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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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einen Blick zu, so voller Kälte, dass sie eine Gänsehaut bekam. »Dieses Volk muss gezähmt werden, unterdrückt, gefoltert und – notfalls ausgedünnt. Ich habe lange genug mit angesehen, wie die letzte Regierung viel zu lasch mit den Bürgern umging. Für ihre Taten müssen sie hart bestraft werden! Und jetzt wirst du mir sagen, wer dich schickt und wo sich der Feigling versteckt.«
    Seine Finger tanzten wieder über die Amulette, und Divya spürte die Panik in sich aufsteigen. Noch hatte er ihr keine Gelegenheit gegeben, die Silberplatten von der Decke zu reißen, und die Lichter sorgten noch immer dafür, dass sie ihn nicht angreifen konnte.
    »Du sagst mir, wer dich geschickt hat«, sang Sannean eindringlich. »Erzähl mir alles über ihn!«
    Also tat sie alles, was ihr noch übrig blieb: Sie schloss die Augen und versuchte sich an die Meditation von Tajan zu erinnern. Noch nie war es ihr so schwergefallen, sich auf ihr Innerstes zu konzentrieren, denn das Blut in ihren Adern pumpte mit jedem Herzschlag das Wort ›Gefahr‹ in ihren Kopf. Und ihr Mund wollte sich öffnen, um alles über die Rebellen und ihre Verstecke zu erzählen.
    »Ich könnte für Euch tanzen«, presste Divya hervor, während sie in Gedanken die Worte herunterrasselte, die Tajan immer gesprochen hatte, wenn sie meditierten.
    »Tanzen?«, fragte der Magier erstaunt. »Wem sollte das nützen?«
    Divya beachtete ihn nicht. Sie machte ein paar Schritte und war so froh darüber, dass es ihr gelang, ohne dass die Lichter sie hindern konnten, einfach mit dem Tanz zu beginnen. Sannean sah überrascht zu, und sie bemühte sich, ihn zumindest ein paar Atemzüge lang zu faszinieren. Der innere Rhythmus half ihr, sich von allen anderen Gedanken frei zu machen, genau wie früher auf dem Dach. Als sie spürte, dass ihre Beine sich wieder ungehemmt bewegen konnten, machte sie eine vorsichtige Drehung. Ihre Umgebung verschwamm, während ihr Körper alle Fesseln löste, und sie stellte sich vor, wie sie über die Dächer flog und den Wind auf ihrer Haut fühlte.
    Ein kurzer Blick genügte, um zu sehen, dass der Magier noch immer an seinem Platz stand und wieder auf sie einredete, aber sie hörte ihn nicht mehr.
    Sie holte aus, und in einer wirbelnden Drehung erwischte ihr Stiefel den Kopf des alten Mannes. Sannean torkelte ein paar Schritte rückwärts. Ihr Geist hatte sich frei gemacht von der Beeinflussung der Lichter ! Es war also möglich.
    Das wäre der Moment gewesen, um nachzusetzen, aber als sie ihn erreichte, berührten seine Finger bereits wieder die Silberplatten.
    »Du kannst nicht mehr tanzen und greifst mich nicht mehr an«, sang er hastiger und atemloser als zuvor. »Du gehst zum Fenster und springst hinaus.«
    Divya erkannte zutiefst erschrocken, dass er im Gegensatz zu ihr keine Hemmungen kannte, Menschen zu töten. Aber was hatte sie aus ihrer Konzentration herausgerissen? Ihr Gewissen? Ihr Mitleid für den alten Sannean, der große Liebe und großen Verlust erlebt hatte? Nun, offenbar wardieser Mann tatsächlich vor fünfundzwanzig Jahren gestorben. Das Wesen hier vor ihr war so kalt und so hart wie ein Stein im Winter.
    Divya konnte sich kaum noch wehren, nachdem ihr Kopf ihr sogar den Tanz verboten hatte. Ihre Schritte wirkten nur leicht verzögert, sodass der Magier sie ungeduldig an den Schultern fasste und sie eigenhändig zum Fenster schob.
    In diesem Moment fiel ihr Blick auf eine kurze Flöte, die er um den Hals hängen hatte. Die gleiche, die der Wächter im Keller gehabt hatte. Es gab Verbindungsgänge zwischen den Wachstuben aller Stockwerke, eine Art Alarmsystem …
    Später wusste sie nicht, ob ihr Geist noch klar gewesen war, als sie auf diese Idee kam. Es war so abwegig! Und doch ihre einzige Rettung.
    Innerhalb eines Herzschlags griff sie nach der Flöte, drehte sie und pustete hinein. Der schrille Pfiff schmerzte in ihren Ohren und unterbrach ihre Meditationsversuche endgültig. Wütend riss der Magier an der Kette, warf sie mit der Flöte in eine Ecke und schob Divya weiter. Dann ging er zurück zu seinen Amuletten und legte die Finger wieder darauf.
    »Geh zum Fenster und spring!«
    Divya spürte die Worte in ihrem Kopf, während ihre Beine sich ganz von allein bewegten, jenseits ihrer eigenen Befehlsmöglichkeiten. Langsam kletterte ihr willenloser Körper in das kleine Fenster, schob die Beine voraus und ließ sich an der Außenmauer hinabgleiten, bis sich nur noch die Fingerspitzen am Sims

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