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Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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wollen wir die Titanic mal heben.«

28
    »Platz da!«, rief Norah und drängte sich durch die anwachsende Menge. Die Windenmannschaft hielt inne. Norah kontrollierte die Spannung der Trossen und den festen Sitz der Verankerungen.
    »Hau-ruck!«, rief einer der Männer. Die Mannschaft legte sich ins Zeug, und die Stahltrossen funkelten weitere fünfzehn Zentimeter aus den Bohrlöchern.
    Wahrend die Trossen sich Stück um Stück höher bewegten, spürte Rachel die Leute erwartungsvoll immer weiter nach vorne drängen. Corky und Tolland standen ganz in der Nähe. Sie sahen aus wie zwei Jungen an Weihnachten. Auf der anderen Seite des Arbeitsbereichs war NASA-Direktor Lawrence Ekstrom eingetroffen und hatte Stellung bezogen, um den Extraktionsvorgang zu überwachen.
    »Das Greifzeug kommt!«, rief einer der Männer an den Winden.
    Den aus den Löchern austretenden silbrigen Stahltrossen folgte gelbes Kettengeschirr. »Noch zwei Meter! Langsam!«
    Die unmittelbar um das Gerüst stehenden Zuschauer verfielen in gespanntes Schweigen, wie die Teilnehmer einer Seance, die auf die Klopfzeichen eines Geistes warten – keiner wollte etwas verpassen.
    Dann sah Rachel ihn kommen.
    Unter den dünner werdenden Eisschichten tauchte der Umriss des Meteoriten auf, anfangs nur ein dunkler, rechteckiger, verschwommener Schatten, der mit jedem Augenblick deutlicher wurde, während er durch das schmelzende Eis langsam nach oben stieg.
    »Mehr Zug!«, rief ein Techniker. Die Männer hebelten an den Winden. Das Gerüst knarrte unter der gewaltigen Last.
    »Noch anderthalb Meter! Gleichmäßig anziehen!«
    Rachel sah, wie sich das Eis über dem Stein wie der Bauch eines schwangeren Tieres aufzuwölben begann. Um die Eintrittsöffnung des Laserstrahls herum gab an der Spitze der Wölbung eine Partie des Oberflächeneises nach, schmolz zusammen und versickerte in der größer werdenden Öffnung.
    »Der Geburtskanal weitet sich«, rief jemand. »Noch neunzig Zentimeter!«
    Nervöses Gelächter erklang.
    »Okay, Laser ausschalten!«
    Ein Schalter knackte, der Strahl verlosch.
    Und dann geschah es.
    Wie eine urtümliche Gottheit brach das Haupt des gewaltigen Steinbrockens dampfend und zischend durch das krachende Eis.
    Von Nebelschwaden umwogt, stieg er höher. Die Männer an den Winden hebelten mit äußerster Anstrengung. Endlich löste sich der ganze Block aus der eisigen Umklammerung und hing heiß und tropfend über dem mit brodelndem Wasser gefüllten offenen Schacht.
    Rachel war wie betäubt. Wie eine riesige verschrumpelte Pflaume hing der tropfende Meteorit an den Stahlseilen. Die raue nasse Oberfläche glitzerte im Scheinwerferlicht. An einem Ende war er glatt und rund – augenscheinlich der Bereich, an dem die Reibungshitze beim Durchgang durch die Atmosphäre einen Teil seiner Materie weggebrannt hatte.

    Beim Anblick der verkohlten Schmelzrinde sah Rachel vor ihrem inneren Auge den Meteoriten Jahrhunderte zuvor in einem wilden Feuerball zur Erde rasen. Jetzt baumelte er wie ein gefangenes Untier in seinen Schlingen vor ihr, während das Wasser von seinem Leib tropfte.
    Die Jagd war vorbei.
    In diesem Moment wurde Rachel vollends von der Dramatik der Geschehnisse gepackt. Das Objekt vor ihr war der Sendbote einer Millionen Kilometer entfernten anderen Welt. Und in diesem Stein gefangen wartete der Beleg – nein, der absolute Beweis – dass die Menschheit im Universum nicht allein war.
    Von der Euphorie des Augenblicks erfasst, brachen alle in lautes Freudengeschrei und Beifall aus. Selbst Ekstrom schien sich dem nicht entziehen zu können. Er beglückwünschte seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und klopfte ihnen begeistert auf die Schulter. Rachel wurde von einem freudigen Mitgefühl für die NASA überkommen, die in der Vergangenheit vom Pech verfolgt gewesen war. Endlich wendete sich das Blatt. Die NASA hatten den Erfolg verdient.
    Das gähnende Loch im Eis sah jetzt wie ein kleines Tauchbecken mitten in der Kuppel aus. Die Oberfläche des sechzig Meter tiefen Schmelzwasserpools schwappte noch eine Weile gegen die eisigen Wandungen des Schachts und beruhigte sich schließlich.
    Die Wasserlinie lag gut einen Meter zwanzig unter dem Niveau der Gletscheroberfläche, hervorgerufen durch den fehlenden Rauminhalt des Meteoriten und das geschrumpfte Volumen des nun zu Wasser geschmolzenen Eises.
    Norah Mangor stellte unverzüglich RUBB-Hüte um das Loch herum auf. Das Loch war zwar leicht zu erkennen, aber falls jemand aus

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