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Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall

Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall

Titel: Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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normal. Keiner von ihnen begann den Tag damit, dass er Mist schaufelte. Plötzlich wurde sie gewahr, dass zumindest ein Bewohner dieser so fremden Welt ihr Eindringen bemerkt hatte: ein Gentleman von unermesslicher Vornehmheit und Würde, der mindestens wie ein österreichischer Erzherzog zur Jahrhun dertwende aussah.
    »Mrs. Foster?«, fragte diese vornehme Person.
    »Mr. Schuhmacher erwartet Sie. Würden Sie bitte hier entlang kommen?« Zoë öffnete den Mund, doch sie brachte nicht ein Wort heraus. Sie folgte dem Gentleman gehorsam durch den Saal, unsicher schwankend auf den ungewohnten hohen Absätzen, während sie sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch suchte. Sie war sicher, dass inzwischen sämtliche Augen auf sie gerichtet waren. Nicht, dass sie den Mut aufgebracht hätte, in irgendeines der fremden Gesichter zu blicken; sie fühlte, dass es so sein musste. Zu Hause in ihrem Caravan hatte das Kostüm aus dem Wohltätigkeitsladen definitiv schick ausgesehen. Jetzt wirkte es nur noch trostlos, und seine Herkunft schien so offensichtlich, als hinge am Kragen noch das Preisschild des Ladens. Sie hatte sich die Haare gewaschen, aber Föhnen war nie ihre starke Seite gewesen, und so hatte sie es wie üblich trocknen lassen, wie es gerade wollte. Jetzt bedauerte sie, dass sie nicht an die kleine Kasse gegangen war und sich zu einem Besuch beim Frisör aufgerafft hatte. Doch dazu war es zu spät. Sie näherten sich einer Ecke des Saals, wo ein Tisch mit Hilfe einer großen Topfpalme diskret gegen neugierige Blicke abgeschirmt worden war. Schuhmachers kraftvolle Gestalt erhob sich, um sie zu begrüßen.
    »Ich bin sehr erfreut, dass Sie kommen konnten«, begrüßte er sie und umschloss ihre feuchte Hand mit seiner mächtigen Tatze. Krächz. Versuch’s noch mal. Räuspern.
    »Sehr freundlich von Ihnen, mich einzuladen …« Nachdem es ihr unter Mühen gelungen war, etwas zu sagen, fühlte sie sich besser. Und dann erwachte unerwartet ein rebellisches Gefühl in irgendeinem Winkel ihres Unterbewusstseins. Was spielte es für eine Rolle, wenn sie nicht hierher passte? Was hatte er denn anderes erwartet? Er war unten beim Schutzhof gewesen und hatte sie in Arbeitskleidung gesehen. Was sollte sie ihm vormachen? Und mit diesen Gedanken fiel jede Lähmung von ihr ab.
    »Ich bin neugierig, was Sie mir wegen des Asyls vorschlagen möchten«, sagte sie selbstsicher.
    »Ja. Später. Mögen Sie einen Drink?«
    »Nein …«, setzte sie an, doch dann zögerte sie. Ja, verdammt, sie wollte – einen großen.
    »Gin und Tonic, bitte«, sagte sie laut.
    »Dies hier«, sagte Schuhmacher, als sie hinter der Palme Platz genommen hatten und ein Oberkellner den Gin Tonic respektvoll vor ihr abgestellt hatte,
    »dies hier ist ein Kompromiss zwischen einem privaten Speisezimmer und einem Essen unter den Augen aller anderen Gäste. Ich mag es nicht, wenn ich angestarrt werde.«
    »Ich auch nicht!«, gestand Zoë ein wenig überrascht. Sie errötete, als ihr wieder einfiel, woher das Kostüm stammte, das sie trug, und sie überlegte, ob sie möglicherweise unnötig Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte.
    »Sie sehen bezaubernd aus«, sagte Zoës Gastgeber.
    »Warum sollten die Leute Sie nicht ansehen? Mich starren sie an, weil sie wissen, dass ich der Besitzer dieses Lokals bin, in dem sie sich amüsieren. Daher sehen sie keine Veranlassung, mich beim Essen in Ruhe zu lassen, und kommen einfach herbei, um eine Konversation anzufangen. Deswegen esse ich nicht gerne unter den Augen meiner Gäste in meinem eigenen Re staurant.« Er lächelte. Zoë kicherte. Eric legte seine muskulösen Unterarme auf den Tisch und verschränkte die Hände. Der Überlebende zahlloser vergangener Auseinandersetzungen auf dem Eis, der Kollisionen, Fouls und Rempeleien seines erwählten Sports fand sich mit einem völlig unerwarteten Lächeln belohnt. Dies war ein Spiel, in dem er sich unsicher fühlte wie ein blutiger Anfänger, und keines seiner früheren Talente war auch nur von geringstem Nutzen.
    »Ich bin froh, dass Sie lachen«, sagte er.
    »Sie sehen, ich bin kein Monster. Hätten Sie etwas dagegen, mich Eric zu nennen, und darf ich Zoë zu Ihnen sagen? Es ist ein hübscher Name. Ich meine Ihren, nicht meinen. Meiner ist ein wenig altmodisch geworden.« Er blickte sie melancholisch an, als hätten seine Worte weitere Erinnerungen ausgelöst, die er nicht gern in Worte kleidete.
    »Ja, selbstverständlich«, sagte sie.
    »Und Eric ist kein übler Name.

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