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Metabolic Balance - Das Stoffwechselprogramm

Titel: Metabolic Balance - Das Stoffwechselprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Med. Wolf Funfack
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diese Folgeerkrankungen erheblich reduziert werden. Daher versuchte man in der medikamentösen Einstellung, dem HbA1c-Wert von Gesunden so nahe wie möglich zu kommen. Doch dieser Therapieansatz wurde kürzlich durch gleich zwei Studien infrage gestellt. Die Auswertung der groß angelegten ACCORD (Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes)-Studie zeigt, dass es durch die radikale Senkung des HbA1c-Wertes in Richtung Nichtdiabetiker (<6) bei den Versuchspersonen zu einem 20-prozentigen Anstieg der Sterberate gekommen ist, was die US-Behörden ver-anlasste,
einen von drei Therapie-Armen der ACCORD-Studie vorzeitig zu beenden. Unterdessen gibt die American Diabetic Association den Rat, keine aggressive Senkung des HbA1c-Wertes zu erzwingen und stattdessen eine sanfte Senkung und Einstellung von 7 Prozent zu erzielen. Auch die NICE-SUGAR-Studie (Normoglycaemia in Intensive Care Evaluation and Survival Using Glucose Algorithm Regulation), durchgeführt in 42 Krankenhäusern in Australien, Neuseeland und Kanada, kam zu ähnlichen Resultaten: 6104 Diabetiker wurden dazu in zwei Gruppen aufgeteilt. 3054 wurden sehr intensiv kontrolliert (Zielwert für Blutzuckerwerte lag zwischen 81 bis 108 mg/ dl). 3050 wurden ganz normal eingestellt (Zielwert niedriger als 180 mg/dl). Zwischen beiden Gruppen ergaben sich nach 90 Tagen signifikante Unterschiede bei schweren Unterzuckerungen von 206 in der ersten und nur 15 in der zweiten Gruppe (6,5 Prozent:0,5 Prozent) und bei den Todesfällen mit 829 zu 751 (27,5 Prozent:24,9 Prozent). Aufgrund dieser Studie und der Ergebnisse der ACCORD-Studie muss die Empfehlung gegeben werden, die Einstellung des Blutzuckerwertes nicht zu streng vorzunehmen!

    Bild 65
    Die Selbstkontrolle des Blutzuckers gehört für Diabetespatienten zum Alltag. Ein Tropfen reicht aus, um den Teststreifen zu benetzen.

Die Insulinresistenz
    Bevor es zur eigentlichen Diabetes-Erkrankung kommt, gibt es sogenannte Vorboten. Der Körper wandelt die Kohlenhydrate vermehrt in Fett um (siehe Seite 125), die Blutfettwerte (Triglyzeride) steigen an. Häufig kommt es zum Metabolischen Syndrom (siehe Seite 210f.) und zu
einer Insulinresistenz, bei der die Zellwände nicht mehr auf Insulin ansprechen und folglich keinen Zucker mehr zur Energiegewinnung in ihr Inneres lassen. Um diese Insulinresistenz verstehen zu können, knüpfen wir an die Ausführungen zur Zelle an (siehe Seite 144) und schauen uns die Zellmembran genauer an.
Die Zellwand im Fokus
    Normalerweise hat das Hormon Insulin die Aufgabe, den Transport der Glukose aus dem Blut in die Zellen zu gewährleisten. Glukose als wasserlösliches Molekül würde aber an der aus einer doppelten Fettschicht bestehenden Zellmembran abprallen wie ein Regentropfen an einem Ölmantel. Hier ist also ein bestimmtes Transportprotein erforderlich, welches der Glukose den Durchtritt durch die Zellmembran ermöglicht und sie zu den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien, bringt. Diese »Glukosetransporter« arbeiten nur, wenn genügend Insulin im Blut vorhanden ist. Bei einer Insulinresistenz funktioniert dieser Ablauf nicht mehr richtig. Es werden zu wenig dieser Transportproteine produziert, die noch dazu nicht aktiviert werden, so dass die Betreffenden die dreibis vierfache Menge Insulin benötigen, um den Zucker doch noch mit Gewalt in die Zellen zu befördern.
Transportproteine für Glukose
    Bleibt die Frage, wie denn das Insulin an der Zellwand erkannt wird, damit der ganze Transportvorgang ablaufen kann. Dazu hat die Natur ganz spezialisierte Rezeptoren geschaffen (siehe Seite 180), die nur mit dem Insulin kommunizieren können. Man kann sich das wie ein Schloss mit seinem passenden Schlüssel vorstellen. In unserem speziellen Fall ist das Insulin der Schlüssel. Und die spezialisierten Rezeptoren sind die Insulinrezeptoren, die nur mit dem Schlüssel Insulin geöffnet werden können, um Glukose einzulassen. Ca. 20 000 solcher Schlösser befinden sich auf den Zelloberflächen von gesunden Personen. Insulin lockt die Glukosetransporter (in der Fachsprache GLUT genannt) aus dem Zellinneren zur Membran, um hier die Glukose aufzunehmen und in die Mitochondrien zu transportieren (siehe nebenstehende Abbildung). Nach jeder Mahlzeit steigt sofort der Insulinspiegel, damit die Schlösser der hungrigen Zellen für die Glukose geöffnet werden. Beim Typ-1-Diabetiker kann die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Insulin produzieren, der Blutzuckerspiegel steigt an, und trotzdem

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