Messi
will wissen, ob es die Sache wirklich wert sei, die Verantwortung für die Familie eines 13-jährigen Jungen zu übernehmen. Charly beantwortet dies positiv, es handele sich dabei um ein notwendiges Risiko. In der Zwischenzeit läuft die Zeit weiter. Oktober und November verstreichen, ohne dass es zu der erwarteten Entscheidung kommt. Am 4. Dezember ruft Minguella bei Rexach an. Sie treffen sich im Restaurant des Pompey Real Tennis Club auf dem Montjuïc. Auch Horacio Gaggioli, der seinerzeit die Interessen der Familie Messi vertritt, ist zugegen. Gaggioli erinnert sich, dass er am meisten Druck machte: „Charly, nun sind wir doch so weit gekommen. Entweder du lässt ihn bei dir spielen, oder der Junge geht woanders hin …“, und er fügt hinzu: „Ich habe nicht geblufft. Wir hatten wirklich schon mit Real Madrid gesprochen.“
„Die vertrauten weder mir noch dem FC Barcelona. Die wollten etwas Schriftliches haben oder die Verhandlungen abbrechen“, sagt Rexach. „Ich war felsenfest davon überzeugt, dass wir uns diesen Jungen nicht durch die Lappen gehen lassen konnten. Also schnappte ich mir eine Papierserviette und kritzelte so in etwa darauf, dass der Verein Leo Messi bei Annahme der vereinbarten Bedingungen verpflichten würde. Ich unterschrieb das und gab ihnen den Zettel.“
Auch Minguella und Gaggioli unterschrieben auf der Papierserviette (ein sorgfältig aufbewahrtes Relikt). Es ist eine Ehrenerklärung, die gleichwohl unzureichend ist. Bevor sie mit Kind und Kegel nach Barcelona aufbrechen, wollen die Messis Garantien haben. Das geht mit den Reisekosten los und endet mit einem Arbeitsplatz für Jorge, der seine Stelle bei Acindar kündigen muss, will er seinem Sohn und der übrigen Familie folgen. Charly Rexach arbeitet hart an der Lösung des Problems, aber dies erweist sich als nicht gerade einfach. „Anfangs konnten wir keinen regulären Vertrag machen. Er war ein Junge, der in der Jugend spielen sollte, aber irgendetwas Schriftliches mussten wir fixieren, und das taten wir dann auch.“
Am 8. Januar 2001 wird im Via Veneto, einem anderen Restaurant in Barcelona, die endgültige Übereinkunft erzielt. Der damalige Manager der Profiabteilung, Joan Lacueva, trifft sich mit dem Koordinator der Nachwuchsakademie, Joaquim Rifé, der mit Blick auf die Zukunft den Verein zu den notwendigen Anstrengungen bewegen will, Messi zu holen. Und er bittet um einen Bericht des begeisterten Rexach, der einfach nur schreibt, dass Messi unglaublich sei. Darauf gehen zwei Briefe an Jorge Messi. Einer stammt von Charly und bestätigt die sportliche Vereinbarung mit der Familie seitens des FC Barcelona. Der andere kommt von Lacueva und betrifft die finanziellen Details. In dem Schreiben werden die Einzelheiten des vom Verein anzumietenden Hauses ebenso festgelegt wie das Honorar von sieben Millionen Peseten (42.000 Euro), das der Vater für seine Tätigkeit beim Verein erhalten soll. Diese Lösung ist genauso gut wie ein Honorar für den Spieler selbst, der jedoch nur zu einem Stipendium berechtigt gewesen wäre.
Der Brief reicht, um die Messis davon zu überzeugen, dass sie nun wirklich ihre Koffer packen können. Am 15. Februar 2001, mitten im katalanischen Winter, landet die gesamte Familie auf dem Flughafen von Barcelona.
10 Latigazo
Gespräch mit Fernando „Chiche“ Niembro, argentinischer Kommentator bei Fox TV
Reden wir ein bisschen über Messi und seinen Wechsel nach Spanien.
„Er machte keinen Zwischenstopp in Buenos Aires und kam noch nicht einmal auf der Durchreise dort vorbei. Der internationale Flughafen Ezeiza, von dem aus er in Richtung Europa aufbrach, liegt außerhalb der Stadt. Er verließ Argentinien als Kind mit Wachstumsproblemen und explodierte in Barcelona geradezu. Die Spanier schnappten ihn uns vor der Nase weg, und erst danach fanden wir heraus, dass es da drüben einen Jungen mit linker Klebe gibt, der ziemlich gut ist. Was damals passierte, kommt heute immer öfter vor. Die großen Vereine aus Europa verpflichten noch ganz junge südamerikanische Spieler. Die müssen noch nicht einmal in der ersten Liga spielen oder Meister geworden sein, um weggekauft zu werden. Man holt sie mit dem Hubschrauber aus der Favela und steckt sie in die dortigen Fußballschulen. Dieser Exodus talentierter Jugendspieler schadet unseren Ligen.“
Wie würden Sie Messi heute einschätzen?
„Im Augenblick ist Messi ein latigazo [ein Peitschenhieb].“
Was heißt das?
„Er ist ein destabilisierender
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