Messi
zur Wand. Als Messi für Saviola aufs Feld kommt, steht es 1:1. Das Spiel geht in die Verlängerung. Doch dann ändert der Junge vom FC Barcelona den Rhythmus des Teams, gibt dem Spiel die erforderliche Tiefe und leitet schließlich ein fantastisches Tor von Maxi Rodríguez ein. Wenngleich es ein härteres Stück Arbeit als erwartet gewesen ist, hat Argentinien doch das Viertelfinale erreicht.
Am 30. Juni treffen die Argentinier in Berlin auf Gastgeber Deutschland. Vor ihnen liegen 120 Minuten Spielzeit, von denen Leo Messi keine einzige auf dem Platz stehen wird. Es soll ein Mysterium und der Streitfall eines Spiels bleiben, das mit einer Niederlage der Argentinier im Elfmeterschießen endet (2:4, nachdem es nach der Verlängerung 1:1 gestanden hatte).
Aber warum blieb ausgerechnet der Spieler auf der Bank, der beim Gewinn der Weltmeisterschaft eine entscheidende Rolle hätte spielen können? Von Anfang an: Pekerman ersetzt Saviola in der Startformation durch Tévez. Auch Lucho González spielt von Beginn an. Zwei Spieler, die sich gut in die Mannschaft einfügen – was die beiden angeht, wären Beschwerden unangebracht. In der 71. Minute wird Pekerman zu seinem ersten Wechsel gezwungen, als sich Torhüter Pato Abbondanzieri in einem Scharmützel mit den großgewachsenen Deutschen eine Verletzung zuzieht. Für ihn kommt Leo Franco. Als Nächster muss Riquelme vom Platz – „er war müde“, so Pekerman. Cambiasso ersetzt ihn. Der Trainer will ein Gleichgewicht schaffen, er versucht, hinten alles dicht zu machen und das Ergebnis zu halten. Argentinien führt nach einem Kopfball von Ayala mit 1:0, lässt sich aber immer mehr in die eigene Hälfte drängen und muss sich dort der Angriffe der Deutschen erwehren.
In der 79. Minute erfolgt der letzte Wechsel. Nur wenige Augenblicke bevor Miroslav Klose den Ausgleich köpft, kommt Cruz für Crespo ins Spiel. Um das Spiel wieder in den Griff zu bekommen, wären Tempo, Technik und Kreativität erforderlich gewesen, die Cruz nicht hat und Tévez nicht mehr aufbringen kann, nachdem er über die gesamten 90 Minuten im Einsatz gewesen ist. Im Grunde hätte Argentinien nun Messi gebraucht. Es scheint allgemeiner Konsens zu sein, dass Argentinien die Partie noch vor dem Elfmeterschießen hätte umbiegen können, wenn Messi gekommen wäre. Er hätte eine Änderung der Lage herbeiführen können.
Weshalb brachte Pekerman nicht Messi und entschied sich stattdessen für Cruz? „In dieser Phase des Spiels brauchten wir einen Strafraumstürmer, und das ist Messi nicht“, erklärt Pekerman im Presseraum, nachdem die Tränen getrocknet und die Tumulte zwischen Oliver Bierhoff, Torsten Frings und Julio Ricardo Cruz vorbei sind. Wenig später wird er seinen Rücktritt erklären. „Wir haben Messi zu jeder Zeit als gute Option gesehen. Ich wusste, dass ich auf ihn zählen kann“, sagt der Trainer. Diese Aussage wird durch seinen Kommentar noch bekräftigt, dass „Argentinien Alternativen gehabt haben mag, wir diese aber nicht zum Einsatz bringen konnten“. Hugo Tocalli bestätigt diese Version heute: „Um Deutschlands Luftüberlegenheit etwas entgegenzusetzen, war es wichtig, Cruz zu bringen. Wir lagen 1:0 in Führung, in einem Spiel, das wir gut unter Kontrolle und dominiert hatten, und dann warf Abbondanzieris Verletzung all unsere Pläne über den Haufen.“ Diese Erklärung überzeugte allerdings niemanden, und nach und nach entstanden diverse Theorien, warum Pekerman Messi nicht gebracht haben mag:
1. Ein Fehler. Pekerman habe es ganz einfach falsch gemacht, indem er das Spiel nicht richtig interpretierte, eine übereilte Entscheidung traf und den Wechsel zu einem Zeitpunkt durchführte, als er dies besser nicht getan hätte.
2. Ein Mysterium. Nur der Trainer wird jemals die Wahrheit wissen, und die Angelegenheit wird eines von vielen Geheimnissen in der Geschichte des argentinischen Fußballs bleiben – so wie Rattíns Platzverweis 1966 in England, Maradonas Drogenkonsum in den USA 1994 oder Ariel Ortegas Rote Karte 1998 in Frankreich.
3. Ein schlechter Ratschlag: Pekerman habe sich von den gestandenen Spielern in der Kabine beeinflussen lassen, die verschnupft waren, weil Messi so sehr im Scheinwerferlicht der Medien stand. Das war passiert: Messi sagt, dass er gerne spielen möchte, was wiederum für Irritationen bei den Leitwölfen wie Juan Román Riquelme und Kapitän Fabián Ayala sorgt. Schließlich rufen sie Leo im Rahmen einer Pressekonferenz zur Ordnung. Sie
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