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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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auf den Fuß, den er hin- und
herdrehte, und spreizte dabei die Zehen. »Ich hab mal ’ne
Schwester gehabt. Hab ich dir, glaub ich, noch nicht erzählt.
Sie ist nach Afrika gegangen, um gute Werke zu tun. Die dortigen
Schwarzen haben geglaubt, sie wollte das auf dem Rücken tun.
Vielleicht wollte sie’s ja sogar, die dumme Fotze, aber nicht
so. Nicht für den Massenmarkt.« Er lachte rauh. »Sie
hat nicht lange durchgehalten.«
    Dazu hatte Daniel nichts zu sagen. Breitholmer traf eine
Entscheidung, schwang die Beine vom Sofa und stand auf. »Also.
Keine dicke Luft. Wie ging’s deiner Schwester?«
    »Gut.«
    »Ich würd sagen, sie hat gut ausgesehen. Sonst
nichts?«
    »Um Christi willen, was soll ich denn deiner Ansicht nach
sagen? Sonst nichts.«
    »Okay, Corporal, okay…« Er kam zur Bar und beugte
sich darüber, wobei sich ihm die Kante des Braunglases in den
muskulösen Bauch drückte. »Also trete ich dir manchmal
in den Hintern. Du zahlst für alles hier – du kannst mir
sagen, ich soll zum Teufel gehen. Hier gibt’s keinen
Rangunterschied, Corporal. Aber wenn wir jetzt ein bißchen
zurückgehen, weiß ich, daß da was an dir nagt.«
Er legte Daniel eine Hand auf die Schulter. »Ich möchte dir
helfen.«
    »Da nagt nichts. Harriet geht’s gut. Da nagt
nichts.«
    Breitholmer starrte ihm mit den grauen Augen in die seinen. Die
Hand schloß sich fester.
    »Ist nicht viel. Sie sagt, meine Mama ist lesbisch geworden.
Sie hat’s selbst gesagt, verdammt.«
    Breitholmers Hand schloß sich immer fester. Vor Schmerz
brach Daniel der Schweiß aus. Er hielt es durch, und der Druck
der Hand lockerte sich. Breitholmer knuffte ihn leicht.
    »Siehst du, Corporal? Wir dürfen keine Geheimnisse
voreinander haben. Ich hatte recht, dir in den Hintern zu
treten.« Daniel wußte, daß er ihm nicht glaubte.
»Sieh’s doch einfach mal von dieser Seite her, Corporal.
Sag doch noch mal – wie alt bist du?«
    »Ich bin siebenundzwanzig.«
    »Also sieh’s doch mal von dieser Seite her an. Sei froh,
daß sie nicht vor siebenundzwanzig Jahren herausgefunden hat,
daß sie homo ist. Sonst wärst du im Keim erstickt worden,
ehe du auch nur angefangen hättest.« Er knuffte ihn erneut.
»Ich bin übrigens zweiundfünfzig.«
    Er tappte über den hellen Fichtennadelmuster-Boden in sein
Schlafzimmer. Als er in Hemd und kurze Hose gekleidet
zurückkehrte, war Daniel gerade um die Theke gegangen, um die
Karten wegzuräumen, die Harriet und er sich angesehen hatten. Er
hörte damit auf und entfaltete sie statt dessen.
    »Ich hab mir überlegt«, sagte er, »warum
fahren wir, du und ich, nicht weg? Auf ein Wochenende in die Berge.
Buchen ein Camp.«
     
    Nach ihrem Besuch bei Danno kehrte Harriet nicht ins Krankenhaus
zurück. Sie ging auch nicht nach Hause zu Karl. Sie suchte die
nächste Straßenbahnhaltestelle und fuhr zu den Haldanes
hinaus. Liese war inzwischen von der Arbeit zurückgekehrt, und
sie führten ein langes Gespräch. Sie kamen überein,
daß sie so bald wie möglich eine gemeinsame Wohnung finden
mußten und daß Liese nach der Geburt des Babies ihren Job
aufgeben würde. Es war die offensichtlichste Lösung. Sie
würden keinen formellen Vertrag aufsetzen, aber Liese kannte
sich von der Arbeit her in Ko-Erziehung aus, und Unikhem würde
Harriet genügend für alle drei bezahlen. Stets unter der
Annahme, daß das Jobangebot noch immer stand und noch stehen
würde. So viele Harriet Ryders gab es nicht.
    Als sie spät in der Nacht von den Haldanes nach Hause
zurückfuhr, mußte Harriet im Stadtzentrum umsteigen. Trotz
der späten Stunde war der Platz heiß und staubig. Seine
Tage als Sex-Supermarkt waren vorüber, aber noch immer
flanierten ein paar Prostituierte unter den Bäumen. Das
älteste Gewerbe der Welt lief schlecht. Harriet war
überrascht, daß sich die Frauen darunter noch immer ihren
Lebensunterhalt damit verdienen konnten – so viele Frauen waren
doch froh, den Sex zu verschenken. Blieben da wirklich noch
genügend Männer übrig, die in ihrem Sex ein
kommerzielles Element haben wollten, jene distanzierte, nicht zu
beurteilende, häßliche Transaktion, die ihnen nur eine
Bezahlung schenken konnte? Sie dachte, wie glücklich sie sei,
Karl zu haben, und überlegte, was sie nach dem Baby in puncto
Sex anfinge. Ohne weitermachen? Sie war sich verteufelt sicher,
daß sie sich nicht dem verzweifelten Fleischmarkt
anschließen würde, den der Bevölkerungsrückgang
hervorbrachte.
    Während Harriet auf die Straßenbahn

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