Meteor
Nordsektor der NASA-Kuppel hatte sich in ein Fernsehstudio verwandelt. Der Rest der Habisphäre wirkte wie eine Scheune bei Nacht. Das einzige Licht war das schwache Streulicht der Scheinwerfer vom Kuppeldach. Lange Schatten griffen in die verlassenen Arbeitsbereiche.
Ekstrom trat zurück ins Halbdunkel. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, wie seine Leute um den angestrahlten Meteoriten herum feierten. Er kam sich vor wie ein Vater, der seine Kinder um den Weihnachtsbaum herumhüpfen sieht.
Bei Gott, das haben sie sich verdient, dachte er, ohne zu ahnen, was für eine Katastrophe ihm bevorstand.
31
Das Wetter schlug um.
Wie ein Unglücksbote warf sich der Gletscherwind mit klagendem Geheul gegen das Zelt der Delta-Force-Mannschaft. Delta-1 hatte die Sturmsicherungen des Zelts dicht gezogen. Er ging wieder hinein zu seinen Kameraden. Sie erlebten diese Wetterlage nicht zum ersten Mal. Es würde nicht lange anhalten.
Delta-2 betrachtete die Liveübertragung, die ihnen der Mikroboter zuspielte. »Schau dir das mal an«, sagte er zu Delta-1.
Delta-1 kam zum Bildschirm. Das Innere der Kuppel lag in vollkommener Dunkelheit, bis auf die hell erleuchtete Zone um den Medienbereich im Nordsektor. Der restliche Raum zeichnete sich nur als schwache Kontur ab. »Das braucht uns nicht zu stören«, sagte er. »Sie testen nur die Beleuchtung für den Fernsehspot heute Abend.«
»Die Beleuchtung stört mich nicht.« Delta-2 deutete auf den schwarzen Klecks mitten im Eis – das wassergefüllte Loch, aus dem der Meteorit herausgezogen worden war. »Das stört mich.«
Delta-1 betrachtete das Loch. Drumherum standen immer noch die Pylonen. Die Wasseroberfläche sah ruhig aus. »Ich kann nichts Ungewöhnliches erkennen.«
»Dann schau mal genau hin.« Mit feinen Bewegungen seines Joysticks ließ Delta-2 den Mikroboter in Spiralen zum Loch hinuntersteigen.
Als Delta-1 den dunklen Schmelzwasserpool aus der Nähe betrachtete, sah er etwas, das ihn erschrocken zurückfahren ließ.
»Was, zum Teufel…«
Delta-3 kam dazu und besah sich das Bild. Auch er riss die Augen auf. »Verflucht, ist das das Bergungsloch? Ist das in Ordnung, was ich da im Wasser sehe?«
»Nein, ist es nicht«, sagte Delta-1. »Ganz und gar nicht.«
32
Rachel Sexton saß zwar in einer großen Blechkiste, die ihrerseits fast fünftausend Kilometer von Washington, D. C, aufgebaut war, aber sie stand nicht weniger unter Druck, als wäre sie direkt ins Weiße Haus bestellt worden. Der Monitor vor ihr lieferte ein gestochen scharfes Bild von Präsident Zach Herney, der im Kommunikationsraum des Weißen Hauses vor dem Staatswappen saß. Die Tonverbindung war von bester Qualität und absolut störungsfrei; von einer kaum wahrnehmbaren Verzögerung abgesehen, hätte Präsident Herney auch von nebenan mit ihr sprechen können.
Das Gespräch war launig und direkt. Der Präsident wirkte zufrieden, wenn auch keineswegs überrascht über Rachels positive Bewertung des Fundes der NASA und der Entscheidung des Präsidenten, Michael Tolland als seinen Sprecher einzusetzen.
Der Präsident war sehr freundlich und zu Scherzen aufgelegt.
»Ich bin sicher, Sie stimmen mir zu, dass in einer perfekten Welt der Nutzen dieser Entdeckung rein wissenschaftlicher Art wäre«, sagte Herney. Sein Tonfall war ernster geworden. »Leider leben wir nicht in einer perfekten Welt. Dieser Triumph der NASA wird in dem Moment, da ich ihn bekannt gebe, zum politischen Zankapfel.«
»Angesichts der überzeugenden Beweisführung und der Persönlichkeiten, die Sie als Kronzeugen gewonnen haben, kann ich mir nicht vorstellen, wie die Öffentlichkeit oder Ihre Gegner daran vorbeikommen werden, diese Entdeckung als erwiesene Tatsache anzuerkennen.«
Herney lachte kurz auf. Es klang fast traurig. »Natürlich werden meine politischen Gegner die Tatsachen nicht abstreiten. Aber sie werden ihnen nicht gefallen.«
Rachel fiel auf, dass der Präsident die Erwähnung ihres Vaters sorgfältig vermied. Er sprach lediglich von »politischen Gegnern«. »Und Sie gehen davon aus, dass die Opposition aus rein politischen Motiven ›Schiebung‹ schreien wird?«
»So läuft dieses Spiel nun mal. Es braucht nur der Hauch eines Verdachts aufzukommen, dass diese Entdeckung ein vom Weißen Haus zusammen mit der NASA ausgehecktes politisches Betrugsmanöver ist, und plötzlich gehen die Untersuchungen los.
In den Zeitungen wird keine Rede mehr davon sein, dass die NASA den Beweis für außerirdisches Leben
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