Messi
sofern die Eltern dort Mitglied sind. Sind sie es nicht, kommt das Programa Médico Obligatorio [das öffentliche, steuerfinanzierte Gesundheitssystem] für die Kosten auf. Ansonsten gibt es auch noch den nationalen Beratungsausschuss für Kinder mit Wachstumshormondefiziten, der seit 1991 eine kostenlose Behandlung ermöglicht.“
Diese Version steht in deutlichem Gegensatz zur Darstellung der Familie Messi. Vater Jorge zufolge stoppten die private Krankenversicherung und der Fürsorgefonds des Acindar-Werks bereits nach zwei Jahren die Übernahme der gesamten Behandlungskosten. Angesichts der Fortschritte des Kindes waren die Funktionäre von Newell’s zunächst einverstanden, einen Teil der Kosten zu tragen, nämlich für jede zweite Spritze. Aber schließlich kamen die Zahlungen immer später an. „Wir sind so oft dort gewesen, um nach dem Geld zu fragen, bis meine Frau schließlich zu mir sagte: ‚Ich werde nicht länger bitten.‘ Und genauso geschah es dann auch“, sagt Jorge, der alles dafür tat, eine Lösung für das Problem zu finden.
Jorge Messi erinnert sich: „River Plate hatte ein Büro in Rosario eingerichtet. Das war eine Chance für den Jungen und auch eine Möglichkeit, Druck auf Newell’s zu machen. Wir fuhren zu einem Probetraining nach Buenos Aires, und Leo trainierte in Belgrano [Stadtteil von Buenos Aires, in dem River Plate beheimatet ist] mit. Als sie ihn für ein erstes Spiel auf den Platz schickten, erkannten sie seinen Wert und dass er mehr als nur ein kleines Kind war. ‚Wir wollen ihn haben‘, sagten sie mir, ‚aber nur, wenn du die Bürokratie für uns erledigst und Newell’s dazu bringst, ihn gehen zu lassen.‘ Anders ausgedrückt: Die wollten keinen Ärger mit Newell’s. Also passierte nichts. Newell’s bekam Wind von der Sache und bat mich, ihn dort zu lassen. Sie machten weitere Versprechungen. Und dann kam Barcelona …“
Nachdem wir nun etwas mehr Klarheit in die Sache gebracht haben, wird erkennbar, dass sich die Messis und Schwarzstein zumindest in einem Punkt einig sind: „Der Wachstumshormonmangel und seine Behandlung sind lediglich eine Randnotiz – wirklich entscheidend sind die fußballerischen Fähigkeiten des Jungen.“ An dieser Stelle erhebt sich der Arzt aus seinem Sessel, schreitet in seinem Arbeitszimmer auf und ab und gibt eine Reihe von Reflexionen eines leidenschaftlichen Fußballanhängers von sich. Mit großer Inbrunst redet er über Sprintstärke, über Ballkontrolle und über „Leos Grenzen, die niemand so wirklich erkennen kann; und dann sind da noch die porteños , die Einwohner von Buenos Aires, die neidisch auf einen Spieler sind, der so gut wie nie die Hauptstadt betreten hat. Hierzulande ist es für den Erfolg nämlich unabdingbar, dass man für eine der großen Mannschaften aus Buenos Aires spielt. Man nehme nur Batistuta – der kam zwar auch von Newell’s, wurde aber in Argentinien erst berühmt, als er zu Boca ging.“
Wir lassen den Fußball nun für einen Moment Fußball sein und gehen noch einmal einen Schritt zurück. Die Behandlung mit den Wachstumshormonen mag in der Tat nur eine Randnotiz sein, aber man sehe sich nur einmal einen kürzlich in La Capital erschienenen Artikel an, dessen Überschrift lautet: „Sie wollen Messis Medizin für ihre Kinder.“ Im Text heißt es weiter: „Seitdem Messis Behandlung öffentlich geworden ist, hat sich das Wachstumshormon für viele Menschen in den ‚Zaubertrank‘ verwandelt, der kleine Kinder groß werden lässt. Viele Eltern machen sich bei einer kleinen Statur große Sorgen. Das gilt besonders dann, wenn die Kinder in die Vorschule kommen und mit anderen verglichen werden. So ein Vergleich aber ist niemals gesund, weil das gewöhnliche Wachstum sehr unterschiedlich verläuft. In den meisten Fällen hat eine kleine Statur genetische Ursachen oder sie muss auf Mangelernährung in den ersten beiden Lebensjahren oder ein verzögertes Wachstum zurückgeführt werden (für das es keine spezielle Therapie gibt). Dennoch verlangen viele Eltern von ihren Kinderärzten die gleiche Behandlung, wie sie Leo Messi zuteil wurde.“
„Daran sieht man, welche negativen Folgen es haben kann, die medizinische Behandlung eines berühmten Fußballspielers über die Medien zu verbreiten, nämlich Fehlinterpretationen durch Eltern und die Bevölkerung im Allgemeinen“, hält der Doktor entgegen. „Das alles wäre nicht passiert, wenn die Sache die Vertraulichkeitsebene zwischen Arzt, Patient
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