Meteor
bedeuten. Die bockende Maschine tauchte tiefer zwischen die Wälle. Die Turbulenzen endeten schlagartig. Im Windschutz der Wälle legte der Pilot mit seiner Tomcat eine Bilderbuchlandung auf dem Eis hin.
Die Schubumkehr der Triebwerke brüllte auf. Das Flugzeug wurde rapide langsamer. Ein paar hundert Meter weiter rollte die Maschine an einer breiten roten Linie aus, die mit Sprühfarbe quer über das Eis gezogen war.
Rechts war nur eine mondbeschienene Schneewand zu sehen, links sah es ähnlich aus. Lediglich der Ausblick nach vorne war frei… auf ein endloses Eisfeld. Rachel kam sich nach der Landung wie auf einem toten Planeten vor. Von der roten Linie auf dem Eis abgesehen, fehlte jedes Anzeichen von Leben.
Dann hörte sie ein fernes Motorgeräusch näher kommen.
Der hohe Heulton wurde lauter, und schließlich schwenkte das Gefährt ins Blickfeld. Es war ein großer Schneetraktor auf Raupen, der ihnen langsam durch den Eiskanal entgegengekrochen kam. Das hohe und staksige Fahrzeug sah aus wie ein futuristisches Insekt, das sich gefräßig auf emsigen Beinen näherte. Hoch über dem Fahrwerk schwebte eine kunststoffverglaste Kabine mit einem Scheinwerferrack, das den Weg ausleuchtete.
Wippend kam das Gerät direkt neben der F-14 zum Stehen.
Die Tür der Plexiglaskabine schwang auf, und eine vermummte Gestalt kletterte eine Leiter aufs Eis hinunter. Der Mann steckte von Kopf bis Fuß in einem dicken weißen Overall, der aussah, als hätte man ihn aufgepumpt.
Mad Max und das Michelinmännchen, dachte Rachel. Sie war erleichtert, dass dieser merkwürdige Planet anscheinend doch gewisse Lebensformen hervorgebracht hatte.
Der Mann signalisierte dem Piloten, das Kabinendach zu öffnen.
Der Pilot folgte der Weisung. Ein eiskalter Lufthauch fuhr ins Cockpit. Rachel fror augenblicklich bis ins Mark.
Mach den verdammten Deckel wieder zu!
»Miss Sexton?«, rief die vermummte Gestalt mit amerikanischem Akzent zu ihr herauf. »Im Namen der NASA heiße ich Sie willkommen!«
Rachel zitterte. Allerherzlichsten Dank.
»Bitte lösen Sie die Gurte, legen Sie Ihren Helm ins Cockpit und steigen Sie aus. Benutzen Sie die Fußrasten in der Außenhaut der Maschine. Haben Sie noch Fragen?«
»Ja«, rief Rachel hinunter. »Wo bin ich?«
17
Marjorie Tench, Chefberaterin des Präsidenten, sah aus wie eine Magersüchtige. Sie war eins achtzig groß, mit gelblichem Gesicht, aus dem wie eingestanzte Löcher zwei gefühllose Augen blickten. Sie war einundfünfzig, sah aber zwanzig Jahre älter aus.
Doch Marjorie Tench wurde in Washington als Göttin der politischen Arena verehrt. Ihre Fähigkeit zur politischen Analyse grenzte angeblich ans Seherische. Die zehn Jahre, die sie im Außenministerium als Leiterin des Büros für Nachrichtenbeschaffung und Forschung verbracht hatte, hatten das ihre dazu beigetragen, einen geschliffenen Verstand von tödlicher Schärfe und Kritikfähigkeit hervorzubringen. Unglücklicherweise wurde Marjorie Tenchs politische Brillanz von einem eisigen Charakter begleitet, dem die wenigsten länger als ein paar Minuten gewachsen waren. Marjorie Tench war mit dem Geist eines Supercomputers gesegnet – leider auch mit dessen menschlicher Wärme. Dessen ungeachtet hatte Präsident Zach Herney keine Schwierigkeiten, die Eigenheiten seiner Mitarbeiterin zu ertragen, hatte er sein Amt doch in erster Linie ihrem Intellekt und Arbeitseinsatz zu verdanken.
»Marjorie!«, rief er aus und stand auf, um sie im Oval Office zu begrüßen. »Was führt Sie zu mir?« Er unterließ es, ihr einen Stuhl anzubieten. Die üblichen gesellschaftlichen Umgangsformen waren in Marjories Fall nicht angebracht. Wenn sie einen Stuhl wollte, nahm sie sich einen.
»Wie ich sehe, haben Sie für sechzehn Uhr eine Mitarbeiterversammlung angesetzt«, sagte sie mit ihrer Raucherstimme. »Sehr gut.« Sie ging ein paar Schritte auf und ab. Herney spürte das komplizierte Räderwerk ihres Geistes auf Hochtouren laufen. Er war froh, dass Marjorie Tench als eine der wenigen auserwählten Eingeweihten aus seinem Stab über die Entdeckung der NASA in allen Einzelheiten im Bilde war. Sie hatte dem Präsidenten bei der Planung seiner Strategie wertvolle Hilfe geleistet.
»Dieses Streitgespräch auf CNN heute Mittag um eins…«, sagte sie und hustete. »Wen werden wir gegen Sexton in den Ring schicken?«
Herney lächelte. »Irgendein untergeordneter Sprecher aus dem Wahlkampfteam soll sich gegen Sexton ein paar Sporen verdienen.« Die
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