MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
Informationen aus D_Light herauszuholen. Sie hatte eine endlose Reihe von Fragen, die sie in rascher Folge abfeuerte, und jede Antwort rief zusätzliche Fragen hervor. Beim Sprechen beobachteten sie die Vögel und Fledermäuse, wie sie auf den Luftströmungen hoch droben kreisten. Die beiden waren so von diesem Gespräch absorbiert, dass sie, als sie den See schließlich erreichten, fast kopfüber hineingefallen wären.
KAPITEL 21
Die Perlenaugen von Fisch #4332, die an den Kopf einer Reißzwecke erinnerten, starrten, ohne zu blinzeln, in das trübe Wasser. Seine Sehfähigkeit war schlecht, aber ein Fisch wie dieser musste nicht gut sehen können. Tatsächlich hatte er überhaupt nur wenige Bedürfnisse. Wie bei den meisten Tieren im Verlauf der Äonen gab es für ihn nur zwei Grundbedürfnisse – Fressen und Vermehrung. Fisch #4332 musste sich um keine Räuber in diesem See sorgen, was ein Glück war, weil er der Traum jeden Räubers gewesen wäre. Er hatte keine Zähne zur Verteidigung – er brauchte sie auch nicht. Die Algen, von denen er sich nährte (Algen #12543), besaßen einen hohen Nährwert, waren leicht zu schlucken und zu verdauen. Der Fisch konnte nicht schnell schwimmen, denn er hatte keinen Schwanz. Seine winzigen Brustflossen flatterten wild herum, wenn er sie einsetzte, und brachten das Tier gerade ausreichend in Bewegung, damit es sich seiner Nahrung langsam nähern konnte, und nicht einmal das, wenn irgendwelche Strömungen herrschten.
Der Wasserbewohner war bloß ein stromlinienförmiger, ovaler Fleischklumpen, der stetig wuchs, während er träge die Algen graste, die sich in braunen und grünen Schlieren über die Oberfläche des Sees zogen. Der Höhepunkt seines Lebens bestand darin, die Eier abzulaichen, die bereits vorbefruchtet waren, da dieses Produkt Gen-gesperrt war und aus sexueller Reproduktion keinen Nutzen ziehen konnte. Es ging das Gerücht, dass einer der Wetgineers, der #4332 entworfen hatte, eine primitive Lustschleife hinzugefügt hatte, sodass die Kreatur auf irgendeiner Ebene diesen Höhepunkt genießen konnte. Es ging gleichfalls das Gerücht, dass die Sache eine schwere Strafe und damit einen ziemlichen Punktverlust für den cleveren Wetgineer zur Folge gehabt hatte; Gehirnsubstanz, Nerven und so etwas kosteten Energie – Energie, die besser zur Erzeugung von Fleisch und Fett genutzt werden konnte.
Ein zusätzlicher Wesenszug war der Kreatur hinzugefügt worden: Sie wurde instinktiv von Licht angezogen. In der Nacht leuchteten Robotfischerboote mit Lampen das Wasser ab und warteten darauf, dass die Fische sich in großen, langsamen Schwärmen dicht unter der Oberfläche sammelten. War eine entsprechende Anzahl erreicht, schöpften die automatischen Netze sie heraus. Fischen war nie leichter oder effizienter gewesen.
Der Fisch trieb reglos im See, schluckte langsam das trübe Wasser, das über seine Kiemen strich, und sah jetzt etwas, obwohl nur schwach. Es war eine Störung an der Oberfläche über ihm. Außer vom Licht wurden solche Fische auch von allem angezogen, was an der Oberfläche an merkwürdigen Dingen geschah. Oft hatte es zu bedeuten, dass Fischflocken, eine willkommene Ergänzung zu ihrer regelmäßigen Algennahrung, aus dem heiteren Himmel herabgerieselt waren und träge im Zickzack herabsanken. Der Fisch, wie viele andere seiner Art, wirbelte seine winzigen Brustflossen umher und trat seine langsame Reise zu dem Spritzen und Klatschen oben an.
Abgesehen von Lily und Brian hatten alle mit dem Schwimmen ihre liebe Not. Dank der winzigen, von Nanofasern gesäumten Lufttaschen, die als Polster zum Schutz gegen brutales gewaltsames Trauma gedacht waren, wies Brians Rüstung Schwimmtanks auf. Lily, das musste man ihr lassen, war schlicht eine ausgezeichnete Schwimmerin. Die anderen paddelten kraftlos durch den Washington-See und klammerten sich dabei verzweifelt an ihre jeweiligen schwimmenden Vertrauten, damit sie nicht untergingen. Amanda, die keinen Vertrauten hatte, wurde vom Gewicht ihrer Schwerter herabgezogen und kämpfte sich keuchend und spuckend voran.
Niemand sprach, abgesehen von Brian, der etwas zu Lily vor sich sagte, aber D_Light konnte durch das eigene Platschen und Keuchen nichts von dem Gespräch verstehen. Er wollte ihnen schon zurufen, sie sollten warten, da merkte er, wie etwas von unten gegen ihn stieß. Er hatte den Verdacht, gegen eine hoch gewachsene Wasserpflanze gestoßen zu sein,spürte dann jedoch einen weiteren sanften Stoß.
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