MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
Knurren, das vertraute ferne Klirren von Metall gegenMetall, Anzeichen für einen Zweikampf. Und es gab die gewöhnlicheren Geräusche wie das untergründige Getöse tröpfelnden Wassers aus eintausend Quellen. Dieses Labyrinth, seine Flure und die Kammern, die bis zum Rand erfüllt von Schrecken und Schätzen waren, leckte an allen Ecken und Enden, war feucht und bedurfte dringend einer Reparatur.
Der Geruch verwesenden Fleischs – schwach, jedoch trotzdem unangenehm – durchdrang alles. Der olfaktorische Input von NeverWorld war nicht so ausgeklügelt wie der audiovisuelle, weil für das Spiel nicht so wichtig, aber das Spiel hatte einige wenige Gerüche im Inventar. Leider waren die meisten davon faulig. Verwesung war besonders vorherrschend. Der Verwesungsgestank des Todes, hinterlassen von den Leichnamen nach dem Kampf, der stechende Geruch verschimmelter Nahrung, im Stich gelassen von längst überfallenen Karawanen und der Atem des Ogers (die Seele mochte wissen, wovon er lebte).
D_Light hatte sich kaum an seine Umgebung akklimatisiert, da erregte das Geräusch schwerer Schritte seine Aufmerksamkeit. Sie waren sehr nahe und wurden lauter. Ohne zu zögern, beschwor er einen Unsichtbarkeitszauber herauf. Er winkte mit einer Hand, während er mit der anderen ein Symbol durch die Luft zog, und murmelte dazu einen geheimnisvollen Satz. Nachdem sein Spruch vollendet war, entdeckte D_Light zu seiner Erleichterung, dass er die eigene Hand nicht mehr sehen konnte. Das war gut, denn er beging manchmal Fehler, insbesondere in Eile.
Der Effekt des Zaubers trat keinen Moment zu früh ein, denn nur wenige Sekunden später trampelte ein gewaltiges Untier um die Ecke und kam auf ihn zu. Ein Maltoc, wie diese Kreatur genannt wurde, erinnerte im Großen und Ganzen äußerlich an einen Mann. Er hatte zwei Arme, zwei Beine, einen Rumpf und einen Kopf. Das war insofern nicht überraschend, da Maltocs Menschen gewesen waren, bevor Salem, der Sohn von Pheobah, der Dunklen Königin, sie verdorben hatte. Aber mit der allgemeinen Gestalt und Größe endete die Ähnlichkeit zwischen diesen Scheußlichkeiten und Männern auch schon. Borstiges, schmieriges Haarbedeckte Muskelberge und andere, eher unregelmäßigere und absonderlichere Schwellungen. Aus dem amorphen Gesicht spähten perlenhafte, rosige Augen, die leicht im Fackelschein des Korridors glänzten. Um diese Augen lagen purpurrote Höhlen, die dünne Fäden von Blut über das runzlige Gesicht schickten – ein Gesicht, das einem rohen Hamburger am ähnlichsten war. Das Wesen atmete nicht beim Umherschleichen, denn es hatte weder Nase noch Mund; nur seine Schritte verrieten es, wenn es vorüberkam. Maltocs waren übrigens bloß geringere Teufel, jedoch trotzdem nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen sollte.
Da D_Light in der Vergangenheit zahllose Stunden NeverWorld gespielt hatte, waren ihm seine Spielgepflogenheiten sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. Er musste gegen den Drang ankämpfen, dieser Scheußlichkeit in den Rücken zu schießen, während sie an ihm vorüberkam. »Fieslinge« war der Ausdruck, den Spanker für computergenerierte Feinde im Spiel verwendeten, und sie zu vernichten, war eine Möglichkeit, in NeverWorld Punkte zu erringen und die Macht des Charakters zu vergrößern, den man spielte. Er musste sich den Zweck, zu dem er hier war, ins Gedächtnis zurückrufen – er war nicht wegen der Schätze oder des Kampfesruhms hier, sondern auf der Suche nach Türen oder deren Abwesenheit. Für D_Light war es eine Qual, ähnlich der, als würde man einen Spieler in ein Casino schicken, bloß damit er die Männer mit braunem Haar zählte. Es war eine todlangweilige, stumpfsinnige Aufgabe in einer aufregenden Welt.
Zwei Geister standen in der Nähe, einer links und einer knapp hinter ihm. Sie sahen aus wie Quallen in Menschengestalt, und nur die äußersten Umrisse ihrer Körper waren von hellen, dünnen, durchsichtigen Linien nachgezeichnet, während das Innere der Gestalt nahezu transparent war. D_Light vermutete in den Geistern Lyra und Djoser, aber er konnte sich nicht vergewissern, wer von beiden wer war, weil NeverWorld selten Objekte oder Menschen so abbildete, wie sie in der echten Welt aussahen. Tatsächlich konnte man nicht mal vorhersagen, wie die künstliche Intelligenz des Spiels Objekte und Wesen darstellte, die nichtzum Spiel gehörten. Aus der Perspektive des Spiels war es bloß wichtig zu verdeutlichen, wer ein Spanker war und
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