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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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Blut.«
    Sie hörte die Verachtung für die Tassari aus seiner Stimme heraus, ohne dass er sie aussprechen musste. War das das Einzige, was er noch für sie empfand? Verachtung?
    Für das Gefühl, das ihre Brust von innen verbrannte, hatte sie keinen Namen, aber sie musste davor fliehen. Jetzt! Ihre Beine bewegten sich, bevor sie nachdenken konnte, und sie rannte los. Rannte über die Dächer, ohne anzuhalten vor den Straßenschluchten, über die sie einfach hinwegflog. Diesmal nicht getrieben von einem Rausch, sondern von einem Brennen in ihrer Brust, das weniger schmerzte, je schneller sie rannte.
    Schon bald hatte sie die letzte Hauswand erreicht, den letzten Abgrund, über den sie nicht springen konnte. Acht oder neun Schritte beim Tanz der Schmetterlinge, also etwa drei Aufwärmschritte. Niemals in einem Sprung zu schaffen! Aber nichts konnte sie aufhalten, sie spürte den Wind in ihren Haaren und unter ihren Beinen, alssie noch schneller wurde, noch schneller … Und plötzlich trug der Wind sie auf eine Hauswand zu, die viel zu weit entfernt war. Von fern hörte sie einen leisen Aufschrei, wie aus einer anderen Welt. Sie schloss die Augen und streckte Arme und Beine so weit auseinander, wie sie es noch nie getan hatte.
    Die Landung schmerzte an allen Körperstellen, die sie kannte, und an vielen, die sie noch nicht kannte. Ihre Beine gerieten ins Straucheln, fingen sich aber gleich darauf wieder und machten den nächsten Schritt. Und den nächsten. Und den nächsten.
    Das Brennen verwandelte sich endlich in den Rausch, den sie ersehnt hatte. Divya ließ die Kraft der Verzweiflung in ihren Muskeln explodieren. Und sie tanzte! Tanzte den lästigen Verstand aus ihrem Kopf, tanzte ohne jede Regel. Sie fühlte nur, wie alles ineinanderfloss. Die Anmut von Rudjas Tanz des Frühlings, Tajans drohende Körperhaltung beim Nahkampf – und auch die lasziven Bewegungen der tanzenden Tassarifrau am Feuer. Als alles eins war – der perfekte Tanz! –, wirbelte Divya wie ein Sandteufel um sich selbst, wobei ihre Hand zum Rücken fuhr. Abrupt blieb sie stehen und schleuderte ein Messer durch die Nacht. In der Holzlatte, die Tajan zuletzt für Wurfübungen benutzt hatte, vibrierte die Klinge noch eine Weile nach, genau auf der weißen Markierung. Einen Schritt weiter stand Tajan mit bleichem Gesicht.
    »Daneben«, kommentierte er tonlos.
    »Nur wenn ich auf dich gezielt hätte«, gab Divya zurück und blieb völlig außer Atem stehen.
    Auch als Tajan langsam auf sie zukam, rührte sie sich nicht. Ihre Beine gehorchten ihr plötzlich nicht mehr. SeinBlick bohrte sich in ihren wie bei einem Streit, dessen Worte sie nicht hören konnte. Dann schlang er die Arme um sie und drückte sie voller Kraft an sich. Einen Kuss hatte sie sich immer anders vorgestellt. Zart und vorsichtig. Aber dieser hier war wild, leidenschaftlich und ließ alles in ihr weich werden. Jeder Widerstand schmolz dahin, als sie ihre Hände auf seinen Rücken legte, ihre Lippen öffnete und den Kuss erwiderte. Es war, als atmete sie seine Gefühle für sie ein. Als fiele sie in eine warme Höhle, in die sie sich für den Rest aller Zeiten verkriechen wollte. Niemals mehr ohne ihn sein! Niemals mehr ohne seine weiche Haut, den Geruch seiner Haare und das Prickeln, das seine Finger auf ihrer Haut hinterließen.
    Erst eine ganze Weile später schob sie ihn ein Stück von sich weg und sah ihn fragend an. Als würde sie nach einer langen Nacht erwachen und in den Tag blinzeln. Die Träume hinter sich lassen müssen.
    »Dann kannst du also damit leben, dass ich eine Tassari bin?«
    Er blickte zu Boden, als müsste er seine Gedanken vor ihr verschließen.
    »Nein, du wirst damit leben, keine zu sein.«
    Divya schwieg verwirrt. Sie verstand nicht.
    »Du wirst mit niemandem darüber reden, dich nie wieder auffällig nach den Tassari erkundigen und nie wieder zu ihnen gehen.« Langsam sah er auf, um ihre Reaktion zu sehen. »Vielleicht kannst du ja auch dein Haar etwas heller färben. Und es tut mir leid, aber du darfst nie wieder tanzen. Das würde dich verraten.«
    Divya riss sich von ihm los.
    »Weißt du, was du da von mir verlangst?«
    »Weißt du, was du von mir verlangst?«, fragte Tajan zurück. »Ich bin Hauptmann der Wache. Ein Sujim. Ich kann mir eine Frau aus jeder Kaste wählen, wenn mein Herr der Wahl zustimmt. Aber ich kann nicht mit einer Tassari zusammen sein.«
    Divyas Weltbild war in den letzten beiden Nächten schon mehrmals zusammengestürzt wie ein

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