andere Gründe vorgeschoben.
    »Ihre Forschung sei nicht vollständig. Dr. Harriet, das
stimmt nicht.«
    Sie hatte dieselben Gründe angegeben.
    Alles paßte zusammen. Fast alles. »Was ist mit
Professor Asgeirson und seinen Informationen über
Unikhem?«
    Ich bezweifelte, daß Asgeirson sich irrte. Auf einigen
Gebieten irrten sich Vizepräsidenten fürs Marketing
niemals. Aber ich glaubte Natalya, was sie und Unikhem anging. Mit
ihrem verbissenen Gefühl für soziale Gerechtigkeit, das
unberührt war von fünfzig Jahren der ex-sowjetischen
Variante freien Unternehmertums, hätte sie mich niemals an einen
derart ultra-kapitalistischen Feind verraten.
    »Nun, das wär’s dann, Natya. Ich bin sehr froh
darüber, daß Sie zu mir gekommen sind. Jetzt können
wir…«
    »Nein.« Sie hatte ihre Festigkeit wiedererlangt. Sie
trat schwer von einem Fuß auf den anderen und zog einen
Umschlag aus der Tasche ihres weißen Arztkittels. An
Rücktrittsgesuchen ist etwas Untrügliches – man riecht
sie auf hundert Meter gegen den Wind.
    Ich stand auf, ebenso schwer wie sie. »Bitte, stecken Sie das
wieder ein, Dr. Volkov. Ich würde es nicht annehmen. Die Klinik
braucht Sie. Das Projekt braucht Sie. Um Gottes willen, Natya, ich brauche Sie.«
    Es machte mir nichts aus, ob sie das Theatralische daran erkannt
hatte – es war eine gute Methode, und ich meinte es ernst.
    Sie befingerte behutsam ihren Umschlag, als ob er gleich
explodieren würde. Dann kam sie zu einem Entschluß,
stopfte ihn in die Tasche zurück und streckte die Hand über
meinen Schreibtisch aus. Ich schüttelte sie.
    »Gut.« Sie holte sich einen Stuhl, und wir ließen
uns beide nieder. Sie beugte sich vor, stellte die russischen
Ellbogen auf meinen Schreibtisch. »Erzählen Sie mir von
Unikhem, Dr. Harriet.«
    Nachdem sie Buße angeboten hatte, konnte sie jetzt
weitermachen. Vernünftige Natya. Ich berichtete ihr, was
Professor Asgeirson mir berichtet hatte.
    »Also hat es hier im Institut zwei Spione gegeben.«
    Ich sagte, das sei lächerlich. Sie hätten einander auf
die Füße treten müssen.
    Sie nickte. »Ich habe bestimmt keinen anderen gesehen. Aber
welche Möglichkeit besteht sonst?«
    »Ich habe ein Familientreffen in einer halben Stunde
anberaumt. Vielleicht finden wir’s heraus.«
    »Ich glaube nicht, daß einer von uns an Unikhem
verkauft.«
    »Ich auch nicht. Aber wer sonst hat Zugriff?«
    Dieselbe Frage war ich mit Mark auch schon durchgegangen. Jetzt
ging ich sie mit ihr durch. Bald würde ich sie erneut beim
Treffen durchgehen. Ich mußte mir ins Gedächtnis
zurückrufen, daß ich vor einer halben Stunde über die
Vorstellung gelacht hätte, Natalya könne eine Spionin sein.
Also war nichts unmöglich.
    Meine Leute trafen ein. Davor hatte ich mich die ganze Nacht lang
gefürchtet. Ich berichtete ihnen vom Leck in Richtung Unikhem
und von meiner Annahme, daß es meine Änderungen der
Zugriffscodes abgedichtet hätten, ehe Unikhem genügend
Daten erhalten hätte, aus denen sie ihr eigenes Therapieprogramm
schneidern konnten. Noch wichtiger war, ich berichtete, weswegen ich
es ihnen berichtete. Wir alle standen unter Verdacht, ich selbst
eingeschlossen – vielleicht insbesondere ich selbst, wenn ich
nämlich erraten hätte, daß die Ministerin meine
Veröffentlichung möglicherweise blockieren würde. Wenn
sie irgendwelche Ideen hätten, würde ich sie liebend gern
hören.
    Ich erzählte ihnen nichts von Natalya Volkov und der
Ministerin. Darin lag kein Sinn. Es hätte sie beunruhigt, und es
schloß auch die Möglichkeit nicht aus, daß sie diese
Informationen an Unikhem weitergab. Erneut war nichts
unmöglich.
    Es war eine erschreckende Ansprache, die ich zu halten hatte. Ich
versuchte, jedem einzelnen von ihnen herzlich und fair in die Augen
zu sehen. Sie waren meine Freunde. Wir nannten uns die Familie.
Anschließend lag eine Weile lang ein Schweigen über meinem
Büro, das schwer geladen war von den sechs miteinander geteilten
Jahren unseres gemeinsamen Unternehmens.
    Gusso ergriff zuerst das Wort. »Ideen? Ich habe keine.
Theoretisch könnte sich jeder von uns als Hacker im
Instituts-Computer betätigen, aber sichere Kombinationen sind
sichere Kombinationen. Wir sind weit entfernt vom alten
Drei-nach-rechts-drehen- und-zwei-nach-links. Für einen
Außenseiter besteht keine Möglichkeit, sie zu
lesen.«
    Karen drückte ihre Zigarette aus. »Es muß jemanden
geben.

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