Meteor
zu flackern. Ein verwaschenes Bild des Wappens vom Weißen Haus baute sich auf und zerfloss wieder. Das Gesicht des Präsidenten erschien auf dem Bildschirm.
»Hallo, Rachel«, sagte er. In seinen Augen funkelte es schalkhaft. »Ich darf wohl annehmen, dass Sie einen interessanten Nachmittag hatten.«
29
Senator Sedgewick Sextons Büro befand sich im Philip-A.-Hart-Bürogebäude des Senats an der C-Street nordöstlich vom Kapitol. Das Gebäude war ein neomoderner Gitterbau aus weißen Rechtecken, der nach Ansicht mancher Kritiker eher nach einem Gefängnis als nach einem Bürogebäude aussah. Viele der Menschen, die dort arbeiteten, sahen es genauso.
Im dritten Stock ging Gabrielle Ashe mit langen Schritten nervös vor ihrem Computerterminal auf und ab. Sie hatte eine E-Mail auf dem Bildschirm, aus der sie nicht schlau wurde.
Die ersten beiden Zeilen lauteten:
SEDGEWICK HAT AUF CNN EINEN GUTEN EINDRUCK GEMACHT.
ICH HABE WEITERE INFORMATIONEN FÜR SIE.
Gabrielle hatte in den letzten Wochen wiederholt Botschaften wie diese erhalten. Der Absender bediente sich einer Scheinadresse, die Gabrielle allerdings bis in eine »whitehouse.gov.«-
Domäne zurückverfolgen konnte. Anscheinend war ihr geheimnisvoller Informant ein Insider des Weißen Hauses. Wer immer es war, er hatte sich in letzter Zeit als Quelle wertvoller politischer Informationen erwiesen, einschließlich des Tipps über die geheime Dringlichkeitssitzung des Präsidenten mit dem Chef der NASA.
Anfangs hatte Gabrielle nichts von den E-Mails gehalten, doch bei Überprüfung der Tipps hatte sich zu ihrer Überraschung herausgestellt, dass die Informationen durch die Bank stimmig und hilfreich waren – geheime Informationen über Budgetüberschreitungen der NASA, Planungen kostspieliger Missionen, Daten, die bewiesen, dass die Suche der NASA nach extraterrestrischem Leben unverantwortlich überfinanziert und zugleich erschütternd unergiebig war, wobei selbst behördeninterne Meinungsumfragen warnend darauf hinwiesen, dass dieses Thema den Präsidenten Wählerstimmen kosten würde.
Da der Senator Gabrielles Fähigkeiten außerordentlich schätzte, hatte sie ihn nicht darüber informiert, dass sie per E-Mail inoffizielle Schützenhilfe aus dem Weißen Haus bekam, sondern die Informationen mit dem Bemerk an ihn weitergegeben, sie stammten aus »einer ihrer Quellen«. Sexton war stets hocherfreut gewesen und hatte nicht gefragt, wer diese Quelle sei. Vermutlich nahm er an, dass Gabrielle sich die Informationen mittels sexueller Gefälligkeiten verschaffte, was ihn merkwürdigerweise nicht im Geringsten anzufechten schien.
Gabrielle hielt inne und betrachtete die neu eingetroffene Botschaft. Was dahinter steckte, war klar: Es gab jemanden im Weißen Haus, dem daran lag, dass Senator Sexton diese Wahl gewann und der sein Scherflein dazu beitrug, indem er Sexton Munition für die Angriffe auf die NASA zur Verfügung stellte.
Aber wer? Und warum?
Eine Ratte, die das sinkende Schiff verlassen will, dachte Gabrielle. In Washington war es keineswegs ungewöhnlich, dass ein Angestellter des Weißen Hauses, der einen Machtwechsel kommen sah, dem mutmaßlichen Amtsnachfolger heimliche Gefälligkeiten erwies in der Hoffnung, sich dem neuen Mann für die bisherige oder eine andere gleichwertige Position zu empfehlen. Es sah so aus, als wollte jemand, der mit Sextons Sieg rechnete, sich rechtzeitig gute Karten sichern.
Die Botschaft auf dem Bildschirm machte Gabrielle nervös, denn sie wich von allen bisher empfangenen ab. Die erste Zeile war nicht das Problem, wohl aber die zweite: EINGANG EASTAPPOINTMENT GATE, 16:30.
KOMMEN SIE ALLEIN.
Noch nie hatte der Informant ein persönliches Treffen vorgeschlagen. Außerdem hätte Gabrielle sich für ein Treffen unter vier Augen einen weitaus geeigneteren Ort vorstellen können.
East Appointment Gate? Soweit ihr bekannt war, gab es in Washington nur ein East Appointment Gate, nämlich den Eingang zum Weißen Haus. Ein Treffen vor dem Weißen Haus? Das sollte wohl ein Witz sein!
Wie Gabrielle bereits wusste, war eine Antwort per E-Mail nicht möglich. Ihre Botschaften waren stets als unzustellbar zurückgekommen. Der Absender war anonym, was kaum überraschen konnte.
Wäre es besser, Sexton zu fragen? Sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Er war in einer Besprechung. Außerdem würde sie ihm dann auch über all die anderen E-Mails reinen Wein einschenken müssen. Sie sagte sich, dass der Vorschlag zu einem
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