Messi
und mir heute einen Traum erfüllt habe.“ Und nun? Nun muss Pekerman einen Ausweg aus einem Dilemma finden. „Sein Land fordert von ihm, Messi von Beginn an zu bringen und nicht bis zur 74. Minute zu warten. Und die Presse, die weiß, was sich gut verkauft, will das ebenfalls. Und, meine lieben Freunde, welche Presse und welches Land würde das nicht wollen?“, schreibt Barças Veteran und heutiger Trainer Pep Guardiola in der spanischen Tageszeitung El País . „Nur er [Pekerman] weiß, was er mit seinem Genie anfangen soll. Niemand zweifelt daran, dass Messi ihm über 90 Minuten das Gleiche geben würde wie über 15. Gestern war wie ein Bonbon, das eine Mutter versteckt, ja sehr gut versteckt in ihrer Handtasche bei sich hat und ihrem Kind augenblicklich geben kann, wenn es nicht aufhört zu weinen. Und das klappt immer, selbst dann, wenn es nur für 15 Minuten ist.“
Letzten Endes ist die Entscheidung dann doch nicht so schwierig, denn das letzte Spiel in der Gruppe C gegen die Niederlande hat keine Bedeutung mehr. Beide Mannschaften sind bereits für das Achtelfinale qualifiziert und spielen lediglich noch den Gruppensieger unter sich aus. Pekerman kann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Tévez und Messi stehen in der Startelf, während Saviola und Crespo geschont werden, auch um Gelbe Karten zu vermeiden, die eine Sperre im folgenden Spiel nach sich ziehen könnten. Schlussendlich sind alle glücklich – besonders diejenigen, die das kleine Genie aus Rosario wieder im Einsatz sehen wollen.
Am 21. Juni wird Lionel im Frankfurter Stadion von Johan Cruyff, Michel Platini, Franz Beckenbauer und Diego Armando Maradona, natürlich im hellblau-weißen Trikot gekleidet, erwartet, also der Crème de la Crème des WM-Fußballs. Leo steigt als Letzter aus dem Mannschaftsbus, mit seinen iPod-Kopfhörern im Ohr, und er zieht sich auch als Letzter um und wärmt sich als Letzter auf, nachdem er zuvor noch einen Blick auf den Platz geworfen und ein kleines Schwätzchen mit Giovanni van Bronckhorst und Marc van Bommel, seinen niederländischen Mannschaftskollegen beim FC Barcelona, gehalten hat. Als es an der Zeit ist, den Platz zu betreten, wartet er mit allem Respekt in der Reihe. An den Füßen trägt er ein speziell für seinen WM-Auftritt entworfenes Paar Schuhe von Adidas. Darauf befinden sich sein Name, die Sonne der argentinischen Flagge, die Worte „Die Hand Gottes“ und ein Datum: der 22. Juni 1986. Am folgenden Tag wird es 20 Jahre her sein, dass Diego bei der WM 1986 seine zwei Tore gegen England erzielt hat – eines mit der Hand und eines mit dem Fuß.
Auf den Rängen steigt die Spannung. Welche Wunder wird Lionel dieses Mal für sie bereithalten? Wenn er schon in 15 Minuten Chaos und Zerstörung anrichten konnte, wer weiß dann schon, was er in 90 Minuten alles zu tun vermag? Doch dies wird nicht seine Nacht, er bleibt auf dem Platz fast wirkungslos. In der ersten Hälfte beackert er den rechten Flügel, wo er von Tim de Cler bewacht wird. Messi hat elf Ballkontakte, verliert einmal den Ball und bringt es auf sieben ordentliche Pässe. In der zweiten Halbzeit wechselt er auf den linken Flügel, wo er von Kew Jaliens gedeckt wird. In 23 Minuten bringt Lionel es gerade einmal auf drei Ballkontakte, von denen auch nur einer wie vorgesehen weitergespielt wird. In der 69. Minute ersetzt Pekerman ihn durch Julio Cruz. Es gibt nicht viel Nennenswertes zu vermelden: ein harmloser Linksschuss und ein paar brillante Pässe – einer in die Tiefe zu Cambiasso, den der niederländische Torwart Edwin van der Sar nur mit Mühe abfangen kann, ein unglaublicher Ball für Maxi Rodríguez und ein wunderschöner Doppelpass mit Riquelme, den er mit einem neben dem Tor landenden Schuss abschließt.
Es war das mit größter Spannung erwartete Spiel der Vorrunde der WM, eine Begegnung zweier starker Mannschaften, die sich in der Geschichte schon mehrfach gegenüberstanden – man denke nur an das WM-Finale von 1978. Gleichwohl wurden die hohen Erwartungen nicht erfüllt. Einige Journalisten unterstellen geradezu gehässig, dass Messis eher durchschnittliche Leistung Pekerman den perfekten Vorwand liefern werde, ihn wieder auf die Bank zu setzen. Und so kommt es dann auch.
Am 24. Juni, seinem 19. Geburtstag, bleibt er erneut für 84 Minuten nur Zuschauer. Dieses Mal schlagen sich die Argentinier nicht besonders gut: Gegen das von ihrem Landsmann Ricardo La Volpe trainierte Mexiko steht die Albiceleste mit dem Rücken
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