MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
immer.
Lily erhaschte Blicke auf Meerjungfrauen und Meermänner, die die Oberfläche eines steingesäumten Teichs in der Nähe durchbrachen. Gewaltige Wassermassen flossen hierhin und dorthin und durchnässten kreischende und lachende Zuschauer. Geschlechtslose Figuren in Menschengestalt ohne Gesicht stolperten mit ausgestreckten Armen umher und verfolgten kichernde Grokster in einer Art perversen Fangenspiels. Pelzige, kleine, schlangenähnliche Wesen huschten leicht durch schlummernde Grokster, blieben hin und wieder stehen und kämmten jemandem das Haar mit den langen, gegabelten Zungen.
Dieser ganze Wahnsinn fand in einem Raum statt, der so erschreckend riesig war, dass es sich anfühlte, als wären sie draußen im heißen, feuchten Abend einer fremden Welt. Gigantische Videoschirme prangten an jeder Wand. Einige Bildschirme zeigten Schauspieler in Echtzeit auf Bühnen, die über den weiten Boden verstreut waren, während andere den Zuschauer mit allen möglichen Bildern und Videos überfielen – einige wunderschön, einige grotesk, und von vielen weiteren wusste Lily nicht, was sie davon halten sollte.
Eine Frau ging zielstrebig auf Lily zu. Abgesehen von ihrem Gesicht war sie völlig als Leopard verkleidet. Lily drehte sich um, schob sich durch die Menge und versuchte, die anderen einzuholen, aber sie lief in einen Mann hinein. Sie machte eine Bewegung, um an ihm vorbeizukommen, aber er trat rasch zur Seite und versperrte ihr den Weg. Er hob die Hand und berührte ihr Gesicht, aber sie wehrte sie ab. Eine weitere Hand wurde ausgestreckt, die sie zur Seite schlug. Es ertönte das Gelächter derer, die sie dicht gedrängt umstanden, und dann streckten sich weitere Hände und Klauen aus. Schließlich drückte ihr jemand den Schleier gewaltsam auseinander. Ein Mann, dessen Augen wie heißeKohlen glühten, schob sich für einen kurzen Blick heran. Nachdem er sie gesehen hatte, schnappte er nach Luft und trat einen Schritt zurück. »Meine Dame«, sagte er und verneigte sich. Die Leopardenfrau knickste. Andere in der Nähe verneigten sich ebenfalls und murmelten etwas. Lily eilte weiter.
Der Hirsch möge mich beschützen, sie sind wahnsinnig!
, dachte sie.
Achtzig Meter über dem von Menschen wimmelnden Boden kauerte ein kleines Mädchen auf einem Thron aus Hydroranken. Es war Love_Monkey, die für ihren Vater, Dr. Monsa, Wachdienst hatte. Sie genoss es, über der Empfangshalle zu residieren, dem Familiengroksta. Dadurch fand sie ungehindert Gelegenheit, intelligente Wesen dabei zu beobachten, wie sie ihre Dramen und Komödien auf dem Boden unten spielten. Oft, gewöhnlich mindestens einmal am Tag, würde jemand die Halle beehren, welcher der Aufmerksamkeit wert wäre. Heute Abend war es die Frau aus dem Mittleren Osten, die Sweet_Ting folgte wie ein Wasserskifahrer einem Rennboot.
Love_Monkey war nicht an dieser Frau interessiert, weil sie eine Berühmtheit war. Eine Berühmtheit zu sein, selbst eine frisch gekürte, gewann nicht aus sich selbst heraus das Interesse seitens einer Groksta-Aufseherin wie Love_Monkey, die A-Promis inzwischen ziemlich leid war. Nein, es war nicht,
wer
diese Frau war, sondern
was
, das die Tochter von Dr. Monsa, dem geehrtesten Wetgineer auf Erden, so faszinierte.
Love_Monkey öffnete einen Blink zu ihren elf geklonten Schwestern.
OMG, ihr werdet nie erraten, wer gerade durch die großen Türen gekommen ist
. Love_Monkey wartete ihre Vermutungen nicht ab.
Eine Zelterin!
Es folgte ein Chor allgemeinen Geplappers zwischen den Schwestern, die, obwohl stark beansprucht von ihren jeweiligen Aufgaben, sehr interessiert an der Neuigkeit waren.
Love_Monkey zog den Schluss, dass die Zelterin verkleidet war, weil ihr äußeres Erscheinungsbild nicht dem zu erwartenden Genotyp einer blonden, blauäugigen Sexbombe entsprach. Die übrige Gesellschaft wargleichfalls verkleidet, aber solche optischen Schleier nutzten niemandem etwas, der das Haus Monsa betrat. Anders als die meisten Häuser, die Besucher von DNS-Schnüfflern durchsuchen ließen, forderte Haus Monsa eine Blutprobe, eine winzige Menge, schmerzlos genommen, wenn Gäste mit den Händen über den Detektor strichen.
Was würde eine Zelterin denn hier wollen?
, überlegte die Aufseherin. Sie bebte vor Aufregung und freute sich darauf, es herauszufinden.
Kurz nach dem Erscheinen der Zelterin stolzierte ein weiteres interessantes Exemplar durch die Tür.
Eine Sucherin
, dachte die Aufseherin. Sie runzelte die Stirn. Sucherinnen
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