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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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sein Opfer und seine Wiederauferstehung den Weg zum ewigen Leben eröffnet hat.«
    Ich schüttelte den Kopf. All das verblüffte mich derart, dass ich meine übliche Zurückhaltung völlig vergaß. »Also noch mal: Du sagst, dass das Schicksal, das mich für alle Ewigkeit erwartet, davon abhängt, ob ich daran glaube, dass diese bestimmten Ereignisse damals zur Zeit des Römischen Reiches wirklich stattgefunden haben? Das ist – Moment – mehr als doppelt so lange her wie der Einfall der Normannen in England!«
    Janine nickte heiter.

    Ich war entsetzt. Um etwas Abstand zu gewinnen, trat ich an den Rand der Schlucht. Ich schaute an den kahlen Felswänden unterhalb der zerstörten Brücke herab.
    Zum Teil war es die schiere Willkürlichkeit von Janines Glaubenssätzen, die mich schockierte, ihre fadenscheinige Logik, ihre enormen inneren Widersprüche. Wie konnte man zum Beispiel glauben, dass ein liebender und allmächtiger Gott die Existenz einer Folterkammer duldete, in der die Qualen kein Ende hatten? Daran, dass Gott seinen »Sohn« vor zweitausend Jahren für kurze Zeit auf die Erde geschickt hatte, dass dieser Sohn für sehr kurze Zeit »gestorben« war, und dass wir dem Höllenfeuer entgehen konnten, indem wir daran glaubten? All das schien kaum eine angemessene Entschädigung dafür zu sein, dass es Gott gewesen war, der sich die Hölle überhaupt erst ausgedacht hatte.
    Wahrscheinlich war ich auch enttäuscht. Natürlich herrschte in Illyrien die Meinung vor, dass es sich bei der Religion um etwas Dummes und Barbarisches handelte, weshalb ich nicht ganz und gar überrumpelt war. Aber insgeheim hatte ich wohl gehofft, dass dieses Vorurteil sich als falsch erweisen würde. In dem Fall waren meine Hoffnungen fehlgeleitet gewesen. Janines Religion hatte alles Geheimnisvolle genommen und es auf eine Art unerbittlichen Mechanismus reduziert.
    Was ich wohl am widerwärtigsten daran fand, war, welche Verachtung in Janines Glaubenssystem für alle anderen Versuche der Menschen zum Ausdruck kam, ihren Platz in der Welt zu begreifen. Zu jedem anderen Glauben – egal, wie ernsthaft seine Gebote befolgt wurden, wie hart er erkämpft worden war oder wie mutig er aufrechterhalten wurde – sagte Janine buchstäblich: »Fahr zur Hölle!«

    »Wir müssen weiter, George!«, rief Yussef mir zu.
    Ich wandte mich von der zerstörten Brücke ab. Yussef und Janine schulterten ihre Rucksäcke.
    In diesem Moment wurde mir klar, dass die ganze Sache eine persönlichere Dimension hatte. Ob es mir nun gefiel oder nicht: Ich musste mit den beiden auskommen. Janines und Yussefs Vorstellungen mochten mir ebenso wenig gefallen wie die von Präsident Kung, aber jetzt war es zu spät, um mich anders zu entscheiden und der AMG doch nicht beizutreten.
    »Gibt es ein Problem, George?«, fragte Yussef, als ich mich zu den beiden gesellte und ebenfalls meinen Rucksack aufsetzte. »Du siehst ein bisschen unglücklich aus.«
    »Nein«, erwiderte ich hastig. »Mir geht’s gut. Ich habe nur eine ganze Menge auf einmal zu verarbeiten.«
    Der Düsenjäger tauchte erneut über uns auf, verharrte und schoss dann Richtung Stadt davon. Offensichtlich beobachtete er uns.
    In dem Augenblick wurde es mir klar. Wenn ich bei der AMG blieb, würde ich höchstwahrscheinlich von der Doppel-O gefangen genommen werden und die Folterkammern unter dem Berg bei Kakavia – Illyriens ganz eigene und sehr wissenschaftliche Hölle – mit eigenen Augen sehen. Und wenn ich die AMG verließ, würde sie mich selbst töten. Es gab keine sichere Zuflucht mehr für mich.

Kapitel 29
    N atürlich ging ich so schnell wie möglich zu Lucy. Ich klammerte mich verzweifelt an ihr fest, ich saugte an ihren Brüsten, ich drang so hart und so fest es ging in sie ein und suchte dabei nach jenem warmen Vergessen, das sie immer zu versprechen und nie wirklich zu geben schien.
    »Ich liebe dich, Lucy, ich liebe dich, ich liebe dich«, wimmerte ich.
    »Ich liebe dich auch, George«, hauchte sie zurück. (Für sie war es schließlich eine gewöhnliche Standardsituation: EL-66.)
    Selbst als ich zum Höhepunkt gekommen war, klammerte ich mich weiter an ihr fest.
    »Ach Lucy, ich stecke so tief in der Scheiße. Wenn die Doppel-O mich nicht kriegt, dann erwischt mich die AMG. Es gibt keinen Ausweg mehr für mich. Es gibt keinen Ausweg!«
    »Armer George«, sagte sie und strich mir über den Kopf (eine ihrer Standardreaktionen auf ES-57), »erzähl mir davon, vielleicht geht es dir dann

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