MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
unseren Jägern zu entkommen. Du bist schon eine Weile lang Dämonin, nicht wahr? Du kannst uns gewiss helfen.«
Lily erwiderte unsicher ihren Blick.
Lyra lachte. »Sieh mal, lass mich damit anfangen, dir zu helfen. Ich habe ein Geschenk.« Lyra fummelte einen Moment in ihrem Reisegepäck herum und zog einen schimmernden Einteiler heraus.
»Der sollte ein Ersatzanzug sein, aber du siehst aus, als hättest du ungefähr meine Größe.« Lyras Stimme verriet eine Spur Enttäuschung bei dieser Bemerkung. »Zieh ihn an! Ich habe bereits ein Muster, das du tragen kannst und das dein Gesicht und Haar verbirgt, und am besten wird sein, dass du großartig darin aussehen wirst!«
Lächelnd akzeptierte Lily anmutig das Kleidungsstück. Rasch entdeckte sie den versteckten Reißverschluss im Rücken, blickte in den Anzug hinein, als würde sie eine Anzahl Skorpione darin erwarten, lächelte dann wiederum und knickste vor Lyra. »Entschuldige mich, währendich mich umziehe«, sagte sie und rannte davon, um sich hinter dichtem Laub zu verstecken.
Djoser beugte sich zu Amanda hinüber und sagte leise: »Sieht so aus, als hätte sie früher schon einen Skinsuit gehabt. Vielleicht ist sie am Ende gar nicht so primitiv.«
Amanda lächelte nicht über den Scherz ihres Herrn, was für D_Light jedoch nicht weiter überraschend war. Er zweifelte, ob das Produkt überhaupt einen Sinn für Humor hatte.
Lyra seufzte, während sie Lily nachsah, wie sie sich zurückzog. Daraufhin zupfte sie an etwas hinten an ihrem Kragen. Mit dieser Bewegung leuchteten Lyras Kopf und Gesicht kurz auf und veränderten sich dann. Ihr langes Haar wurde zu einem kurzen schwarzen Bob, das Gesicht rundlicher, die Augenwinkel wurden schmaler und die Lippen dünner. Sie erschien jetzt wie von japanischer Abstammung. Der Apparat, der ihren Kopf und das Gesicht tarnte, wurde Schleier genannt und bestand aus zahllosen Nanoröhren aus Fiberoptikdrähten, die so dünn waren, dass sie als Einzelne unsichtbar blieben; zusammen schimmerten sie jedoch ganz subtil, wenn sie nicht aktiviert waren. Die Glasröhren waren extrem biegsam, behielten jedoch die Form von Blütenblättern bei, die sich vom Kragen ihres Skinsuits emporschwangen und ihren Kopf wie eine geschlossene Tulpe einhüllten. Mit einem Schleier konnte man die Illusion eines jeden denkbaren Gesichts oder Kopfs erzeugen – oder zumindest das, was ein Illusionist programmieren konnte.
Lyras Kleidung veränderte sich gleichfalls. Sie trug jetzt eine lockere Seidenbluse und Hosen. Die in ihrem Skinsuit eingebetteten Mikrolautsprecher erledigten eine ausgezeichnete Arbeit, wenn sie das Geräusch knisternden Gewebes beim Gehen hervorriefen. Lyra lächelte und zeigte dabei Fänge ähnlich wie Amanda, und dann nahm sie eine traditionelle Kung-Fu-Kampfhaltung ein. »Wer möchte es mit mir aufnehmen?«, fragte sie.
Djoser applaudierte und rief: »Ich glaube, ich hab’ mir gerade in die Hose gemacht.«
Amanda beobachtete Lyra genau und ließ die echten Fänge über die Unterlippe laufen.
Eine hübsche Frau, die scheinbar aus dem Mittleren Osten stammte, kam hinter den Bäumen hervor. Der Schleier, den sie trug, hätte ein traditioneller Muslimschleier sein können, wäre er nicht mit einer scheinbar unendlichen Zahl von Farben gestreift gewesen, die ständig pulsierten und sich veränderten. Der Schleier war halb durchscheinend, sodass die Andeutung eines gut passenden Skinsuits darunter zu erkennen war.
Lyra lächelte sie an. »Du siehst perfekt aus, Lily. PeePee, zeig ihr, wie sie aussieht!« Lyras Frettchen-Vertraute öffnete pflichtschuldig die Kieferknochen und projizierte ein Hologramm Lilys, sodass sie sich selbst sehen konnte.
D_Light hatte vergessen, dass Lily keinen eigenen Vertrauten hatte und daher auch keine Möglichkeit besaß zu sehen, wie sie für andere Menschen aussah. Er nahm es als gegeben, dass er jederzeit sehen konnte, wie er für andere Menschen aussah, indem er sich von Smorgeous aus der Perspektive des Vertrauten betrachten und das Video schicken ließ. Das war tatsächlich dermaßen zur Routine geworden, dass D_Light seinen Vertrauten nicht einmal anweisen musste, es zu tun. Er musste sich lediglich fragen, wie er aussah, und dann sah er sich.
Lily wirkte erfreut über ihr Erscheinungsbild, während sie im Kreis herumhüpfte und sich betrachtete. Die Bewegung verursachte keinerlei Verzerrung ihres Abbilds. Der Schleier war gut darin, Schwerkraft und Bewegung zu kompensieren.
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