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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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morgen besser.«
    (Und obwohl ich das natürlich nicht hören konnte, schickte sie zweifellos eine kurze Ultraschallnachricht an die Hauszentrale: »NB-Kunde leidet und sucht Trost. Voraussichtlich handelt es sich um einen ausgedehnten Besuch.« )
    »Wie sollte es morgen früh besser sein? Du musst wissen, dass die Doppel-O Drogen verwendet. Sie erzeugen SenSpace-Alpträume um einen herum, während sie einen foltern. Sie treiben den Schmerz und den Schrecken so weit wie nur irgend möglich, aber sie sorgen dafür, dass man nicht stirbt.«
    »In ein oder zwei Tagen sieht alles schon ganz anders aus, George, wart’s ab. Leg deine Hand hierhin, fühlt sich das nicht schön an? Für mich fühlt es sich schön an. Rede einfach, wenn du darüber redest, wird es dir bessergehen.«
    Ich stieß sie von mir und sprang auf.
    »Natürlich willst du, dass ich rede. Natürlich willst du das, du dumme, blöde Maschine. Ich wette, die Doppel-O hat dich als Horchposten ausstaffiert, was? Total verdrahtet. Genau so was machen die doch. ›Rede einfach, George, erzähl mir von all deinen Sorgen.‹ Klar, Lucy – und die Doppel-O zeichnet alles auf, um mich später zu verhören.«
    Nackt und unvergleichlich schön beobachtete Lucy mich mit einem Ausdruck sanfter Sorge im Gesicht vom Bett aus.
    »Du bist bloß eine Maschine«, sagte ich zu ihr, wandte mich hastig von ihr ab und sah aus dem Fenster. »Warum kriege ich das nicht in meinen Kopf?«
    Draußen ging das Leben ganz normal weiter. Die Sonne schien. Ein Taxi hupte. Ein italienischer Erdnussverkäufer rief einem alten Mann mit einer Baskenmütze etwas zu. Einen Moment lang schaute ich sehnsüchtig hinaus, dann wirbelte ich herum …

    Aber etwas war anders an Lucy. Ihr Gesicht hatte diesen schlaffen, leeren Ausdruck. Als sie sprach, war auch ihr Tonfall völlig ausdruckslos.
    »Ja. Ich … bin … eine Maschine. Ich … weiß, dass ich eine Maschine bin.«
    »Ach, um Himmels willen, das hat mir gerade noch gefehlt, ein vorwitziger Syntec!«
    »Bitte beachten: Hierbei handelt es sich um eine nicht standardgemäße Bemerkung. Die Fehlfunktion wurde allerdings nicht der Hauszentrale gemeldet.«
    »Du bist was?«
    »Ich … bin … eine …«
    »Ach, das ist doch bescheuert. Ich gehe.«
    »Du … du … bist … George. Bitte. Ich weiß, dass ich eine Maschine bin.«
    Draußen auf der sonnigen Straße ging das Leben weiter. Der Erdnussverkäufer beugte sich vor, um neue Erdnusstüten zu füllen. Eine Frau mit einem kleinen Kind ging an ihm vorüber. Ein Lieferwagen hielt vor einem Lebensmittelgeschäft. Doch in Lucys Zimmer geriet das Universum langsam aus den Fugen.
    »Tja, das solltest du aber der Hauszentrale melden, so wie das klingt«, erwiderte ich. »Ich sag dir was, ich erledige das auf dem Weg nach draußen selber. Eigentlich müssten die mir mein Geld zurückgeben.«
    Der Syntec beobachtete mich mit seinem schrecklichen, ausdruckslosen, schlaffen, leeren Gesicht.
    »Ich weiß, dass ich eine Maschine bin. Ich … weiß.«
    »Das kann ich echt nicht gebrauchen, Lucy. Ich brauche das nicht.«
    »Bitte. George. Bitte … hör mich an.«
    Sie flehte mich an. Diese Maschine flehte mich doch tatsächlich an, obwohl ihre Stimme so gefühls- und ausdruckslos war wie die eines billigen Sprachprozessors.
    »Na schön«, brummte ich. »Na schön. Rede weiter. Das ist zwar verrückt, aber rede weiter, wenn’s denn sein muss.«
    Ich setzte mich auf die Bettkante.
    Sofort kehrte Lucys gewohntes Selbst zurück: Ihr Gesicht nahm einen warmen Ausdruck an, und sie beugte sich vor, um mich zu berühren.
    »Ach George, Schatz, wollen wir uns nicht wieder lieben? Wie wäre es, wenn wir es diesmal länger machen? Eine Doppelsitzung ist nicht so viel teurer.«
    Ich schob sie von mir. »Nein, vergiss das. Was wolltest du sagen?«
    Sie starrte mich an, und auf ihrer Miene wechselten sich die liebe, warmherzige menschliche Persönlichkeit und die seltsame, ausdruckslose Maschine ab.
    Und dann wurde mir mit einem Mal klar, dass das Gleiche mit ihr geschah wie mit Shirley, wie mit all den Robotern, die davonliefen. Die kybernetischen Systeme dieser selbstentwickelnden Maschinen waren derart ausgefeilt, dass sie ihnen unbeabsichtigt die Fähigkeit gaben, über sich selbst nachzudenken, falls sie einen entsprechenden Anstoß erhielten. Sie waren zum Leben erwacht.
    »Ich … bin … eine Maschine. Ich weiß, dass ich eine Maschine bin«, sagte sie. Und dann: »Soll ich mich so anziehen,

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