Messer, Gabel, Schere, Mord: Mitchell& Markbys Vierter Fall
Tiere nicht verkaufen, weil sie zu unberechenbar geworden waren. Die einzige Alternative wäre der Pferdemetzger gewesen.«
»Und die anderen?« Eric deutete auf den Cob, den Vollblüter und das Exmoorpony mit der hellen Nase.
»Das Exmoor wurde ebenfalls vor dem Metzger gerettet. Es war das Reittier von einem Kind, und als das Kind zu groß geworden war, konnten die Besitzer keinen Käufer finden und wollten es loswerden. Zum Glück hat Mrs. Batt davon gehört und ist eingeschritten. Manche Menschen sind richtig herzlos. Der Schecke hingegen war vollkommen verwahrlost. Menschen ohne jede Ahnung von Pferden haben ihn geerbt und dachten, man müsse nichts weiter tun, als das Tier auf eine Weide zu lassen. Doch die Weide war zu mager, und ohne Zusatzfutter fing das Tier an zu hungern. Es wäre fast gestorben und war in einem schrecklichen Zustand, als es hier ankam. Man konnte sämtliche Rippen sehen, und weil die Hufe nie geschnitten worden sind, waren sie so gewachsen, dass sie wie große Stiefel aussahen. Das arme Tier konnte kaum noch lau fen.« Zoë hielt gedankenverloren inne. Sie rieb sich die Nasenspitze und verschmierte diese dabei mit Schmutz.
»Das Vollblut ist zusammengebrochen und war damit wertlos geworden. Es würde keine Rennen mehr gewinnen. Es hat auch vor seinem Zusammenbruch nie gewonnen. Es war nie gut genug. Doch Mrs. Batt hat das Tier geliebt, und sie ist auf ihm geritten, bevor ihre Arthritis zu schlimm wurde. Es ist ein gutes Tier, aber nervös, und manchmal keilt es aus. Maud, die verschwundene Eselin, wurde an der Straße gefunden. Irgendjemand hatte sie einfach ausgesetzt, und wir haben nie herausgefunden, wer ihr Besitzer war. Sie hatte schreckliche Wundstellen, aber wir konnten sie heilen. Jetzt leidet sie unter Arthrose. Oh, und sehen sie die graue Stute dort unter den Bäumen? Sie war im Besitz eines skrupellosen Züchters und hatte ein Fohlen nach dem anderen, bis sie völlig am Ende ihrer Kräfte war. Mrs. Batt ist eingeschritten und hat das Tier gerettet.« Eric grunzte. Nachdenklich musterte er Zoë und sagte dann:
»Sie haben Schmutz auf der Nase. Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich das sage?«
»Was? Tatsächlich?« Zoë kramte in ihren Taschen.
»Ich hab kein Taschentuch dabei.«
»Bitte sehr«, sagte Schuhmacher und bot ihr sein makelloses weißes Batisttüchlein an.
»O nein, das könnte ich niemals benutzen! Es ist viel zu schade!« Zoë rieb sich mit dem Ärmel durch das Gesicht.
»Ist es weg?«
»Ja.« Eric steckte sein verschmähtes Taschentuch wieder ein. Zoë wartete, doch der Schweizer hatte keine Fragen mehr. Zögernd begann sie:
»Mir ist bewusst, dass all diese Tiere in finanzieller Hinsicht wertlos sind. Sie sind nicht einmal hübsch. Manche sind im Gegenteil ausgesprochen hässlich. Die meisten beißen oder treten. Obwohl sie mich«, fügte sie hastig hinzu,
»obwohl sie mich nicht attackieren, weil sie mich kennen. Und bei der armen kleinen Emma sind sie allesamt lammfromm. Ich hoffe so sehr, dass ihr nichts passiert ist!« Zoës Gesicht wurde düster.
»Wo kann sie nur stecken? Wenn ich doch letzte Nacht bloß etwas gehört hätte! Das Scheunentor knarrt, und Emma hat ganz bestimmt hier und da Lärm gemacht! Ich fühle mich so schuldig! Die arme kleine Seele, sie muss vollkommen verzweifelt gewesen sein wegen Maud.« Schuhmacher sah zu dem rostenden Caravan hinter der Scheune hinüber.
»Ist das Ihr Zuhause?« Seine Stimme klang kalt und missbilligend.
»Ja. Der Anhänger ist ziemlich alt und nicht besonders gut in Schuss.«
»Er ist alt, ja«, sagte Eric.
»Und unansehnlich. Verstehen Sie mich richtig, Miss Foster, ich möchte Ihre Einrichtung keineswegs herabwürdigen oder beleidigen.« Mit einer Handbewegung umschloss er das gesamte Gelände.
»Aber stellen Sie sich vor, Sie wären Gast in meinem Hotel. Sie wollen einen kleinen Spaziergang unternehmen. Aber was ist das? Plötzlich steigt Ihnen dieser grässliche Gestank in die Nase. Und dann entdecken sie diese von Flöhen zerbissenen Tiere.«
»Die Tiere haben keine Flöhe!«, protestierte Zoë indigniert. Schuhmacher ignorierte ihren Zwischenruf.
»Diese baufällige Scheune und dieses Wrack von einem Wohnwagen. Das ist nicht die schöne Landschaft, die meine Gäste sehen wollen.«
»Aber es ist das echte Land!« Zoë verspürte einen zunehmenden Widerwillen angesichts der Litanei von Beschwerden.
»Oder wollen Ihre Gäste vielleicht gar nicht sehen, wie das Land wirklich aussieht?
Weitere Kostenlose Bücher