Messi
fand ich wirklich toll, aber … in solchen Fällen habe ich immer die Sorge, dass die Kassette von irgendeinem Spielervermittler stammt. Außerdem war der Junge noch nicht sehr alt … Also sagte ich mir, nein … ich warte noch eine Weile. Erst mal reise ich mit der U17 nach Finnland. Wenn ich wieder da bin, finde ich dann mehr über diesen Spieler heraus. Alle erzählten sie mir Großartiges über ihn. Also traf ich mich mit Grondona [dem Präsidenten des argentinischen Fußballverbands AFA] und arrangierte, den Jungen in zwei Freundschaftsspielen gegen Paraguay und Uruguay zu beobachten.“
Besagter Junge war Leo Messi, ein Unbekannter auf der anderen Seite des Atlantiks. Und jene berühmte Videokassette, die an Tocalli geschickt wurde (der damals für den Jugendbereich der AFA zuständig war und heute als Trainer des argentinischen Erstligisten Quilmes Atlético Club arbeitet) kam von Claudio Vivas. Dieser war Assistent von Marcelo „El Loco“ Bielsa, dem „Verrückten“, seinerzeit Trainer der argentinischen Nationalmannschaft und heute Nationaltrainer Chiles. Vivas war einst Spieler und später Trainer bei Newell’s. Er war neugierig, weshalb sein ebenfalls aus Rosario stammender Landsmann, der ja auch ein ehemaliger Aussätziger war, in Europa so hohe Wellen schlug. Vivas hatte Messi viele Jahre zuvor in der Escuela de Fútbol Malvinas kennengelernt. So neugierig war er, dass er beschloss, dem Trainer für ein eigenes Urteil eine Videokassette mit einigen der besten Szenen seines Landsmanns zu schicken.
Der Plan geht auf. Die beiden Freundschaftsspiele werden nun wie geplant organisiert, um Leo in Aktion zu sehen. Bei der ersten Anfrage, die Barcelona Anfang Mai zugestellt wird, ist Leos Name falsch geschrieben. Die AFA bittet darum, einen gewissen „Leonel Mecci“ für eine Reise nach Argentinien eine Zeit lang freizustellen. Die Anfrage wird höflich abgelehnt, weil Leo noch Einsätze in der Copa del Rey zu bestreiten hat. Ende Juni passe besser. Die AFA hat es nun sehr eilig, ihn für Argentinien spielen zu sehen. Leo lebt seit drei Jahren in Spanien und spielt in den Jugendmannschaften von Barça. Es besteht die Gefahr, dass man ihn verliert und er im Trikot der Furia Roja , der spanischen Nationalmannschaft, aufläuft. Und das ist keineswegs nur eine vage Bedrohung. Knapp ein Jahr zuvor hatte U16-Nationaltrainer Ginés Meléndez Leo während der Copa de España in Albacete bereits angeboten, für Spanien zu spielen. „Nein, danke“, erhielt er als Antwort. Obwohl Leo auf der Iberischen Halbinsel lebt, fühlt er sich durch und durch als Argentinier. Doch wer weiß, ob der Junge nicht bei etwas größerer Hartnäckigkeit vielleicht seine Meinung ändern könnte? Besser, man kommt dem spanischen Fußballverband zuvor.
„Er kam an einem Montag an und sollte mit der U20 trainieren“, erinnert sich Tocalli. „Er war ein ziemlich schüchterner Junge, er kannte niemanden, und niemand kannte ihn.“ Während sich seine Mannschaftskollegen – Spieler wie Pablo Zabaleta, Oscar Ustari oder Ezequiel Garay – in der argentinischen Meisterschaft schon einen Namen gemacht haben, ist Leo noch völlig unbekannt. Er verzieht sich in eine Ecke der Umkleidekabine im Stadion der Argentinos Juniors und bekommt kaum ein Wort heraus. Doch als er trainieren und mit dem Ball arbeiten soll, ändert sich sein Verhalten. Urplötzlich ist er nicht mehr so verschüchtert, wie es zunächst den Anschein hatte. Der Chef mag ihn – er schätzt sein Können und seine Geschwindigkeit, aber Leo wirkt noch nicht allzu stark.
Das Spiel gegen Paraguay findet am 29. Juni statt. Leo steht nicht in der Startaufstellung, einerseits aufgrund seines Alters, andererseits aber auch aus Respekt vor der Mannschaft. Außerdem will man ihn nicht zu sehr unter Druck setzen. Erst in der zweiten Halbzeit, in der 50. Minute bei einer 3:0-Führung für Argentinien, kommt Tocalli zu ihm. Er legt Leo eine Hand auf die Schulter und sagt ihm, er solle sich für die Einwechslung bereit machen. Aufgeregt und überrascht stürmt der Floh erstmals im hellblau-weiß-gestreiften Trikot auf den Platz. Und er zeigt, was er kann: Er nimmt den Gegner auseinander und schießt ein Tor.
„Er war im Training schon gut, doch im Spiel war er noch mal beeindruckender“, sagt Tocalli. Das Freundschaftsspiel endet 8:0, und der Youngster hat die Trainer schwer beeindruckt – so sehr, dass Tocalli noch am selben Abend einen Telefonanruf von José Pekerman, seinem
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